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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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Garten, eine gewaltige Basilika und riesige, prachtvoll gestaltete Plätze mit lebensgroßen Statuen aus Stein. Allein der Gedanke an solche ungewohnte Örtlichkeiten machte mich schwindeln, vor allem aber die Überlegung, dass Padua noch weit überstrahlt wurde vom Glanz einer anderen Stadt, der Stadt, der einzigartigen, unvergleichlichen Perle Italiens, der Serenissima …
    Der Prior erwachte brummend und stöhnend und verlangte gleich darauf nach einer Rast, da er Hunger habe und seine Mahlzeit nicht unter dem Schütteln der Kutsche zu sich nehmen wolle. Der Notar gab dem Kutscher das Zeichen zum Anhalten, und wir stiegen aus und taten uns an dem von Paulina eingepackten Proviant gütlich. Anschließend schlug sich jeder kurz in die Büsche. Ich hatte ein bisschen Mühe bei den dazu nötigen Verrichtungen, doch schließlich gelang es mir, ohne dass mein Bein allzu sehr dabei wehtat. Zugleich nutzte ich die Gelegenheit, mich ausgiebig um die hölzerne Schiene herum zu kratzen. Dort, wo sie mit Lederbändern um mein Bein geschnallt war, juckte es höllisch, und ich fragte mich, wie ich es aushalten sollte, das Ding noch vier volle Wochen zu tragen.
    Unter Einsatz der Krücken humpelte ich zur Kutsche zurück, im Herzen die Gewissheit, dass ich mit zwei gesunden Beinen die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen und mich auf Nimmerwiedersehen empfohlen hätte.

    Auf dem Weg zur Kutsche drangen Klänge an mein Ohr, die mich innehalten ließen. Lauschend wandte ich den Kopf in die Richtung, aus der die Töne kamen, und nun hörte ich es deutlicher: Es war der Gesang einer Frau! Eine silberhelle, süße Melodie wand sich magischen Bändern gleich zwischen den Bäumen hervor und umschmeichelte mich betörend. Ohne nachzudenken, folgte ich dem zauberhaften Klang, kämpfte mich krückenbewehrt durch stachlige Büsche und hinderliches Unterholz, ohne einen einzigen Gedanken an Bruder Hieronimo und Messèr Barbarigo zu verschwenden, die bei der Kutsche auf mich warteten.
    Gleich darauf erreichte ich eine Waldlichtung – und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Eine Vision tat sich vor meinen Augen auf: Ich hatte die Quellnymphe gefunden! Ungläubig starrte ich die Erscheinung an, die nur ein Trugbild sein konnte, von den Göttern geschaffen, einen törichten Jungen zu narren.
    Ganz in Weiß gekleidet, das lange, dunkle Haar wie flüssige Seide über den grazilen Rücken herabhängend, saß dieses überirdisch schöne Wesen auf einem Felsen an einem dahinmurmelnden Bach, das Gesicht mit geschlossenen Augen den Sonnenstrahlen zugewandt, die ihren Weg durch die Bäume am Saum der Lichtung fanden.
    Mit offenem Mund starrte ich sie an. Oinone! Sie war leibhaftig erschienen, aus den Quellen des Baches emporgestiegen, um mit ihrem Gesang die Götter zu erfreuen!
    Als Nächstes zerriss eine laute Männerstimme den Zauber, und der Gesang verstummte abrupt. Mit angehaltenem Atem sah ich am gegenüberliegenden Rand der Lichtung einen Mann auftauchen und sich dem feengleichen Wesen auf dem Felsen nähern. Er war groß und breitschultrig, und tatsächlich ähnelte sein Gesicht dem des Paris, den ich auf einer Abbildung in einem von Onkel Vittores Büchern gesehen hatte, mit markanter, von Locken umkränzter Stirn, einer edlen, aber nicht zu großen Nase und kühnem Kinn. Gekleidet war derMann jedoch eher wie der Kriegsgott Mars, mit funkelndem Harnisch und an der Seite ein Schwert, dessen Spitze fast auf dem Boden schleifte.
    »Welch holde Maid an diesem Quell sich labet, gar wundersam mir dieser Anblick scheint!«, rief der Krieger erstaunt.
    »Mich sandte Zeus, der große Göttervater, die tapfren Krieger Trojas zu erquicken«, antwortete die holde Maid mit glockenreiner, weit tragender Stimme.
    Ich hatte es gewusst! Alles war wahr! Die ganzen Sagen und Mythen, all die uralten Legenden – sie waren Wirklichkeit und hatten die Zeiten überdauert! Homer war dabei gewesen und hatte es selbst erlebt, es mit eigenen Augen gesehen! Kein Mensch konnte sich solche Dinge ausdenken! Hier waren sie, die unvergänglichen Gestalten aus der griechischen Mythologie, und ich, ein gewöhnlicher Sterblicher, erfuhr die Gnade, sie aus einem Gebüsch heraus zu beobachten!
    »Bei allen Göttern, ach, wie wohl wird mir, seh ich dein Antlitz in der Sonne strahlen«, erklärte der trojanische Krieger der Nymphe. Seine Stimme klang eigentümlich verwaschen, als sei er verwundet. Wer er wohl war? Hector? Ajax?
    »Nun denn, gewähr erquick Leib mir … quick
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