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Der Kelte

Der Kelte

Titel: Der Kelte
Autoren: Claire Gavilan
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das über die steinernen Rosenranken eines Altarsteines rann. Viel Blut. Ihr war unendlich schlecht.
    „Was haben sie dir erzählt?“, fragte Branwen mit flacher, zorniger Stimme. Sie wandte sich zu Alan um, der sich kaum aufrecht halten konnte. Nur die Fesseln hielten ihn davon ab, zusammenzubrechen. Branwen legte den Zeigefinger unter sein Kinn, hob seinen Kopf an. Ihr langer Fingernagel bohrte sich in seine weiche Haut. Seine Augen leuchteten jetzt nicht mehr blau, stattdessen flatterten seine Lider.
    Es zerriss Rose das Herz, ihn so zu sehen.
    „Was hat er dir erzählt?“, fragte Branwen weiter. „Dass er schuld ist an deinem Fluch?“ Sie lächelte, als sie an Roses Gesicht ablesen konnte, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. „Ja, das sieht ihm ähnlich. Er wollte dich schon immer vor allem Schlimmen bewahren. Selbst, wenn das alles hier deine eigene furchtbare Schuld ist!“
    Rose spürte, wie ihre Knie zu zittern begannen. Verzweifelt kramte sie in ihren verschütteten Erinnerungen, aber vergeblich. „Was habe ich dir getan, dass du mich so hasst?“, hauchte sie.
    Da beugte sich Branwen zu Alan herab und küsste ihn auf den Mund. Sehr lang war der Kuss, und als sie von ihm abließ, rann ihm Blut von der Unterlippe über das Kinn. Sein Blick suchte Rose, Verzweiflung lag darin.
    „Was du mir getan hast, Schwesterherz?“ Branwen lachte finster. „Du hast mir den Mann genommen, den ich geliebt habe!“ Und erneut küsste sie Alan, leckte das Blut von seiner Lippe.
    Roses Magen drehte sich um.
    Schwesterherz?
    Sie musste sich am Türrahmen festhalten, um nicht zu taumeln. Branwen war ihre Schwester? Sie suchte in Alans Blick nach einer Antwort auf diese Frage, und sie sah, dass es die Wahrheit war. Ein leises Wimmern entrang sich ihrer Kehle.
    „Alan“, wisperte sie. „Was ...“
    Aber bevor sie weitersprechen konnte, griff jemand nach ihrem Arm. Sie drehte sich nicht um, aber sie hörte Enoras Stimme, die leise sagte: „Wir haben alles, was wir brauchen, Rose!“
    Branwens Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wovon redest du?“
    Enora wich ihrem Blick nicht aus, aber sie antwortete auch nicht.
    „Was geht hier vor?“, murmelte Branwen. Ihr Blick irrte von einem zum anderen.
    Alan hatte sich inzwischen aufgerichtet. Er war blass, Schmerz sprach aus seiner verzerrten Miene, aber da war auch ein Anflug von Triumph in seinem Gesicht. Branwen keuchte.
    „Ihr habt irgendwas vor!“ Plötzlich glitt ein finsteres Lächeln über ihr Gesicht. „Gut.“ Sie wandte sich zu Alan um. „Du bist mein Krieger“, sagte sie. „Und daran ändert nichts etwas, das du heute oder in alle Zukunft tust.“ Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr, das Rose nicht verstehen konnte.
    Sein Kopf ruckte hoch. Seine Augen wurden weit vor Entsetzen.
    Branwen legte den Kopf in den Nacken und lachte triumphierend. „Ich liebe diesen Blick!“, höhnte sie. „Wenn es nach mir ginge, würdest du genau so immer schauen!“ Sie ließ den Nagel ihres Zeigefingers an seiner nackten Brust hinuntergleiten bis zum Gürtel seiner Hose. Eine Flammenspur zeichnete den Weg nach. Alan wand sich, aber diesmal schrie er nicht. Dann endlich trat Branwen zurück.
    „Auf bald!“, säuselte sie.
    Und entmaterialisierte.
     
    Rose überwand ihre Starre. Sie flog zu Alan, und Enora half ihr, seine Fesseln zu lösen. Gemeinsam mussten sie ihn auffangen, und behutsam legten sie ihn auf dem kahlen Lehmboden ab. Er krümmte sich, hustete. Dann klammerte er sich an Rose, und sie wusste nicht, ob aus Verzweiflung oder vor Schmerz. Die Flammenspur, die Branwen ihm zugefügt hatte, verblasste nur langsam. Rose hielt ihn fest, bis die Krämpfe, die ihn erfasst hatten, endlich nachließen. Da schlang er die Arme um sie und zog sie an sich. Sein Mund fand ihre Schläfe, küsste sie.
    „Rose“, flüsterte er. „ Ma Roz ...“ Sein Kehlkopf ruckte. Erneut musste er husten. Rose hielt ihn.
    „Glynis hat die richtige Formel“, erklärte Enora. „Sobald du Branwens Zwang nachgibst und Rose tötest, seid ihr wieder im Jahr 2014, Alan, und könnt Roses Fluch brechen. Das ist eine gute Nachricht!“
    Doch er schüttelte den Kopf. Ganz grau war sein Gesicht jetzt. „Ist es nicht.“ Seine Stimme war rau und tonlos.
    „Warum nicht?“ Rose hörte die Panik in Enoras Worten.
    Da richtete Alan ernst den Blick auf sie. „Weil Branwen eben dafür gesorgt hat, dass wir nicht zurück nach 2014 können.“
     
     
     
    Fortsetzung folgt
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