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Der Kirchendieb

Der Kirchendieb

Titel: Der Kirchendieb
Autoren: Claudia Frieser
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Johanna hinter der Hausecke in Deckung und wartete.
    Die Schritte kamen näher. Als ihr Verfolger nur noch zwei Meter von ihr entfernt war, wurde er langsamer und blieb stehen.
     Johanna schlug das Herz bis zum Hals. Sie wagte nicht mehr zu atmen. Ein Kopf schob sich plötzlich um die Ecke und spähte
     in die Gasse hinein.
    Johanna traute ihren Augen nicht. Diesen Blondschopf kannte sie. Blitzschnell packte sie ihren Verfolger am Hemd und zog ihn
     zu sich. Vor Schreck schrie dieser laut auf, als hätte der Leibhaftige ihn am Schlafittchen. Sofort legte Johanna ihre Hand
     auf seinen Mund.
    »Psst! Sei still! Sonst erwischt uns noch ein Nachtwächter«, zischte Johanna. »Was fällt dir eigentlichein, nachts hinter mir herzuschleichen? Du bist ein dummer Junge, Andreas Stolzenberg. Weißt du denn nicht, wie gefährlich
     es nachts in der Stadt ist?«
    »Du weißt es ja selbst nicht«, knurrte Andreas zurück. »Oder warum treibst du dich um diese Uhrzeit hier herum?«
    »Das geht dich gar nichts an. Schleich dich wieder nach Hause, du verzogenes Muttersöhnchen!«, fauchte Johanna.
    »Erst wenn du mir verrätst, was du hier machst!« Andreas sah sie herausfordernd an.
    »Nicht im Traum!«
    »Wenn du nicht gehst, dann geh ich auch nicht! Basta!«
    »Du bist störrisch wie ein Esel, Andreas Stolzenberg. Mach doch, was du willst!« Damit drehte sich Johanna um und ging ihrer
     Wege. Doch Andreas folgte ihr.
    »Wenn du nicht sofort gehst, ruf ich meine Jungs!«, drohte Johanna. »Ein Pfiff genügt und sie sind sofort hier«.
    Jetzt wirkte Andreas erschrocken. Eine Begegnung mit Johannas Bande, noch dazu in der Nacht, wollte er nicht riskieren.
    »Dann mach doch, was du willst! Aber glaub bloßnicht, dass du von mir noch mal etwas zu essen bekommst oder ich dir Lesen beibringe!« Andreas war nun ernsthaft beleidigt.
     Mit einem »Pah!« ließ er Johanna stehen und ging seiner Wege.
    Johanna war zum Heulen zumute. Wenn mal etwas schiefging, dann gründlich. Die Freundschaft mit Andreas hatte sie auf jeden
     Fall gehörig vermasselt. Sollte sie vielleicht doch besser nach Hause gehen? Nein! Jetzt war es sowieso schon zu spät! Und
     wenn Andreas keine Lust mehr hatte, sie zu unterrichten, dann würde sie es eben alleine versuchen – mithilfe des Buches.
    Endlich hatte Johanna St. Peter erreicht. Riesig und dunkel lag die alte Kirche vor ihr. Auf Fremdemusste der mächtige Kasten
     Furcht einflößend wirken. Doch Johanna war das Gotteshaus vertraut. Hier war sie getauft worden, in der Gegend aufgewachsen.
     Sie und keine andere Kirche war daher ihr Ziel gewesen. Sie kannte den Priester gut. Er war ein nachsichtiger und gütiger
     Gottesmann, der mit der Not seiner Schäfchen nur allzu vertraut war. Wüsste er von ihrem Vorhaben, so würde er ihr ganz sicher
     die kleine Sünde verzeihen. Außerdem hatte Johanna sowieso vor, die Kerze zu bezahlen. Sobald sie ihren Lohn hatte. Nach und
     nach würdesie ihre Schuld abstottern, das Geld in den Opferstock geben. Sie brauchte auch nur eine Kerze und in Kirchen gab es genügend
     davon.
    Johanna huschte um das Gotteshaus herum zu einer kleinen Seitentür. Da sie schon einmal für ihre Mutter eine Kerze gestohlen
     hatte, wusste sie, dass Krischers Dietrich passte. Gerade wollte Johanna ihn ins Schloss stecken, als sich jemand unerwartet
     von hinten auf sie stürzte und sie umwarf. Es war schon wieder Andreas.
    »Bist du jetzt total verrückt geworden«, schrie Johanna ihn am Boden liegend an.
    »Vermutlich!«, fauchte er zurück. »Eigentlich bin ich dir gefolgt, weil ich mir große Sorgen um dich gemacht habe. Ich dachte,
     wir sind Freunde! Wie kann ich dich da nachts allein durch die Stadt geistern lassen? Du hast doch selbst gesagt, es sei gefährlich!«
    Mit dieser Antwort hatte Johanna nicht gerechnet. Er hielt sie also immer noch für eine Freundin. Glücklich strahlte sie ihn
     an.
    Doch Andreas lächelte nicht zurück.
    »Du hast recht. Ich bin ein Dummkopf«, sagte er stattdessen. »Auf deine Freundlichkeit bin ich hereingefallen, aber jetzt
     weiß ich, wer du in Wirklichkeit bist.«
    Johanna sah ihn verdutzt an. Wovon redete Andreas? Doch dann ging ihr ein Licht auf.
    »Du hältst mich doch wohl nicht für den Kirchendieb?«, fragte sie und lachte.
    »Was ist daran so witzig? Nach was sieht das hier denn aus? Es ist Nacht, du hast einen Dietrich und brichst gerade in diese
     Kirche ein«. Andreas war wieder aufgestanden. »Was soll ich denn sonst denken? Dass du
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