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Eine Zuflucht aus Rosen

Eine Zuflucht aus Rosen

Titel: Eine Zuflucht aus Rosen
Autoren: Colleen Gleason
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Prolog
     
    Burg Tricourten
    England, 1132
     
    „Komm, Maddie“, sprach Lady Anne von Tricourten mit drängender Stimme. „Wir haben nur so lange Zeit, wie Seton als Wache am Tor eingeteilt ist.“ Als Lady Anne zum Fenster ihrer Kemenate hinausblickte, das eigentlich nur eine schmale Schießscharte war, zitterte ihre Stimme leicht. Eine Stimme, die sonst stets ruhig und gelassen war – außer sie musste ihrem Gemahl Fantin entgegen treten.
    Obwohl sie lediglich zehn Sommer zählte, sah Madelyne die Furcht und die Verzweiflung in den Augen ihrer Mutter und schluckte ihre eigene panische Angst herunter. Wenn ihr Vater sie beide fand, sie erwischte, wie sie flohen ... nein. Sie würde derlei Gedanken nicht zulassen. Nicht jetzt. Sie zog sich den schweren Umhang fester um die Schultern und Madelyne hob die etwas zu langen Zipfel hoch und zog sich auch die Kapuze über, um ihr Haar zu bedecken.
    Anne öffnete die Tür ihrer Kemenate und nachdem sie die kleinere Hand ihrer Tochter mit der eigenen, kalten Hand ergriffen hatte, ging sie in dem dunklen Gang draußen voran. Die beiden Schleppen ihrer Umhänge aus grober Wolle glitten leise über den kalten Steinboden und die raue Wolle kratzte Madelyne an Hals und Handgelenken. Nur eine Fackel erhellte vor ihnen das Ende des Ganges, der an der Treppe runter zur großen Halle endete, von wo die Geräusche lauter Trunkenheit lärmend bis in die Dachbalken dröhnten.
    Ein großer Klumpen formte sich Madelyne im Hals, als sie oben auf dem Treppenabsatz zum Stehen kamen. Einen Schritt weiter und sie wären für jedermann sichtbar, der sich die Mühe machte, die zwei in dunkles Tuch gehüllten Gestalten zu beobachten, wie sie ganz vorsichtig die Steinstufen hinab und dann durch den hinteren Teil der Halle schlichen. Die Hand ihrer Mutter schloss sich noch fester um die ihre, zögerte ... und dann machte sie einen Schritt vorwärts und hinunter.
    Ihr Hinunterkommen ging schnell vonstatten, die ganze Zeit kauerten sie sich immer an die Steinmauer, versuchten dort in den Schatten zu verschwinden. Als sie dann unten auf der Höhe der Halle angekommen waren, ließ Anne Madelynes Hand los. Rasch sprang sie quer durch den von einer Fackel hell erleuchteten Fleck vor ihnen hindurch und hielt in einer dunklen Ecke gegenüber wieder an. Sie drehte sich zu ihrer Tochter um und machte ihr Zeichen: Komm, schnell.
    Madelyne schluckte schwer, als sie zur Großen Halle rüber blickte, wo noch weitere, flackernde Fackeln und das muntere Feuer am anderen Ende den Raum hell genug erleuchteten, so dass sie den Schweiß sehen konnte, der dort den Zechenden über die Gesichter lief.
    Ihr Vater, Fantin de Belgrume, Herr von Tricourten, saß am Tisch des Hausherren, dem Ehrentisch, und hielt einen Kelch in der erhobenen Hand. Sein blassblondes Haar leuchtete wie der Weizen, der sich unter der Sonne im Wind wiegt, und sein kaltes Lachen schnitt durch all die anderen Geräusche hindurch, um sich dann eiskalt über Madelyne zu legen. Sie wich zurück, in die Schatten hinein, als er zum hinteren Ende der Halle blickte, und Furcht stieg ihr in die Kehle. Einen Moment lang stand die Zeit still und es schien, als könnte sie trotz all dem Lärm und dem Stimmengewirr in der Halle noch ihr Herz hämmern hören.
    Erleichterung schwappte wie eine Welle über sie hinweg, als er seinen Blick ohne anzuhalten weitergleiten ließ und Madelyne wurde sich plötzlich bewusst, dass ihre Mutter sich selbst dann noch weiter in Richtung Tür wegbewegt hatte, während sie ihr Zeichen machte zu folgen. Hin zu der Tür, die in die Freiheit hinausführte. Madelyne holte einmal tief Luft und eilte durch den Flecken von Licht und verschmolz dankbar mit dem Dämmerlicht jenseits der Fackel.
    Einer der Lieblingshunde ihres Vaters hob den Kopf, als sie vorüberging; hob auch eine Lefze an, um einen scharfen Zahn sehen zu lassen. Madelyne schlich sich um ihn herum und wünschte, sie hätte einen Knochen dabei oder irgendetwas anderes, um es diesem Teufel zum Fraß vorzuwerfen, und versuchte das leise Knurren zu ignorieren, das in der Kehle des Tieres hochstieg. Wenn der Hund anfing zu bellen...
    Sie zwang sich weiterzugehen und endlich langte sie an dem kleinen Alkoven an, genau neben der Tür zum Burggraben. Anne wartete dort in den Schatten auf sie und nach einer raschen, heftigen Umarmung zog sie ihre Tochter weiter in Richtung der schweren Eichentür. Sie stand leicht angelehnt, um Soldaten, Hunden sowie Rauch und Luft den
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