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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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bis er den Irrtum richtigstellte.
    »Ich bin es – Flavio«, sagte er. »Zurückgekehrt von den Toten. Und tot war ich, das kannst du mir glauben. Denn ohne dich zu sein bedeutet, nicht zu leben.«
    Diese Worte hatte er bei den Proben nie geäußert, vielmehr hatte er einen zwar ansprechenden, aber eher schwülstig klingenden Text einstudiert.
    Die unvorhergesehene Änderung entging Caterina nicht; der Schock, den sie eigentlich spielen sollte, geriet zu einem sehr echten Erstaunen.
    »Du warst …« Sie fing sich. »Was willst du damit sagen, sprich?«
    »Dass du mir verdammt gefehlt hast«, erklärte er schlicht. Sie legte die Hand auf ihr Herz und schloss mit elegischer Miene die Augen. »O Flavio, so lass dir sagen, dass auch mein Leben ohne dich öde und leer war!« Dann ließ sie die Hand fallen, öffnete die Augen und sagte laut und wütend: »Es gab nie einen anderen. Nie. Das schwöre ich, so wahr ich hier stehe. Es gab immer nur dich, früher, jetzt und immer.«
    »Weib, du sollst verdammt sein, aber ich kann nicht ohne dich, und deshalb muss ich dir glauben!«
    Ein Stöhnen erhob sich im Publikum, als Bernardo vortrat und Caterina in die Arme riss. Er küsste sie wie ein Verhungernder, und als er anfing, ihr unter den Röcken herumzufummeln, musste Cipriano auf die Bühne springen und sich mit der Laute davorstellen. Die Zuschauer buhten ihn dafür aus, aber Bernardo hatte bereits seine Beherrschung zurückgewonnen.
    Jeder Zoll ein strahlender Held, baute er sich ganz vorn auf der Bühne auf, Caterina mit einem Arm an sich drückend, den anderen in Siegerpose erhoben. Er badete förmlich im Beifall der Menge. Hand in Hand mit Caterina ging er danach ab, die Brust gebläht und die Schultern durchgebogen, als gehöre ihm die ganze Welt.
    Mein Herz fing an zu rasen, denn soeben betrat Elena im Kostüm der Aurelia die Bühne, während Cipriano sein Lied beendete und abging.
    Nun folgte die letzte Szene – und zugleich mein erster eigener Auftritt! Das Kostüm kniff ein wenig unter den Achseln und über der Brust, das viele Kistenschleppen hatte meinen Oberkörper tatsächlich breiter werden lassen. Dafür passten die Schuhe, und auch der Hut ließ sich gut tragen. Ich hatte ihn tief in die Stirn gezogen und hielt das Gesicht von den Zuschauern abgewandt, damit sie die verräterisch große Nase nicht sehen konnten. Von hinten mochte ich als Leandro durchgehen, aber gewiss nicht von der Seite oder von vorn. Ganz zu schweigen davon, dass es schwer genug war, überhaupt vor Publikum zu sprechen. Hätte ich es dabei noch anblicken müssen, wäre gewiss kein Ton über meine Lippen gekommen.
    »Leandro!«, rief Elena, und ihre Fassungslosigkeit war überzeugend, da völlig echt. Sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen. »Dich habe ich hier nicht erwartet! Wolltest du nicht in ein fernes Land reisen, über die Meere, ans andere Ende der Welt, wo deine Feinde dich nicht finden?«
    »Ich habe alle Feinde besiegt.« Meine Stimme war das reinste Krächzen, doch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. »Nun bleibt mir nur noch eines zu tun.«
    Elena blickte mich verblüfft an. »Was denn?«
    »Das Wichtigste überhaupt. Dir endlich zu sagen, was mir auf dem Herzen brennt.«
    Ich räusperte mich und holte tief Luft, und dann trug ich das Sonett vor.
    »So wie ein unbeholfner Bühnenheld
    Vor lauter Angst den Rollentext vergisst,
    Den Puls wild rasend, angespannt sich quält,
    Von überschüss’gem Drang gebeutelt ist,
    So kann vor lauter Scheu ich kaum noch sprechen,
    Perfektes Liebesbalzen wird es nicht.
    Die Kraft der Liebe scheint mich nur zu schwächen,
    Bis unter ihrer Last mein Selbst zerbricht.
    So lass mein Stück stattdessen alles sagen,
    Bezeugen stumm des Herzens Rede, dann
    Um Liebe flehn und deren Lohn erfragen,
    Viel besser, als mein Mund es sagen kann.
    Der Liebe stumme Schrift lern zu verstehen!
    Mit Augen hören heißt, die Liebe sehen.« 39
    Ich räusperte mich erneut und fasste alles in zwei Sätzen zusammen. »Ich liebe dich. Willst du mich jetzt heiraten?«
    Ihr Lächeln war Bestätigung und Aufforderung zugleich. Sie wehrte sich nicht, als ich sie in die Arme nahm, und als ich sie küsste, kam sie mir stürmisch entgegen.
    Damit war das Stück vollendet.
    Totenstille herrschte im Saal, ich hörte nur Elenas und meinen Atem, und das Schlagen meines Herzens, im selben Takt wie ihres.
    Dann brach der Applaus über uns herein, und gleichzeitig sprangen die übrigen Incomparabili auf die Bühne,
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