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Der Kirchendieb

Der Kirchendieb

Titel: Der Kirchendieb
Autoren: Claudia Frieser
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Der Diebstahl solch wertvoller
     Dinge wird mit dem Galgen bestraft. Nein, so blöd sind die Jungs der
Compagnie
nicht«.
    »Das sieht der Rat der Stadt aber anders. Angeblich wird er schon morgen verhört.«
    Johanna war entsetzt. »Ein peinliches Verhör? Sie werden ihn foltern. Allein die Androhung wird ihn alles gestehen lassen.
     Armer
Holzbock
. Ich mochte die Jungs zwar nie sonderlich, aber den Tod durch den Strick hat keiner von ihnen verdient«.
     
    Johanna gab sich die nächsten Tage wirklich Mühe. Sie folgte aufs Wort und konzentrierte sich bei der Arbeit, um Theres keinen
     Anlass für Schläge zu geben. Am Abend lernte sie heimlich das Alphabet, solange es ging, im Licht des ausgehenden Herdfeuers,
     dann im Schein ihrer Kerze. Sie versuchte so sparsam wie möglich zu sein, doch nach zwei Tagen war die Kerze zu einem fingerdicken
     Stumpen heruntergebrannt. Was sollte sie nun tun? Die Herdglut war nicht hell genug und ein Kienspan rußte zu sehr. Theres
     könnte es riechen. Überdies waren die Kerzen abgezählt, egal ob aus günstigem Talg oder aus kostbarem Wachs. Konnte sie Andreas
     um eine neue Kerze bitten? Doch Johanna verwarf den Gedanken sofort wieder. Er hatte schon genug für sie getan. Außerdem war
     sie viel zu stolz, ihn um eine Kerze anzubetteln.
    Von ihrem ersten Lohn könnte sie sich vielleicht eine Talgkerze kaufen, aber eigentlich wollte sie alles ihrer Mutter geben.
     Johanna war verzweifelt. Vielleicht sollte es einfach nicht sein, dass so eine Bettelgöre wie sie lesen und schreiben kann.
     Aber hätte Gott ihr dann Andreas geschickt? Nein! Da war sich Johanna sicher und mit diesem Gedanken fasste sie einen Entschluss.
     
    Gleich am nächsten Tag nutzte Johanna die Gelegenheit. Sie sollte der Eierfrau in der Färbergasse eine zusätzliche Bestellung
     überbringen. Der Griechenmarkt war nicht weit entfernt. Dort würde sicher der Krischer aus ihrer Bande herumhängen. Und der
     hatte etwas, das Johanna brauchte.
    Da sie nicht allzu lange fortbleiben konnte, rannte Johanna durch die Gassen. Flink wie ein Wiesel wich sie Leuten, Fuhrwägen,
     Pferden und herumstreunenden Schweinen aus. Theres’ Auftrag war schnell erledigt und Johanna hatte genügend Zeit, Krischer
     zu suchen. Wie erwartet, lungerte er zwischen den Marktbuden herum.
    »He, Krischer!«, rief Johanna.
    »He, wie geht es dir? Hab gehört, du musst jetzt jeden Tag schuften. Na, wenigstens kriegst du jetzt regelmäßig was zu essen«,
     meinte er und hörte sich dabei etwas neidisch an.
    »Nur wenn ich mich nicht allzu dämlich anstelle und mir keine Strafe einfange«, grinste Johanna.
    »Was willst du hier in deinem alten Viertel? In der Rheingasse riecht es doch viel besser! Oder vermisst du etwa den Gestank?«,
     witzelte Krischer.
    »Den nicht, aber euch Jungs schon!«, meinte Johanna ehrlich. »Hör zu, ich brauche etwas von dir.«
    Der Junge zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Hast du noch deinen Dietrich?«, fragte Johanna.
    Krischer nickte. »Für was brauchst du den? Ich hoffe, für nichts Ungesetzliches?«
    »Das geht schon in Ordnung«, beschwichtigte Johanna. »Krieg ich ihn nun?«
    Krischer kramte im Lederbeutel, der ihm am Gürtel hing. Schließlich fand er das Gesuchte und reichte es Johanna. »Ich hoffe,
     du baust keinen Mist. Sonst geht es dir wie dem
Holzbock
. Soll in zwei Wochen öffentlich gehängt werden. Arme Sau!«
    »Hat er denn gestanden?«, erkundigte sich Johanna besorgt.
    »Ja. Sie haben ihm mit Folter gedroht. Daraufhin hat er alles zugegeben. Aber wo die Beute ist, hat er nicht gesagt. Da hat
     alles Drohen nichts genützt«.
    »Weil er es nicht weiß. Haben sie ihn gefoltert?«
    »Nein. Sie hatten wohl doch Skrupel, weil er fast noch ein Kind ist. Jetzt suchen sie nach den anderen Jungs aus der
Compagnie
«, berichtete Krischer.
    »Glaubst du etwa, dass es die
Compagnie
war?«, fragte Johanna.
    »Nein. Niemand im Viertel glaubt das. Und diejenigen, die es wissen müssen, meinen, es wäre niemand von hier. Die Ware wurde
     auch noch nicht zumKauf angeboten«, sagte Krischer. »Hab außerdem gehört, dass die Stadt eine Belohnung für Hinweise auf die Beute ausgesetzt
     hat. Seitdem halten wir Augen und Ohren offen«.
    »Dann wünsche ich dir und den Jungs viel Glück! Richte ihnen einen schönen Gruß aus!«, bat Johanna.
    »Mach ich. Und wenn du uns brauchst, sag Bescheid. Vielleicht benötigt ja dieser Schnösel von einem Kaufmannssohn mal wieder
     eine Abreibung. Ich hoffe, der
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