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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin
Autoren: Peter Berling
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ihm doch stehend das Haupt abschlagen! Aber zuvor ging es Baibars um eine ganz andere Frage, die einzige, die ihm ein Anliegen war, eine Frage seiner Ehre, ihm auferlegt vom Roten Falken.
    »Wo sind Roc Trencavel und die Prinzessin Yeza?!«
    Für Kitbogha kam sie überraschend, und er fand sie aus dem Munde des Mamelucken höchst ungebührlich.
    »Was geht Euch das an!«, schlug er jedes Entgegenkommen aus und da er - neben der Verärgerung des Bogenschützen - auch dessen Betroffenheit bemerkte, fügte er triumphierend hinzu: »Sie haben sich der Ehre einer Gefangennahme durch Euch Mamelucken wirkungsvoll entzogen - « Mit dröhnender Lache spottete er über den Emir, aber ebenso über seine eigene Verständnislosigkeit dessen, was geschehen war. »Der Tod erschien ihnen erstrebenswerter!«
    »Ihr habt sie getötet?!«, bedrängte ihn Baibars. »Sagt mir die Wahrheit!«
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    Kitbogha sah seine Stunde kommen. »Ihr sollt mir den Kopf abschlagen, gleich ob ich lüge oder nicht!«, raunzte er den Emir an wie einen Untergebenen und ließ sich auf die Knie fallen. »Ich werde sie wiedersehen - Ihr nicht -
    «
    Das waren seine letzten Worte, Baibars hatte nicht länger an sich gehalten, angesichts seines Gefolges, dass ihn umstand, musste er der Sache ein Ende bereiten, eigenhändig. Das Haupt Kitboghas sprang in den Sand.
    WÄHRENDDESSEN RITTEN BAITSCHU, der jüngste Sohn des Kitbogha, und Yves der Bretone, der
    Sonderbotschafter des Königs von Frankreich, durch die Hügel auf die christliche Hafenstadt Akkon zu, wo sie sich einschiffen wollten, um die terra sancta ein für alle Mal zu verlassen und um heimzukehren in die Bretagne, wohin sich Herr Yves zurückziehen wollte, um Bücher zu lesen und dem Schwert zu entsagen.
    »Ich weiß nicht, Baitschu«, wandte sich der bedächtige Bretone an seinen jungen Knappen, »ob ich der Richtige bin, das Verlangen deines Vaters zu erfüllen, das auch der letzte Wunsch der Prinzessin war, dich zu einem Ritter zu erziehen? «
    Baitschu schien von der Eröffnung nicht enttäuscht. »Viel lieber würde ich lesen lernen«, bedachte er sich,
    »diese Chronik, an der William von Roebruk schrieb, wo er ging und stand - ich möchte gern alles wissen, über Yeza und Roc!«
    Yves lächelte versonnen. »Dann hätten die wilden Aufzeichnungen des Franziskaners doch einen Sinn, auch wenn sie nicht die Ordnung und Belehrung aufweisen, die seine Auftraggeber sich erhofft hatten!« Dem Bretonen gefiel der Gedanke, je länger er darüber nachsann, ausnehmend gut. »Eine neue Jugend kann daraus gewiss lernen, sich nicht von den alten Drachen der Macht, wie Krieg und Religion, widerspruchslos beherrschen zu lassen, sondern eigene Wege zu gehen!«
    Baitschu hörte sich diese Eloge wortlos an, nur einmal schaute er kurz erstaunt auf zu dem Mann, dem seine Erziehung an-496
    vertraut worden war. So ritten sie dann schweigend weiter - in der Ferne konnte man schon das Meer in der Bucht von Akkon erkennen.
    WENIGE TAGE NACH SEINEM SIEG zog der Sultan in Damaskus ein, binnen Monatsfrist war auch Aleppo
    zurückgewonnen. Das angrenzende Fürstentum von Antioch blieb nur verschont, weil der Il-Khan, der selbst nicht eingreifen konnte - die Herrschaftsfrage in der Mongolei war immer noch ungeklärt -, wenigstens Truppen schickte, die den Norden Syriens für die Mongolen sicherten. So blieb den Mamelucken vorerst auch verwehrt, König Hethum von Armenien oder seinen Schwiegersohn für ihre offene Parteinahme zu strafen.
    DAS KLEINE LAGERFEUER war schon weitgehend heruntergebrannt, es herrschte eine dieser sternenklaren Nächte des Frühherbstes, in der sich der Sommer noch nicht entscheiden will, ihr seine aufgespeicherte Wärme gänzlich zu entziehen. Drei Männer hockten um die verglimmende Glut, zwei ältere und ein Knabe. Zu Yves dem Bretonen und Baitschu hatte sich Arslan der Schamane gesellt, sein Bär ruhte abseits irgendwo im Schatten der Felsen. Die Nacht war hell genug, um erkennen zu können, dass nicht mehr die Hügel vor Akkon die umgebende Landschaft darstellten, sondern dass diese längst den schroffen Gebirgszügen des nördlichen Syriens gewichen waren.
    »Kaum mehr als eines Tages Ritt von hier«, Arslans weiter Kaftanärmel wies gen Westen, »könntet Ihr auf die Küste bei Antioch stoßen und über das Meer heimkehren in das Land der Franken«, wandte er sich an den Bretonen, »doch viele Wochen wäret Ihr unterwegs, wenn Ihr Euch aufmacht, die Seinsform zu erreichen, die ich Euch
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