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Der Kelte

Der Kelte

Titel: Der Kelte
Autoren: Claire Gavilan
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auf dem Absatz kehrt und sah zu, dass er davonkam.
    Alan blickte ihm grimmig nach. „Gesindel“, murmelte er.
    „Du hast ihn beraubt.“ Rose starrte mit einer Mischung aus Ekel und Faszination auf den Geldbeutel in ihrer Hand. In ihren Ohren rauschte es, Adrenalin kribbelte durch ihre Adern.
    „Wir brauchen Bares, um hier unterzukommen“, sagte Alan schlicht. Dann streckte er die Hand nach der Klinke der Gasthaustür aus.
    Rose schob den Raubüberfall von sich. „Warum hast du uns ausgerechnet hierher gebracht?“, fragte sie.
    Er deutete auf den Wildrosenstrauch neben der Tür. „Die Rose wird uns vor Branwen schützen, wenn sie Enora entkommt. Wenigstens eine Weile sind wir hier vermutlich sicher.“ Er straffte die Schultern, zupfte sein Hemd von der Haut ab, sodass nicht sofort zu erkennen war, dass er nach wie vor blutete. Dann betrat er mit Rose im Schlepptau das Gasthaus.
    Eine dickliche Wirtin trat ihm entgegen. Zu Roses Verwunderung verlor sie weder über Alans Verletzung noch über ihren Aufzug ein einziges Wort. Rose wagte nicht, sich vorzustellen, was für Gäste sie sonst wohl hatte. Nach kurzer Verhandlung hatte Alan ein Zimmer gemietet. Als er Rose zu einer Treppe führte und sie dabei an der Wirtin vorbeimusste, musterte diese Rose mit einem Gesichtsausdruck, der irgendwo zwischen Verachtung und Neid pendelte. Vermutlich denkt sie, Alan und ich planen ein Schäferstündchen in ihrem Zimmer , dachte Rose mit einem Anflug von Spott. Bei diesem Gedanken wurde ihr augenblicklich heiß.
    „Komm!“ Alan führte sie zu einer Treppe und hinauf in den ersten Stock. Das Zimmer, das er gemietet hatte, war klein und schmuddelig. Ein großes Doppelbett mit eisernem Gestell füllte den Raum fast vollständig aus und ließ nur noch Platz für einen Schrank, aus dem es intensiv nach Mottenkugeln roch, und einen einzelnen Stuhl.
    Alan schloss die Zimmertür ab, dann wandte er sich zu Rose um. Sein Gesicht war sehr blass, ebenso wie seine Lippen.
    „Leg dich hin!“, bat Rose ihn und schlug die Bettdecke auf. Die Laken wirkten vergilbt und fleckig. Rose verzog das Gesicht.
    Als Alan nicht reagierte, griff sie nach seinem Arm, um ihn zum Bett zu geleiten, aber er entwand sich ihr mit einer Geste, die recht grob wirkte. „Nicht!“
    Sie zuckte zurück, aber dann entschied sie sich dafür, sich nicht von ihm beirren zu lassen. „Du blutest!“, sagte sie streng. „Und ich will mir ansehen, wie schwer deine Verletzung ist. Du legst dich jetzt auf der Stelle hin, oder ich ...“
    Ein schwaches Lächeln glitt über Alans Gesicht und ließ sie verstummen. „Du bist noch immer so energisch wie damals, als ich dich kennengelernt habe.“ Er schien diese Worte augenblicklich zu bereuen, aber als Rose nicht nachfragte, wovon er sprach, ging er zum Bett und ließ sich auf dessen Kante nieder.
    Damals, als ich dich kennengelernt habe.
    Rose unterdrückte den Impuls, ihn zu fragen, wann das gewesen war. Erst mal musste sie sich jetzt um wichtigere Dinge kümmern.
     
    Der Blutfleck auf Alans Hemd bedeckte inzwischen die Hälfte seiner Brust. Rose biss die Zähne zusammen.
    „Lass mich mal sehen!“ Sie trat neben das Bett und machte Anstalten, ihm das Hemd auszuziehen.
    Er schüttelte den Kopf, doch als sie ihn finster anstarrte, begann er, sich selbst zu entkleiden. Das Hemd rutschte über seine Schultern nach unten und entblößte die weiße Haut seiner Brust. Roses Herz begann heftig zu klopfen.
    Noch immer strömte Blut aus der Wunde. Rose sah sich um, entdeckte aber nichts, was sich dazu eignete, das Blut abzuwischen, also riss sie ein Stück Stoff von ihrem Nachthemd ab.
    „Wenn du das noch mal machst“, sagte Alan mit einem leicht spöttischen Tonfall in der Stimme, „kann ich deinen Hintern sehen.“
    „Das hättest du wohl gern“, grummelte Rose. Sie unterdrückte das Kribbeln, das seine Worte in ihr verursachten, und wischte mit ihrem behelfsmäßigen Lappen das Blut von seiner Schulter.
    Alan zog schmerzhaft Luft durch die Zähne.
    Dann lachte er leise. Das Geräusch ging ihr durch Mark und Bein.
    Sie wandte den Kopf und begegnete seinem Blick. Er war ihr sehr nah, und sie schluckte schwer. „Was?“, fragte sie.
    „Nichts!“
    „Das alles hier ...“ Rose wies auf das schäbige Zimmer, dann durch das kleine, schmutzige Fenster, durch das man einen Teil des Himmels und mehrere Schornsteine sehen konnte. Dicker Rauch quoll aus ihnen, der der Umgebung alle Farbe zu entziehen schien. Wenn Rose nur
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