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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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Schweinebraten vielleicht. Kann das sein?«
    Der Notar überging das mit lautem Hüsteln. »Die Vormundschaft sowie die Verwaltung von Geld und Gut bis zur Großjährigkeit obliegen dem Orden nur zur Hälfte«, hob er hervor.
    »Was ist mit der anderen Hälfte?«, wollte Pater Anselmo wissen.
    »Die untersteht meiner Weisung und Aufsicht«, bemerkte der Notar. »Was in concreto besagt, dass die Finanzverwaltung gemeinschaftlich vorzunehmen ist.«
    »Gewiss«, sagte der Prior zerstreut. »Hm, vielleicht rieche ich auch Huhn. Riecht jemand von den Herren ebenfalls Huhn?«
    »Und falls dem Jungen etwas zustößt, bevor er großjährig wird?«, warf Pater Anselmo ein. »Wem fällt dann das Vermögen zu?«
    »Warum sollte dem Jungen etwas zustoßen?«, erkundigte sich der Prior freundlich.
    Ja, warum? Und welches Vermögen war gemeint?
    Abermals verlor ich das Gleichgewicht, und diesmal verursachte ich dabei ein Geräusch, das draußen hörbar war, denn der Prior fuhr herum und äugte zum Fenster hoch. »Da war etwas! Ich habe etwas gehört!«
    In diesem Moment ertönte im Haus das Knarren einer Tür und dann das Schlurfen von Schritten im Erdgeschoss. Gleich darauf tat sich unten die Pforte auf, und ich hörte Paulinas verschlafene Stimme. »Pater? Du lieber Himmel! Was wollt Ihr denn hier? Und wer … Ojemine! Der Besuch!« Sie brach in Wehklagen aus, was dazu führte, dass Ernesto und der Ackerknecht mit Äxten bewaffnet aus ihrem Quartier neben dem Stall gestürzt kamen.
    »Wir sind in ehrbarer Absicht hier!«, rief der Notar aus, die Hände erhoben.
    Davon war ich keineswegs überzeugt. Obwohl ich nicht viele Menschen kannte – im Dorf lebten kaum mehr als zehn Dutzend Seelen –, so galt sogar unter diesen wenigen als gesichert, dass man Advokaten nicht trauen könne. Mir schwante, dass Änderungen bevorstanden, die mir nicht behagten.

    »Der Junge ist viel größer, als ich ihn in Erinnerung habe«, sagte der Prior, als ich am nächsten Morgen auf Krücken die Treppe hinabgehumpelt kam.
    »Nun, Ihr sagtet selbst, dass Euer letzter Besuch hier über zwei Jahre zurückliegt«, versetzte Pater Anselmo. »Geradezwischen dem sechzehnten und dem achtzehnten Lebensjahr pflegen Knaben allgemein stark in die Höhe zu schießen.«
    »Nun ja, aber sogar unter diesen Umständen erscheint er mir ungewöhnlich hochgewachsen.« Der Prior lachte. »Ein Bursche, der hoch hinauswill, wie?«
    Mir kam bei dieser Erklärung ein unwillkommenes Bild von mir selbst oben auf dem Deckenbalken in den Sinn, das ich nach Kräften verdrängte, während ich mich fragte, was dieser Tag mir wohl noch bringen mochte.
    Der Prior, der Notar und Pater Anselmo saßen zu dritt am Küchentisch und sprachen dem Morgenmahl zu, das Paulina ihnen vorgesetzt hatte. Sie selbst stand am Herd und werkelte mit ihren Küchenutensilien herum.
    »Es scheint, als müsse er sich auch bereits den Bart schaben«, sagte der Prior mit einem prüfenden Blick auf mein Gesicht.
    Ich merkte, wie ich errötete, während ich mit der Hand über den frischen Schnitt an meinem Kinn fuhr. Allzu regelmäßig rasierte ich mich noch nicht, weil ich es lästig und schmerzhaft fand, vor allem, wenn hier und da Pickel im Weg waren.
    »Mit achtzehn ist ein junger Mann alt genug, um ausgewachsen zu sein und sich den Bart zu schaben«, sagte Pater Anselmo streitlustig. »Jedenfalls ist es hier bei uns auf dem Lande so. Vielleicht sind ja in Eurem Kloster alle Jünglinge kleinwüchsig und laufen von allein bartlos herum.«
    »Nicht doch«, sagte der Prior gut gelaunt. »Auch wir haben so manchen großen Novizen in unseren Reihen. Und vom Bartschaben halte ich selbst viel.« Wie zum Beweis tätschelte er seine feisten Wangen. »Eine gründliche Rasur unterscheidet so manchen kultivierten Mann vom Tier.«
    Der Notar warf ihm einen argwöhnischen Blick zu und kratzte kurz seinen Backenbart, bevor er sich hüstelnd wieder über sein Rührei beugte.
    Schweigend setzte ich mich zu den Männern an den Tisch, unfähig, meine Sorgen zu verdrängen.
    Gleich nach ihrer Ankunft am Vorabend waren der Notar und der Prior in meiner Kammer aufmarschiert, und während ich mich im Bett aufsetzte und so tat, als riebe ich mir den Schlaf aus den Augen, wurde mir das, was ich zuvor schon erlauscht hatte, nochmals in blumigen Worten unterbreitet. Beredt setzten sie mir auseinander, wie gut es mir im Kloster gehen würde, einer einzigartig und kulturell hochstehenden Zucht- und Bildungsstätte im Dienste des
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