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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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haben, wirkten Sie so, als bräuchten Sie dringend eine Windel für Erwachsene. Warum denn das?«
    Gant blickte wieder die Straße entlang. Verdammt, tat das gut zu sehen, wie er endlich die Nerven verlor. Man hätte schon ein Übermensch sein müssen, um keinen Gefallen daran zu finden, eine derartig verbogene Denkweise wie bei diesem Kerl wieder geradezubiegen.
    »He«, meinte Dox, »wie Clint Eastwood in dem großartigen Film
Dirty Harry
gesagt hat: Ich weiß, was du Schwein jetzt denkst. Du fragst dich, ob du die Fliege machen sollst. Aber es gibt da etwas, das du wissen solltest, bevor du es versuchst.«
    Gant sagte nichts. Das war in Ordnung. Letztlich war alles eine Frage der Kommunikation. Wie Dox’ Daddy immer gesagt hatte: Manchmal muss man den Leuten die Dinge auf eine Art erklären, die sie verstehen.
    »Und das wäre«, fuhr Dox fort, »dass du nicht einfach von null auf hundert beschleunigen kannst, so wie du jetzt dastehst. Erst musst du Körperspannung aufbauen und das Gewicht ganz auf einen Fuß verlagern, bevor du lossprintest. Bei manchen Menschen laufen die Bewegungen unmerklicher ab, als bei anderen, aber die physikalischen Grundlagen sind immer dieselben. Und wir ehemaligen Scharfschützen von der Infanterie sind darauf trainiert, darauf zu achten und jeden Versuch zu unterbinden, bevor er richtig angefangen hat.«
    Er verstummte und wartete. Gant schwieg. Er war jetzt sehr blass.
    »Du kannst dein Glück also deinen Muskeln anvertrauen oder versuchen, dich aus der Sache rauszureden. Ich persönlich ratezur zweiten Möglichkeit. Du drückst dich ganz gut aus und, ohne dir zu nahe treten zu wollen, besonders schnell wirkst du nicht. Und selbst wenn, wären meine Kugeln noch ein bisschen schneller, schätze ich.«
    Eine lange Pause entstand. Gant fuhr sich über die Stirn und wischte die Hand an der Hose trocken.
    »Er heißt Vannak Vann. Diese UN-GIFT-Arbeitsgruppe, von der ich Ihnen erzählt habe. Er leitet sie.«
    Dox war ehrlich verwirrt. »Ich verstehe nicht.«
    »Er ist nicht Sorm. Er und sein Team haben ein Dossier über Sorm zusammengestellt, um ihn unter Anklage zu stellen.«
    »Du meinst, Sorm gibt es tatsächlich?«
    »Ja, er ist echt. Ich bin kein Idiot. Das meiste, was ich Ihnen erzählt habe, entspricht der Wahrheit. Sorm ist echt, aber er ist nicht die Zielperson. Dieses Puzzle besteht aus vielen Einzelteilen und Vann ist beinahe soweit, dass er sie zusammensetzen kann. Diese Woche. Bei dieser Konferenz. Wir mussten sofort handeln.«
    »Was heißt ›wir‹?«
    »Sorm. Und die Elemente in der US-Regierung, die ihre schützende Hand über ihn halten.«
    Das machte die Sache nicht viel klarer. »Warum sollte die US-Regierung jemanden wie Sorm schützen?«
    »Dafür gibt es eine Menge Gründe und es würde zu lange dauern, sie alle durchzugehen. Ich sagte Ihnen doch, dass Sorm viele Leute in der Tasche hat, nicht wahr? Damit habe ich nicht nur Kambodscha gemeint.«
    Das kaufte Dox ihm nicht ab. »Ich will wissen, warum die US-Regierung einen Kinderhändler schützen sollte. Und dabei so weit geht, in seinem Auftrag einen UN-Beauftragten umbringen zu lassen.«
    »Ich sagte es doch schon«, erwiderte Gant. »Das Imperium liegt in den letzten Zügen. Sterbende Weltreiche werden obsessiv,was selbst unbedeutende Bedrohungen angeht. Wie beispielsweise den islamistischen Terror. Sorm weiß genau, dass wir für Insiderinformationen, von denen wir glauben, dass sie uns gegen diese Bedrohung helfen, jeden Preis zahlen würden. Also gibt er an uns weiter, was er im Zuge seiner Tätigkeit über Zellen wie die Jemaah Islamiyah und andere in Südostasien erfährt. Im Gegenzug bekommt er so viele ›Sie kommen aus dem Gefängnis frei‹-Karten, wie er will.«
    »Darum geht es hier also? Einen Informanten zu schützen?«
    »Grundsätzlich ja.«
    »Warum zum Teufel hast du das nicht von Anfang an gesagt?«
    »Ich wollte Ihnen gar nichts erzählen, wissen Sie noch? Aber Sie bestanden darauf. Mir wurde klar, dass es dafür nur einen Grund geben konnte: Sie wollten wissen, ob es die Art von Job war, die Sie annehmen würden. Was mir sagte, dass Sie … ungewöhnlich sind, für einen Scharfschützen.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, dass Sie möglicherweise moralische Skrupel hatten, was die Dinge komplizieren konnte. Also traf ich spontan eine Entscheidung. Ich täuschte Sie.«
    »Du hast mich angelogen.«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich habe nicht gedacht, dass es eine Rolle spielen
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