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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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wäre er soeben erst von einer längeren Fahrt zurückgekehrt.
    »Ich habe von alledem nichts gewusst!«, rief der Prior, ebenfalls näher tretend. In der stickigen Hitze des Andron dünstete er einen strengen Körpergeruch aus, gegen den sogar der stetig hervorquellende Qualm aus dem Athanor ein mildes Düftchen war. Sein Gesicht über der viel zu warmen Kutte war fast so rot wie das von Giovanni.
    »Ich auch nicht«, beteuerte der Notar eilig. Er unterstrich es mit einem Hüsteln. »Hätte ich von dieser grässlichen Intrige auch nur das Geringste geahnt, hätte ich niemals …«
    »Vielleicht sollte man Marco zuerst alles erklären«, schlug Rodolfo vor.
    Darauf redeten der Prior und der Notar wild durcheinander, bis Rodolfo brüllte: »Schluss!« Er wandte sich an Celsi. »Besser, Ihr übernehmt das.«
    Celsi nickte und sah mich ernst an. »Beginnen wir am Anfang deines Lebens. Du kamst im März des Jahres 1576 in Venedig zur Welt, in diesem Haus hier, genau wie dein Bruder Giovanni. Euer Vater starb wenige Tage vorher an der Pest. Eure Mutter war allein im Haus, als sie mit euch niederkam. Alle Dienstboten waren wegen der Seuche fortgelaufen. Während eure Mutter in den Wehen lag, verschaffte sich eine Frau Zutritt. Sie wartete bei der Kreißenden, bis das Kind auf der Welt war – und stahl es ihr dann.«
    »Und nicht nur das«, entfuhr es mir. »Sie hat sie umgebracht!«
    Celsi nickte kummervoll. »Ja, das tat sie, man kann es nicht beschönigen. Ihr Geist war umnachtet, aber das entschuldigt ihre Tat gewiss nicht. Sie erdolchte deine Mutter und floh mit dir in ihren Armen, während deine sterbende Mutter noch einen zweiten Sohn gebar.«
    »Mich«, warf Giovanni leise ein. »Onkel Alessandro fand mich Stunden später und nahm mich zu sich. Er wusste nicht, dass es einen Zwillingsbruder gab. Von dem gewaltsamen Ende meiner Mutter sprach er nie, bestimmt dachte er, Plünderer hätten es getan, und es gab keinen Grund, mich damit zu belasten.«
    Dann war also ich das gestohlene Kind! Aber wie war ich zu Onkel Vittore gekommen?
    Bevor ich mit der Frage herausplatzen konnte, sprach Celsi weiter.
    »Die Mörderin – sie war meine Schwester.«
    Die Worte hingen zwischen uns wie zäh herabtropfendes Pech, dunkel und giftig.
    Mit schleppender Stimme fuhr er fort: »Sie schickte nach mir, weil sie verzweifelt war. Mein Schwager drohte, sie zu töten, da sie ihm ein Kind unterschieben wollte. Er hatte den Betrug entdeckt, obwohl sie ihn von langer Hand vorbereitet hatte. Ich kam dazu, als der Streit zu eskalieren drohte. Er ging mit dem Degen auf sie los, ich warf mich dazwischen – nun, sie war meine Schwester, und ich kannte nicht alle Umstände, sah nur, dass er sie umbringen wollte. Ich war schneller als er.« Celsi blickte grimmig drein. »Er war ein mächtiger Mann, also warf man mich wegen Mordes ins Gefängnis. Es dauerte Monate, bis man mir aufgrund der Zeugenaussagen einiger Dienstboten Notwehr zubilligte. Vorher aber beichtete meine Schwester mir die ganze Wahrheit. Sie hatte erfahren, dass es ein zweites Kind gab, und nachdem die Dienstboten ja bereits den Streit zwischen ihr und ihrem Mann angehört hatten, musste sie fürchten, dass ihr Betrug herauskam – und ihre Bluttat ebenso. Sieflehte mich an, ihr zu helfen.« Celsi seufzte. »Trotz allem, was sie getan hatte, liebte ich sie, aber hinter Gittern konnte ich nicht viel ausrichten, zumal ich dort an der Pest erkrankte.«
    »Ihr wart jener Kaufmann, den Baldassarre damals im Gefängnis kennenlernte!«
    »Ja, wir saßen zusammen in der Zelle. Ich war schwerkrank, wie die meisten in diesem elenden Loch. Er blieb jedoch verschont, weil er die Seuche schon als Knabe hatte. Wir kamen am Vortag seiner Entlassung ins Geschäft.« Celsi lächelte flüchtig. »Die falsche Bibel bekommst du noch zurück. Ich hatte nicht vor, sie zu behalten. Ich wollte nur ein wenig zur Erinnerung darin lesen.«
    »Wie stand Onkel Vittore zu Euch?«, wollte ich wissen.
    »Er war mein bester Freund. Wir gingen füreinander durchs Feuer. Er sollte meine Schwester und dich bei Nacht und Nebel fortbringen, irgendwohin, wo niemand ihr auf die Schliche kommen konnte. Er besaß dieses alte Landgut im Veneto, das eignete sich gut als Unterschlupf. Um in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen, traten sie auf meine Veranlassung hin die Reise im Schutz der Schauspieltruppe an, die seinerzeit ebenfalls überstürzt die Stadt verlassen musste.«
    »Also bist du damals schon mit den
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