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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger
Autoren: Jeffery Deaver
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Nassau County ausgedacht, sie durchgespielt und für halbwegs glaubwürdig befunden hatten.
    »Bei einem Fünf-Gang-Getriebe ist der höchste Gang zum Spritsparen da. Aber ich pfeife aufs Spritsparen.« Dann nahm sie seine linke Hand, legte sie auf den runden schwarzen Knauf, umschloß sie mit ihrer rechten und schaltete herunter.
    Der Motor heulte auf, und sie jagten mit knapp zweihundert Stundenkilometern durch die Landschaft, vorbei an Bäumen und Häusern und weidenden Pferden, die unruhig die Köpfe hoben.
    »Ist das nicht das allergrößte, Rhyme?« schrie sie. »Mann, das ist besser als Sex. Besser als alles andere.«
    »Ich fühle, wie der Wagen vibriert«, sagte er. »Ich glaube es jedenfalls. Mit meinen Fingern.«
    Sie lächelte, und er meinte zu spüren, daß sie seine Hand drückte. Schließlich kamen sie wieder in eine dichter besiedelte Gegend, und Sachs mußte wohl oder übel vom Gas gehen. Schließlich wendete sie und fuhr genau auf die verhangene Mondsichel zu, die über der in weiter Ferne liegenden Stadt stand.
    »Mal sehen, ob wir zwohundertfünfzig schaffen!« rief sie. Lincoln Rhyme schloß die Augen und genoß das Tempo, den Fahrtwind und den Duft des frisch gemähten Grases.
    Es war die heißeste Nacht des Monats.
    Lincoln Rhyme lag auf seinem Bett und blickte über den Park hinaus, sah die Penner, die auf den Bänken lagen, die ausgepumpten Jogger, die Familien, die im Rauch der verglimmenden Grillfeuer lagerten. Ein paar professionelle Hundeausführer, die nicht warten konnten, bis die ärgste Hitze abgeklungen war, drehten ihre üblichen Runden, Sammeltüten in der Hand.
    Thom hatte eine CD aufgelegt - Samuel Barbers elegisches Adagio für Streicher. Doch Rhyme hatte abfällig gelacht, erklärt, das sei ihm zu kitschig und klischeehaft, und ihm befohlen, er solle lieber Gershwin spielen.
    Amelia Sachs stieg die Treppe herauf und kam in sein Schlafzimmer, sah ihn aus dem Fenster blicken. »Was gibt's da draußen?« fragte sie.
    »Menschen, die unter der Hitze leiden.«
    »Und die Vögel? Die Falken?«
    »Ah ja, die sind da.«
    »Ist es denen auch zu heiß?«
    »Ich glaube nicht. Die vertragen die Hitze ganz gut.«
    Sie stellte die Einkaufstüte am Fußende des Bettes ab und holte eine Flasche heraus - ein teurer Brandy. Er hatte auf seinen Scotch verwiesen, doch Sachs hatte gesagt, sie wolle den Schnaps beisteuern. Sie stellte ihn zu den Tabletten und der Plastiktüte. Wirkte wie eine abgehetzte berufstätige Ehefrau, die soeben mit allerlei Gemüse und Meeresfrüchten beladen aus dem Feinkostladen nach Hause kam und kaum noch Zeit hatte, ein Abendessen zuzubereiten.
    Außerdem hatte sie auf Rhymes Wunsch hin auch Eis mitgebracht. Ihm war eingefallen, was Berger bezüglich der Hitze unter dem Plastikbeutel gesagt hatte. Sie schraubte den Courvoisier auf, goß sich ein Glas ein, füllte seinen Cognacschwenker und führte ihm den Strohhalm zum Mund.
    »Wo ist Thom?« fragte sie.
    »Ausgegangen.«
    »Weiß er Bescheid?«
    »Ja.«
    Sie tranken einen Schluck.
    »Soll ich deiner Frau noch irgend etwas ausrichten?«
    Rhyme überlegte eine ganze Weile, dachte dabei: Da hatte man jahrelang Zeit, miteinander zu reden, sich zu zanken und zu streiten, seine Wünsche zu äußern, seinen Unmut und sein Bedauern - doch wie herzlich wenig man diese Gelegenheiten doch nutzte. Amelia Sachs kannte er noch nicht einmal drei volle Tage, doch sie gingen offener miteinander um, als er und Blaine es je gekonnt hatten.
    »Nein«, sagte er. »Ich habe ihr eine E-Mail geschickt.« Er kicherte. »Das ist die zeitgemäße Form, würde ich meinen.«
    Er trank noch einen Schluck. Genoß jetzt den Geschmack, nachdem das anfängliche Gaumenbrennen nachgelassen hatte.
    »Ich habe etwas Vermögen«, setzte Rhyme an. »Ein großer Teil davon geht an Blaine und an Thom. Ich -«
    Doch sie schüttelte den Kopf und brachte ihn mit einem Kuß auf die Stirn zum Schweigen.
    Es klang wie das leise Klackern von Kieselsteinen, als sie die Tabletten in ihre Hand schüttete.
    Rhyme mußte unwillkürlich an den Labornachweis denken. Der Dillie-Koppanyi-Test. Man gebe ein Prozent Kobaltazetat in Methanol auf das zu untersuchende Material, füge fünf Prozent Isopropylamin in Methanol hinzu. Wenn die betreffende Substanz ein Barbiturat ist, verfärbt sich die Probe blauviolett.
    »Was machen wir nun damit?« fragte sie und blickte auf die Tabletten. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Wir lösen sie im Schnaps auf«, schlug er vor.
    Sie warf
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