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Der Khmer-Job

Der Khmer-Job

Titel: Der Khmer-Job
Autoren: Barry Eisler
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Gefühl, dass sie einen Universitätsabschluss in Psychologie absolut nicht nötig hatte. »Ich weiß nicht. Was sollte das sein?«
    »Das weißt du wirklich nicht?«
    Verhielt er sich wie ein Arschloch? Spielte Ratespielchen mit ihr, weil er nicht ehrlich zu sich selbst sein konnte?
    »Doch, vielleicht. Wenn ich dir Geld gebe, definiert das unser Verhältnis zueinander. Ich muss nicht das Gefühl haben, dass ich dir noch mehr schuldig bin.«
    »Und wenn du mit mir schlafen würdest, wäre das anders. Selbst dann, wenn du mich dafür bezahlst.«
    Ihre freimütige Art erregte ihn und machte ihn gleichzeitig verlegen. Er war froh, dass sie gerade keinen Körperkontakt hatten. Und dass sie im schwachen Licht nicht sehen konnte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg.
    »Ich mag dich, Chantrea«, sagte er. »Ich denke, soviel kann ich sagen. Und ich glaube, das ist das Problem.«
    »Warum ist das ein Problem?«
    »Weil ich aus anderen Gründen hier bin. Aus rein geschäftlichen, und ich will die Dinge auf einer professionellen Ebene belassen. Was ich, das gebe ich zu, ursprünglich auch mit dir vorhatte. Aber … ich weiß nicht. Wie gesagt, ich mag dich. Und ich war mir nicht sicher, was du wolltest oder was du von mir erwartest.«
    »Du meinst, du hattest Angst, wenn wir miteinander schlafen, wäre es nicht mehr rein geschäftlich, selbst wenn du mir Geld dafür gibst?«
    »So ist es.«
    »Also besteht dein Problem nicht nur darin, dass es dir widerstrebt, mich zu etwas zu bringen, dass ich nicht wirklich tun will.«
    Verdammt, nicht nur klug, sondern auch unnachgiebig. »Nein. Jetzt, da wir davon sprechen, nicht nur das.«
    Sie sah einen Moment lang beiseite und hob dann den Blick wieder zu ihm. »Ich kann nicht behaupten, dass du dich in irgendeiner Hinsicht irren würdest.«
    »Ich bin nicht sicher, ob mich das unter den gegebenen Umständen wirklich tröstet.«
    »Du bist ein ehrlicher Mensch, Dox.«
    Das tat weh. »Eigentlich nicht. Nein, das bin ich nicht.«
    »Du bist ehrlich, was die wirklich wichtigen Dinge angeht. Und du hast recht. Ich mag dich sehr. Wenn du mit mir schläfst, werde ich wahrscheinlich sehr an dir hängen.«
    Er brachte es nicht fertig, sie anzusehen. Er hatte das Gefühl, dass er sich wie ein selbstsüchtiger, manipulativer Heuchler aufführte. Und er schämte sich, weil seine »Nessie« angesichts der Art, wie Chantrea sich ausdrückte, angeschwollen war. Nicht: »Wenn du mit mir schlafen würdest, würde ich an dir hängen.«Nein, es war nichts Hypothetisches daran. Nur ein geradliniger Wenn-Dann-Vorschlag, und die Wahl lag ganz bei ihm.
    »Aber weißt du was?«, sagte sie. »Selbst das ist es nicht, wovor du wirklich Angst hast. Das nicht.«
    Er sah sie an, zögerte, wollte nicht hören, was jetzt kam.
    »Wovor du dich wirklich fürchtest«, meinte sie, streckte die Hand aus und berührte ihn zart mit dem Handrücken an der Wange, »ist, dass du an mir hängen könntest.«
    Das eine oder andere mochte ihr entgangen sein, aber damit lag sie sicherlich richtig. Und das Einzige, was ihn davon abhielt zu sagen, »Scheiß drauf«, und sie auf der Stelle in die Arme zu schließen, war der Gedanke an den Job, um den er sich morgen Nacht kümmern musste. Er war wegen eines Jobs hier. Es wäre verrückt gewesen, sich auf etwas anderes einzulassen. Soweit durfte er es nicht kommen lassen.
    Um acht Uhr am nächsten Morgen ging Chantrea zur Universität. Unmittelbar danach sah Dox auf der sicheren Website nach. Eine Nachricht von Gant erwartete ihn:
Rubie’s, Ecke 19. und 240. Straße, mittags
. Er überprüfte die Adresse online und sah, dass es sich um eine Art Weinbar handelte. Die Gegend kannte er schon von früheren Erkundungsgängen – eine Ansammlung relativ luxuriöser Häuser und edler Boutiquen. Mit dem Treffpunkt hatte er kein Problem, ein öffentlicher Ort war immer vorzuziehen. Aus einem Impuls heraus googelte er
Rithisak Sorm
. Es gab keinen Wikipedia-Eintrag, aber ein paar Artikel über Haftbefehle und Gesuche, mit denen Uncle Sam die kambodschanische Regierung dazu bringen wollte, ihn wegen Menschenhandels auszuliefern. Die Kambodschaner behaupteten, dass Sorm sich gar nicht im Land aufhielte und sie keine Zugriffsmöglichkeit hätten. Wahrscheinlicher war, dass er Protektion genoss und vorgewarnt wurde. Immerhin, die verfügbaren Informationenerhärteten Gants Geschichte. Es existierten keine Fotos von Sorm – anscheinend hatten die Roten Khmer nicht ganz so penibel Buch geführt wie
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