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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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mich umbringst?«
    »Zwanzig Dollar.«
    »Tja, sieht aus, als wärst du in mehr als einer Hinsicht auf die Schnauze gefallen. Aber ich sag dir was. Wenn ich dir die Zwanzig gebe, machst du dann die Fliege? Verschwindest du, meine ich?«
    Der Junge drehte den Kopf, als wollte er in Dox’ Gesicht lesen, ob das Angebot ernst gemeint war. »Du geben mir zwanzig Dollar?«
    Dox griff in die Tasche und zog zwei Zwanziger heraus. »Ich gebe dir vierzig. Hier.« Er beugte sich vor und ließ die Scheine auf die Hand des Jungen flattern. Er schnappte danach und kniff die Augen zusammen. Dox war nicht sicher, ob er sie im Dunkeln erkennen konnte.
    »Es sind vierzig. Und du kannst von Glück sagen, dass ich dich nicht getötet habe. Besorg dir einen besseren Job. Die Typen, die dich angeheuert haben, zahlen zu wenig und sie hätten dich sowieso angeschmiert. Herrgott, wo sind eigentlich deine Eltern?«
    Der Knabe verdrehte wieder den Kopf. »Keine Eltern.«
    Dox fragte sich, ob der Junge ihn verarschte. Trotzdem brachte er drei weitere Zwanziger zum Vorschein und gab sie ihm.
    »Ich werde jetzt einen Schritt zurücktreten und du stehst auf und rennst am Fluss davon. Vergiss das Spielzeug, das du mitgebracht hast. Renn einfach. Ich möchte nicht bereuen müssen, dass ich dich laufen gelassen habe.«
    Er trat zurück. Der Junge zögerte, dann sprang er auf und schoss davon wie eine Rakete. Erst da begriff Dox, wie verängstigt er gewesen sein musste.
    Er machte, dass er zu seinem Motorrad kam. Abgesehen von den drei abkühlenden Khmer war niemand in der Nähe. Er fuhr einen knappen Kilometer weiter, dann hielt er an, zerlegte das Gewehr und wischte jedes Einzelteil mit einem Lappen ab, bevor er es in den Fluss warf. Er löschte die Telefondaten des Handys, nahm den Akku heraus und schmiss alles hinterher. Zum Schluss kam der Seesack dran. Dann fuhr er zurück ins Zentrum. Unterwegs löschte er noch sein persönliches Mobiltelefon, zerlegte es und warf es weg. Er war nicht hundertprozentig sicher, ob sie ihn mittels eines Peilsenders im Gewehr verfolgt hatten, und er wollte kein Risiko eingehen.
    In dieser Nacht gab es keine Flüge mehr, erst morgen früh. Nach einem solchen Job hielt man sich besser nicht mehr lange in der Gegend auf. Besonders, wenn er so abgelaufen war. Dox war es durchaus ernst gewesen, als er Gant sagte, dass er seinetwegen nicht mit Vergeltungsschlägen rechnete, aber er sah auch keinen Vorteil darin, diese Theorie auf die Probe zu stellen. Außerdem musste man noch mit den Hütern des Gesetzes rechnen.
    Er überlegte, sofort in ein unauffälliges einheimisches Hotel umzuziehen, entschied sich dann aber dagegen. Besser, er tat nichts Ungewöhnliches, wie etwa überstürzt aus dem Raffles auszuziehen. Das Personal kannte ihn inzwischen zu gut. Nein, er würde einfach ganz normal am Morgen auschecken, ein wenig früher, als nach seiner Reservierung zu erwarten, aber das war nichts Besonderes.
    Als er das Hotel erreichte, merkte er, dass er einen Bärenhunger hatte. Er schlang eine Mahlzeit aus Rindfleisch
lok lak
und
amok trei
im Hotelrestaurant hinunter, dann ging er hinauf in sein Zimmer und duschte ausgiebig. Dieser Junge. Das nagte wirklich an ihm. Die hätten den Teufel getan und ihn bezahlt, nachdem er den Auftrag erledigt hatte. Sie hatten ihn nur benutzt. Und Dox hätte ihn beinahe getötet.
    Er dachte daran, Chantrea anzurufen. Aber er wusste nicht, was er ihr sagen sollte. Er musste morgen abreisen und bezweifelte, dass er so bald zurückkehren würde, falls überhaupt.
    Er war von den Ereignissen immer noch aufgedreht, aber nach der Dusche setzte die parasympathische Gegenreaktion ein, und eine Welle der Erschöpfung spülte über ihn hinweg. Er ging zu Bett und war beinahe augenblicklich eingeschlafen.
    Das Zimmertelefon weckte ihn. Er warf einen Blick auf die Nachttischuhr und sah, dass es kurz nach Mitternacht war. Er fragte sich, wer zum Teufel ihn um diese Zeit anrief. Wer überhaupt wusste, dass er hier war.
    Dann begriff er – Chantrea. Sie musste versucht haben, ihn auf dem Handy zu erreichen, das er weggeworfen hatte. Fast hätte er nicht abgenommen, aber am Ende tat er es doch.
    »Hallo.«
    »Hallo«, erwiderte sie. »Ich habe es auf deinem Handy versucht, aber ich lande immer nur bei der Mailbox.«
    »Tut mir leid. Ich habe das verdammte Ding verloren. War irgendwie kein guter Abend. Ich habe im Hotelrestaurant gegessen und bin früh zu Bett gegangen. Tut mir leid, dass ich nicht
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