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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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von den armseligsten Hütten weit genug entfernt war, fuhr er an den Straßenrand, stellte das Motorrad ab und drang in das hohe Unkraut am Ufer des seichten Sees ein. Das Motorrad hatte eine lange Staubfahne in der brütenden Hitze hinterlassen und erwartete geduldig, bis sie sich aufgelöst hatte und nichts mehr auf seine Anwesenheit hindeutete.
    Er öffnete den Reißverschluss des Seesacks. Das SR-25 und seine Bestandteile waren in Stofffetzen eingewickelt und er legte jedes Teil auf ein Tuch, bis er alle vor sich ausgebreitet hatte. Er stellte fest, dass die Waffe mit einem einstellbaren Magpul-PRS-Schaft ausgestattet war, eine nette Dreingabe. Er setzte alles zusammen, montierte das Zielfernrohr und schraubte den Schalldämpfer auf. Dann probierte er an den Einstellungsmöglichkeiten des Schafts herum und bewunderte die klaren Linien der Waffe, obwohl er immer noch ein wenig enttäuscht war, dass er keine XM 2010 zum Spielen bekommen hatte. Na schön, ein andermal. Er schoss die Waffe auf hundert Meter ein, während der Schalldämpfer die Schüsse auf ein gedämpftes Knacken reduzierte. Als sein Trefferbild sich auf einen Durchmesser von weniger als zwei Zentimetern reduziert hatte, korrigierte er die Justierung auf eine Entfernung von fünfhundert Metern und begann, auf die größere Distanz zu feuern. Bald lagen seine Treffer innerhalb eines Kreises von siebeneinhalb Zentimetern Durchmesser. Gut. Er wickelte das Gewehr sorgfältig wieder ein und steckte es in den Seesack, ohne es zu demontieren. Dann fuhr er zurück ins Hotel, um auf die Dunkelheit und Gants Anruf zu warten.
    Kurz nach sieben Uhr summte sein Handy. Er nahm ab. »Hallo.«
    »Wir sind unterwegs zum Essen. Ein Lokal namens
Khmer Borane
, 389 Sisowath Quay. Beim Königspalast, mit einer offenen Terrasse direkt zum Fluss. Ich vermute, sie werden sich auf der anderen Seite …«
    »Machen Sie sich keine Gedanken darüber, wo ich sein werde. Das ist meine Sache.«
    »Selbstverständlich. Ich kann nicht garantieren, dass wir im Freien sitzen werden, aber das Wetter ist gut, und ich werde es vorschlagen. Falls nicht, es ist ein kleines Restaurant und sie solltenauch den größten Teil des Inneren im Blick haben. Schlimmstenfalls können Sie die Sache erledigen, wenn wir gehen.«
    »Soll ich Sie vorher kurz anklingeln?«
    »Ja. Ich werde mich entschuldigen, um den Anruf entgegenzunehmen.«
    »Sind Sie nur zu zweit? Ich möchte keinen Superschuss an die falsche Adresse abliefern.«
    »Nur wir beide. Außerdem ein paar Bodyguards, aber die sitzen nicht mit uns am Tisch. Und sie werden sich beim Hinausgehen vor beziehungsweise hinter uns aufhalten. Ich werde neben der Hauptfigur gehen.«
    »Also gut. Ich rufe an, wenn ich soweit bin.«
    Er legte auf und ging nach draußen. Das Hotelpersonal hatte freundlicherweise seine Honda direkt vor dem Eingang geparkt und er brauchte keine zwanzig Minuten, um festzustellen, dass er nicht verfolgt wurde. Dann überquerte er die Freundschaftsbrücke zur Ostseite des Tonlé Sap und brummte an eingezäunten, zweistöckigen Uferhäusern vorbei, in denen warm und einladend die Lichter brannten. Nachtinsekten blitzten im Scheinwerferlicht des Motorrads auf und klatschten dann und wann unsichtbar gegen sein Visier. Ein Stück weiter wurden die Häuser bescheidener und die Straße immer schlechter. Er fuhr langsamer parallel zum Fluss weiter. Rechts von ihm lag ein im Bau befindliches Hotel, das ihm schon vor ein paar Tagen aufgefallen war. Sein Metallskelett aus Doppel-T-Trägern ragte gespenstisch in den Nachthimmel auf. Der Ort hatte den Vorzug, dass die Baufirma offenbar illegale Siedler davon abhielt, hier ihre Zelte aufzuschlagen. Leider bedeutete das auch, dass der Bauplatz nachts bewacht wurde.
    Er umrundete die Baustelle im Uhrzeigersinn und tuckerte eine noch engere und ausgefahrenere Lehmstraße entlang, wo er immer wieder Schlaglöchern und gelegentlich einem zerbrochenen Porenbetonstein ausweichen musste. Der Fluss lag jetztzu seiner Linken. Rechts von ihm befanden sich ein paar riesige Erdhaufen, die meisten davon mit Unkraut überwuchert. Er vermutete, dass sie vom Aushub für das Fundament des Hotels stammten. Im Unterschied zur Baustelle selbst war dieses Gelände nicht bewacht, denn selbst in Kambodscha stahl niemand Dreck. Und es gab auch keine Hütten, weil das Bauunternehmen bei Tag natürlich illegale Ansiedler verscheuchte. Auf der Kuppe einer dieser Hügel würde er leicht erhöht vom Ufer liegen und
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