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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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nach und er erreichte die etwas gehobenere Gegend des
Rubie’s
. Dox sah, dass die Bar die untere Etage eines weißen, zweigeschossigen Eckgebäudes einnahm. Vor den beiden verglasten Seiten standen von Topfpflanzen eingerahmte Außentische, sodass man als Passant nur flüchtige Blicke auf das Innere erhaschen konnte. Dox ging mehrmals aus verschiedenen Richtungen daran vorbei und hielt weiter nach Beschattern Ausschau. Nichts erschien ihm fehl am Platz, also trat er schließlich ein.
    Ein junger Khmer stand hinter dem Tresen von seinem Hocker auf und begrüßte ihn mit einem Lächeln und einem
Sampeah
. Dox erwiderte den Gruß und sah sich um. Die Bar war leer, verströmte aber eher eine lebendige Atmosphäre der Erwartungkünftiger Gäste als der Lähmung. Nur ein einziger langer Raum, ganz hinten abgeschlossen von einem Alkoven mit Sofas. Wände, Decke und Boden bestanden aus gepflegtem, alten Holz. Eine angenehme Brise ging von den sich langsam drehenden Blättern des Deckenventilators aus und die einzige Beleuchtung war das Sonnenlicht, das durch die Glastüren hereinsickerte. Hinter der Bar befanden sich eine bescheidene Stereoanlage, auf der gedämpft etwas in der Art von Khmer-Pop lief, und eine ebenso bescheidene Mischung aus Alkoholika. Es war allerdings ein wenig früh für das Getränk, von dem Gant behauptete, die Khmer könnten es nicht mixen. Außerdem wollte Dox seine Sinne nicht während eines Jobs betäuben. Also setzte er sich auf den hintersten Barhocker, von dem aus er alle Türen im Auge hatte, wischte sich theatralisch die Stirn und bestellte ein Tonic mit einer Scheibe Zitrone. Der Barkeeper stellte den Drink vor ihn hin und sie radebrechten ein paar Minuten lang Small Talk. Dann kehrte der Barkeeper zu seinem Hocker zurück und schlug das Khmer-Magazin auf, in dem er bei Dox’ Eintreten gelesen hatte. Dox nippte an seinem Drink und wartete gelassen.
    Seiner Gewohnheit getreu spazierte Gant Punkt zwölf Uhr herein. Er trug einen grünen Seesack bei sich. Inzwischen hatten es sich ein paar westliche Touristen auf den Sofas im Alkoven gemütlich gemacht, aber ansonsten waren sie ganz allein. Gant lehnte den Seesack neben Dox an die Bar und nahm zwei Hocker weiter Platz. Der Barkeeper stand auf – zu spät, wie Dox feststellte, um den Seesack bemerken zu können. Gant bestellte sich einen Martini mit Bombay Sapphire Gin, dann brachte er ein Taschentuch zum Vorschein und tupfte sich die schweißnasse Stirn.
    »Ich habe gehört, dass sie hierzulande keine anständigen Martinis mixen können«, bemerkte Dox im Plauderton, so von einem Touristen zum anderen.
    Gant betrachtete kurz sein Taschentuch und lächelte sardonisch. »Die Hoffnung stirbt zuletzt.«
    Dox nickte. »So ist es.« Er wartete, bis der Barkeeper durch seine Pflichten abgelenkt war, dann stand er auf, legte ein paar Dollarscheine auf den Tresen und ging mit dem Seesack hinaus.
    Er lief eine Gegenaufklärungsroute, um sicherzugehen, dass er noch sauber war, dann nahm er ein Tuk-Tuk zu einem Laden namens Little Bikes gleich nördlich vom Nationalmuseum, wo er eine Honda CB 400 und einen Vollvisierhelm mietete. Sie wollten ihn dazu überreden, das Motorrad für eine ganze Woche zu nehmen, aber er bestand darauf, dass vierundzwanzig Stunden absolut ausreichten. Er legte sich den Seesack über die Oberschenkel und fuhr nach Norden, drehte aber in die Gegenrichtung ab, sobald er außer Sichtweite des Motorradgeschäfts war.
    In Nullkommanichts erreichte er eine verlassene Gegend am Tompum See in den Randbezirken der Stadt, die er für genau diesen Zweck zuvor ausgekundschaftet hatte. Der Straßenbelag wechselte von Asphalt zu Schotter und Dreck, die Häuser gingen von Beton und Wellblech zu Teerpappe über. Herrgott, waren diese Leute bettelarm. Er fragte sich, warum ihm das etwas ausmachte – schließlich sah er dasselbe ständig auf Bali. Chantrea, dachte er. Die Geschichte von den Leiden ihrer Familie machte es für ihn persönlich. Er ärgerte sich über diese Reaktion – wollte sich nicht ablenken lassen. Außerdem, vielleicht seifte sie ihn ja auch nur ein und machte ihm etwas vor, er wusste es nicht. Aber Scheiße, was sollte er machen: sich so verhalten, als wäre das Leiden um ihn herum halb so schlimm, nur weil Chantrea vielleicht etwas übertrieb, was ihre eigene Lage betraf? Manchmal musste man so tun, als wäre etwas echt, auch wenn es vielleicht nicht stimmte.
    Er schüttelte den Gedanken ab und fuhr weiter. Als er selbst
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