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Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)
Autoren: John Flanagan
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I m Norden, das wusste er, würden die ersten Winterstürme den Regen vor sich hertreiben, die See in hohen Wellen gegen die Küste drängen und weiße Gischtwolken hoch in der Luft bersten lassen.
    Hier in der südöstlichsten Ecke des Königreichs waren die einzigen Anzeichen des bevorstehenden Winters die in der Luft sichtbaren Atemwölkchen seiner beiden Pferde. Der Himmel war von einem klaren Blau und die Sonne brannte warm auf seine Schultern. Er hätte im Sattel fast einnicken und es seinem Pony überlassen können, sich den Weg entlang der Straße zu suchen, doch seine harten Lehrjahre hatten ihn gelehrt, nie derartig nachlässig zu werden.
    Wills Blick wanderte ständig hin und her, nach rechts oder links, weiter nach vorne und wieder zurück. Ein Beobachter hätte das gar nicht bemerkt, denn der Kopf blieb dabei völlig ruhig. Auch dies gehörte zu seiner Ausbildung: sehen, ohne gesehen zu werden; Dinge bemerken, ohne selbst bemerkt zu werden. Er wusste, dieser Teil des Königreichs war recht ruhig. Aus diesem Grund war ihm auch das Lehen Seacliff übertragen worden.
Schließlich konnte einem neuen und gerade erst ernannten Waldläufer wohl kaum der schlimmste Unruheherd zugeteilt werden. Will lächelte bei dem Gedanken. Die Aussicht, seine erste eigene Stelle anzutreten, war aufregend genug, auch ohne dass er sich wegen eines Überfalls oder eines Aufstands Sorgen machen musste. Er war zufrieden, sich hier in dieser abgelegenen Gegend niederlassen zu können.
    Das Lächeln auf Wills Lippen erstarb, als sein aufmerksamer Blick ein Stück weiter vorn neben der Straße etwas im hohen Gras erspähte.
    Äußerlich ließ er sich das jedoch nicht anmerken. Weder stellte er sich in die Steigbügel, noch richtete er sich im Sattel auf, um besser sehen zu können, wie die meisten Leute es vielleicht getan hätten. Im Gegenteil, er schien noch tiefer in den Sattel zu sinken – scheinbar achtlos, was die Welt um ihn herum betraf. Aber seine Augen, die im Schatten unter der Kapuze seines Umhangs verborgen waren, blickten äußerst aufmerksam. Im Gras hatte sich etwas bewegt, da war er sich sicher. Und jetzt meinte er, dort etwas Schwarz-Weißes zu sehen – Farben, die so gar nicht zu dem verblassenden Grün und dem Rotbraun des Herbstes passten.
    Er war nicht der Einzige, der bemerkte, dass da irgendetwas nicht stimmte. Reißers Ohren zuckten, er hob den Kopf und schnaubte.
    »Hab’s gesehen«, sagte Will leise, um das Pferd wissen zu lassen, dass seine Warnung angekommen war. Daraufhin war Reißer still, nur seine Ohren waren noch aufgestellt. Das Packpferd, das zufrieden hinter ihnen hertrottete,
zeigte keinerlei Interesse an der Umgebung. Aber es war schließlich auch nur ein ganz normales Packpferd und kein sorgsam ausgebildetes Waldläuferpony.
    Das hohe Gras bewegte sich noch einmal. Es war nur eine schwache Bewegung, doch es wehte kein Wind, der sie hätte verursachen können. Will versicherte sich mit einem raschen Blick, dass er seinen Köcher mit einer einzigen Handbewegung erreichen konnte. Sein Langbogen lag bereits gespannt über seinen Knien. Waldläufer reisten nicht mit dem Bogen über der Schulter. Sie hielten ihn stets griffbereit.
    Wills Herz klopfte schneller. Er war jetzt nur noch einige Pferdelängen von der Stelle entfernt. Er erinnerte sich an einen von Walts Ratschlägen: Konzentriere dich nicht nur auf das Offensichtliche. Dein Gegner will vielleicht, dass du genau das tust, damit du etwas ganz anderes übersiehst.
    Nun wurde ihm auch bewusst, dass er sich voll und ganz auf diese Stelle im hohen Gras konzentriert hatte. Schnell ließ er den Blick in die weitere Umgebung wandern, hinüber zu den Bäumen. Vielleicht lagen dort Männer versteckt, die ihn angreifen wollten, sobald seine Aufmerksamkeit abgelenkt war. Räuber, Gesetzlose, Söldner, was oder wer auch immer.
    Zwischen den Bäumen konnte er nichts erkennen, und als er sich betont beiläufig umdrehte, um das Führseil des Packpferdes festerzuziehen, entdeckte er auch hinter sich nichts. Am meisten beruhigte ihn die Tatsache, dass Reißer keine weiteren Warnsignale gab. Hätten sich Männer im Wald versteckt, wäre das Pony nicht so unbeteiligt geblieben.
    Will zügelte Reißer. Das Packpferd ging noch ein, zwei Schritte und hielt dann ebenfalls an. Will ließ die rechte Hand unauffällig zum Köcher gleiten, nahm einen Pfeil heraus und hatte ihn innerhalb eines Sekundenbruchteils an die Sehne gelegt. Er schob die Kapuze zurück.
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