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Der Kirchendieb

Der Kirchendieb

Titel: Der Kirchendieb
Autoren: Claudia Frieser
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Solltest du nicht in der Rheingasse sein?«
    Johanna blickte verschlafen Richtung Himmel. Krischer hatte recht. Ein neuer Tag brach gerade an.
    »Oh Gott, schon so spät! Hab jetzt keine Zeit. Ich erklär dir das Ganze ein anderes Mal«, rief sie ihrem Freund zu und rannte
     nach Hause. Sie war glücklich, ihren Verfolger abgehängt zu haben. Doch dann fielen ihr Andreas und Theres ein. Hoffentlich
     war ihr Freund gut nach Hause gekommen und hoffentlich war die dienstälteste Küchenmagd noch nicht auf den Beinen.

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    Der Schulmeister

    Johanna hatte großes Glück. Im Haus war es noch ruhig. Sie hatte sogar Zeit, sich etwas auszuruhen, ehe Theres sie unfreundlich
     wecken würde. Hundemüde ließ sich Johanna auf ihr Bett plumpsen und schlief sofort ein, träumte von Dieben und nächtlichen
     Gassen. Sie rannte und rannte, bis die alte Küchenmagd sie endlich wach rüttelte. Schweißgebadet quälte Johanna sich aus dem
     Bett. Theres sah ihr verwundert hinterher.
    Die Müdigkeit steckte Johanna tief in den Knochen. Den ganzen Morgen war sie zerstreut, machte Fehler, kassierte immer wieder
     Ohrfeigen. Wenigstens war Andreas heil nach Hause gekommen. Johanna hatte ihn kurz gesehen, als er sich auf den Schulweg machte.
     Auch er wirkte müde – und erleichtert, sie zu sehen. Gegen Mittag sah Johanna so blass aus, dass Theres fürchtete, sie würde
     krank werden.
    »Vielleicht solltest du an die frische Luft gehen. Ich denke, ein Botengang würde dir guttun.« Die Alte klang überraschend
     besorgt.
    Wenn die wüsste, dass ich nur müde bin, weil ich mich die ganze Nacht herumgetrieben habe, dachte Johanna. Besser, sie ließ
     Theres in dem Glauben. Und so setzte sie ihre allerbeste Leidensmiene auf und nickte.
    »Heute ist Freitag. Lauf zum Rhein hinunter und besorg beim Fischer Mathis am Fischmarkt einen frischen Hecht für die Familie
     und die übliche Menge Stockfisch für das Personal. Achte darauf, dass er dir einen guten Preis macht! Die Rechnung werde ich
     heute Nachmittag persönlich begleichen.«
    Johanna strahlte plötzlich. Die Aussicht auf den Fluss weckte schlagartig ihre Lebensgeister. Sie schnappte sich den Fischeimer
     und verschwand, ehe Theres es sich anders überlegen konnte. Wie ein junges Reh rannte Johanna zum Rhein hinunter. Die Tore
     waren offen und so ging sie auf der Flussseite an der Stadtmauer entlang zu den Verkaufsständen der Rheinfischer. Am Hafen
     gab es immer viel zu sehen. Wäscherinnen wuschen im Fluss ihre Wäsche, Mühlräder auf schwimmenden Inseln drehten sich unermüdlich
     mit dem Strom. Weiter hinten sah Johanna die große Fähre, die gerade nach Deutz übersetzte. Eine Brücke über den Rhein gab
     es nicht. Und so standen mindestens 60   Mann samt Pferdenund Wägen dicht gedrängt darauf und beteten zu Gott, er möge sie heil ans andere Ufer geleiten. Es wäre nicht das erste Mal
     gewesen, dass eine Fähre überladen kenterte. Schließlich wanderte Johannas Blick weiter den Kai entlang. Schiffe aus fernen
     Ländern und Städten, voll beladen mit Waren aus der ganzen Welt, ankerten hier. Neugierig lief sie an den Hafenarbeitern vorbei
     und schaute den Männern in den riesigen Laufrädern der Lastenkräne zu. Schweißüberströmt setzten sie einen Fuß vor den anderen,
     hielten das Rad in Bewegung und halfen so für einen Hungerlohn, die schwere Fracht der Schiffe auf Fuhrwägen umzuladen.
    Der Fisch war schnell besorgt, noch dazu zu einem günstigen Preis. Theres würde mit ihr zufrieden sein. Zurück ging Johanna
     durch die Stadt, an der mächtigen Martinskirche vorbei. Unterwegs blieb sie kurz stehen und schaute einem Gaukler zu, der
     bunte Bälle gekonnt in der Luft jonglierte. Doch dann fiel ihr Blick auf etwas anderes, ein Eckhaus. Klein und unscheinbar.
    War das nicht Andreas’ Schule?
    Neben dem Eingang hing ein Schild. Was darauf stand, konnte Johanna noch nicht lesen. Sie wusste jedoch, dass darauf die Unterrichtszeiten
     und dieUnterrichtskosten vermerkt waren. Ihre Eltern hätten sich nicht mal die zwei Holzscheite im Winter leisten können, die man
     täglich zum Heizen mitbringen musste, geschweige denn Talgkerzen.
    Das Schulhaus zog sie magisch an. Ob Andreas’ Lehrer wirklich so streng war? Wie es wohl in einer Schule aussah?
    Johanna überlegte nicht lange. Und wie es der Zufall wollte, befand sich das Klassenzimmer im Erdgeschoss, genau auf Augenhöhe.
     Sie musste sich nur ein bisschen auf Zehenspitzen stellen, um einen Blick
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