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Der kleine Koenig von Bombay

Der kleine Koenig von Bombay

Titel: Der kleine Koenig von Bombay
Autoren: Chandrahas Choudhury
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dich ohne deinen Schnauzbart erkennt. Ich wollte dir aber noch etwas sagen, Phirozbhai.«
    »Was denn?«
    »Sei nicht traurig, dass deine Tochter weggeht. Das Leben ist zu kurz, um traurig zu sein. Alles wird gut, du wirst sehen.«
    »Das Leben ist zu kurz?«, wiederholte Phirozbhai. »Das Leben ist zu lang.«
    »Sag nicht so was, Phirozbhai. Heute solltest du lachen und tanzen!«
    »Wenn du gehen musst, verschwinde nicht einfach so«, sagte Phiroz. »Iss etwas, bevor du gehst.«
    »Na klar, Phirozbhai. Wie könnte jemand wie ich gehen, ohne etwas gegessen zu haben?«
    Arzee sah zu, wie der alte Filmvorführer davonschlenderte,und dachte sich, dass Phiroz in seinem grauen Anzug aussah wie eine Taube.
    Jetzt waren es nur noch vierzig Minuten, bis sein Zug den Bahnhof verließ, und Shireen und ihr Mann waren immer noch nicht da. Arzee nahm ein paar Fleischspießchen von einem Tablett, das gerade vorbeigetragen wurde, kletterte auf das Podest und versuchte, über die Köpfe der Gäste hinwegzublicken. Kamen Shireen und ihr Mann vielleicht gerade? Wenn nicht, würde er jetzt aufbrechen.
    Die Kapelle stimmte ein bekanntes Lied aus den Siebzigern an, und es war Arzee, als würde nicht Shireen, sondern Monique jeden Moment am Eingang erscheinen, im weißen Kleid mit Schleier. Und dann würden sich alle Gäste klatschend und jubelnd um das Podest scharen, und die Frischvermählten würden für Fotos posieren. Arzee sah, dass Mutter einen arglosen parsischen Herrn in Beschlag genommen hatte, dem sie, mit dem Zeigefinger in der Luft stochernd, irgendeine langatmige Geschichte erzählte, und dass sein Bruder Mobin neben einem sehr hübschen Mädchen stand und so tat, als wäre er überhaupt nicht befangen. Ein paar Kinder aus dem Old Wadia Chawl hatten ihre Köpfe durch ein Loch in der Zeltwand gesteckt und beobachteten fasziniert das Geschehen. Und einem von ihnen stand auf sehr vertraute Weise der Mund offen – höchst vertraut! Es war Deepak – nein, es war Deepaks Sohn! Phiroz ging von einem zum anderen, man drückte ihm die Hand, umfasste seine Taille, klopfte ihm auf die Schulter, und der alte Mann lächelte, ja lachte sogar; seine Augen tanzten vergnügt. Der Geschenkeberg auf dem Tisch wurde mit jeder Minute höher und bunter, und das Tischtuch war ein wenig ausgebeult von Arzees Koffer, der einen Anhänger in Form einer Katze enthielt, den er nachmittagsauf dem Markt an der Grant Road für Monique gekauft hatte, und seine Strand-Shorts.
    Seine Strand-Shorts! Arzee schlug sich an die Stirn, denn ihm wurde klar, dass er vergessen hatte, seine Sonnenbrille einzupacken – und ohne Sonnenbrille brauchte er eigentlich gar nicht erst nach Goa fahren.

Danksagung
    Für ihre geduldige Lektüre verschiedener Fassungen von
Arzee the Dwarf
und ihre hilfreichen Kommentare danke ich Amit Mahanti, Ruchika Negi, Subhashim Goswami, Richa Nigam Bhatia, Rahul Bhatia, Kavita Bhanot, Aamer Hussein, Saugata Mukherjee, Robert Wyatt sowie Thomas und Elaine Colchie.

Informationen zum Buch
    Bombay. Die irrwitzige, gigantische, schillernde Riesenkreatur, keine Stadt, sondern eine Art Lebewesen, das Menschen einatmet, ausatmet. Hier lebt Arzee (sprich: Arsie). Er ist Filmvorführer in einem der letzten legendären Filmtheater, dem ›Noor‹. Noor heißt Licht, und dieser Lichtstrahl, der die Illusion in die Dunkelheit des Kinosaals trägt, steht für die Hoffnung, dass Arzees Träume sich erfüllen mögen. Arzee träumt von einem Leben in Würde. Schwer zu haben, für einen wie ihn, denn Arzee ist klein, sehr klein. Er träumt davon, im Kino an die erste Stelle zu rücken, wenn der alte Vorführer Phiroz in Ruhestand geht, er träumt von einer Frau mit warmen Brüsten und langen Haaren, die nachts neben ihm liegen, ihn erwarten wird. Er träumt von Kisten voller Mangos im Sommer, von fetten Fischen und fleischigen Hühnchen, von Perlen für seine Mutter und Modeschmuck für seine Braut, von Wolken feinen Parfums. Arzee träumt davon, das Leben zu umarmen.
    Seine Mutter hatte alles darangesetzt, ihn stark zu machen, wenn sie ihn schon nicht groß machen konnte. – Doch dann soll das Kino geschlossen werden, und Arzee muss alles aufbieten, damit seine Hoffnungen sich nicht zerschlagen…

    Choudhury erzählt eine Geschichte von Liebe, Phantasie und der Kraft, sich durchs Leben zu kämpfen. Eine einfache, unvergessliche Geschichte voller Weisheit, Wärme und Menschlichkeit.

Informationen zum Autor
    Chandrahas Choudhury
wuchs in Bombay auf. Er
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