Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
freudig Herz gewähr mir der wohlan …« Er hielt inne; es schien, als hätte er den Faden verloren, und während ich atemlos auf die Fortsetzung wartete, mischte sich die Nymphe ein. »Wohlan, gewähre nun der Liebe mir«, meinte sie ungeduldig. »Erquicke freudig mich an Leib und Herz.«
    »Verdammt«, sagte Hector. »Drauf geschissen.« Mit drohender Miene näherte er sich der Nymphe. »Du hast diesem Mistkerl schöne Augen gemacht! Dafür sollte ich dich erwürgen!«
    Und schon streckte er die Hände aus, um sein Opfer zu packen. Archaische Triebe, von denen ich nicht geahnt hatte, dass ich sie besaß, setzten mein Denkvermögen außer Kraft. Mit äußerster Wucht schleuderte ich eine meiner beiden Krücken auf den Krieger. Wie ein Speer ohne Spitze flog dieKrücke quer über die Lichtung und traf den Angreifer. Ein dumpfer Laut zeigte den Aufprall an, der Krückenspeer erwischte Hector aus reinem Zufall genau dort, wo ein Mann am empfindlichsten ist. Da der Harnisch knapp oberhalb dieser sensiblen Zone endete und Hector kein gepanzertes Suspensorium trug, tat es fraglos richtig weh. Brüllend griff er sich ans Gemächt und brach zusammen. Während er sich auf dem Waldboden wälzte, sprang die Nymphe auf und starrte Hector entgeistert an. »Bernardo?«, rief sie. »Was ist geschehen?«
    »Meine Eier«, stieß Hector alias Bernardo wimmernd hervor.
    So viel zu griechischen Sagengestalten. Die Nymphe, die in Wahrheit natürlich keine war, sondern ein Mädchen in meinem Alter, hob meine Krücke auf und musterte sie argwöhnisch. »Du meine Güte, wo kam dieses Ding denn auf einmal her?«
    Stocksteif stand ich auf einem Bein, hielt die Luft an und stellte mir dabei vor, unsichtbar zu sein – ohne Erfolg.
    »Da lauert jemand im Gebüsch!«, rief die junge Frau. Sie ließ einen schrillen Pfiff ertönen. Ich zuckte zusammen und verlor prompt das Gleichgewicht. In einem Schauer abgerissener Blätter fiel ich aus dem Gebüsch auf die Lichtung. Bevor ich mich aufrappeln konnte, wimmelte es um mich herum nur so von Menschen. Es kam mir vor, als stürzten sie von allen Seiten heran, und entsprechendes Stimmengewirr schallte durch den Wald. Männer und Frauen riefen laut durcheinander.
    »Du lieber Himmel, wieso brüllt Bernardo so?«
    »Caterina, was ist mit ihm los?«
    »Hat ihn ein wildes Tier angefallen?«
    »Was ist das für ein Kerl, der da drüben auf dem Boden liegt?«
    »Das ist der, der den Speer auf Bernardo geschleudert hat.«
    Allgemeine Schreie der Empörung erhoben sich, und ehe ich mich recht versah, drückte sich eine nadelscharfe Schwertspitze gegen meine Gurgel. Ich hörte schlagartig auf zu atmen und lag starr. Über mir dräute ein Mann, der mir auf den ersten Blick den Eindruck vermittelte, dass ich mich doch mitten imDrama einer griechischen Sage befand, denn er sah haargenau so aus, wie ich mir schon immer den Göttervater Zeus vorgestellt hatte: hager, mit gefurchtem Antlitz, doch von kraftvoller Gestalt, der Blick zornfunkelnd, das Haar eine grau gelockte Mähne, die mit dem ebenso grauen Bart zu einem einzigen wüsten Gebilde verwachsen war.
    »So stirb denn rasch, du hinterhält’ger Schurke«, donnerte mich der Mann an. »Der tiefste Hades sei dir Heim und Herd!«
    »Ich wollte sie bloß retten«, quiekte ich, kaum mehr Kraft in der Stimme als eine sieche Maus.
    »Verflixt«, sagte der Alte. »Immer wieder unterläuft mir ein Schurken-Vers, obwohl ich genau weiß, dass sich nur Gurken darauf reimen. Warum nur?«
    Er bohrte die Schwertspitze fester in meine Kehle. »Hast du vielleicht eine Erklärung dafür, Schurke?«
    »Das hier ist kein Speer, sondern eine Krücke«, meldete sich eine sachliche weibliche Stimme irgendwo schräg hinter Zeus. Flach auf dem Rücken liegend und immer noch das Schwert am Adamsapfel, riskierte ich einen vorsichtigen Blick zur Seite in Richtung der Frauenstimme, doch außer diversen mich umringenden Füßen konnte ich nichts sehen.
    »Der Kerl muss ein Krüppel sein«, fuhr die Stimme fort. »Er hat Bernardo mit einer Krücke beworfen.«
    Die Schwertspitze wurde von meiner Kehle genommen, und ich ließ ächzend die angehaltene Luft entweichen.
    »Tatsächlich, hier liegt die zweite«, sagte ein Mann.
    »Sein Bein ist geschient«, stellte die Frau neben ihm fest.
    »Na so was! Wirklich, er ist ein Krüppel!« Der zeusähnliche Alte klopfte mit dem Schwert gegen meine Beinschiene. Zu meinem Erstaunen hörte ich den Klang von Holz auf Holz, und als ich an mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher