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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin
Autoren: Peter Berling
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sie streifte auch mich, ich fühlte mich angesprochen. »Wollt Ihr mir zumuten, mich jetzt mit einem anderen Mann zu vermählen -
    oder als allein kämpfende Witwe alt und grau zu werden! ? Um was noch zu erreichen? Ich habe alles gehabt, ich bin in meinen besten Jahren - und darum gehe ich jetzt.« Die Königin verneigte sich vor ihren Zuhörern.
    »Und nun lasst mich bitte allein mit meinem Geliebten.«
    Ich stand mit dem alten Kitbogha und dem Bretonen vor dem Zelt. Wir waren ratlos. Yezas Entschlossenheit hatte uns alle überrascht, überrollt. Die Wachen und die Unterführer und dahinter eine unzählige Menge von einfachen Soldaten umstanden uns und das Zelt in respektvollem Abstand.
    »Das kann sie uns doch nicht antun?!«, jammerte ich unbeherrscht. »Sie weiß doch, wie wir alle sie lieben und verehren!«
    Yves ging darüber hinweg, er wandte sich an den Feldherrn. »Ich weiß nur, dass die Prinzessin sich unnachgiebig zeigen wird.«
    Der Alte nickte gramgefurcht. Das war in dem Moment, als der Derwisch Jalal al-Sufi mit der Karawane eintraf, die den Kelim mit sich führte. Mir war dieses Zusammentreffen nicht geheuer, auch der Bretone war von dem unerwarteten Wiederauftauchen des verfluchten oder zumindest verwunschenen Teppichs sichtbar unangenehm berührt. Einzig Kitbogha sagte die schwere Rolle, die von den Kamelen in die Mitte unseres Kreises getragen und abgelegt wurde, rein gar nichts.
    »Was soll das?!«, bellte er ungehalten die Wachen an, die den Derwisch durchgelassen hatten.
    »Das ist das lang erwartete Geschenk von Lulu«, der Bretone
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    hatte seinen Sarkasmus wieder gefunden, »des unseligen Atabeg von Mossul - wenn Ihr Euch erinnern wollt?!«
    Kitbogha war verwirrt und wollte ungehalten die Karawane des Platzes verweisen, da kam Baitschu gelaufen, das verunsicherte seinen Vater noch mehr, denn der Filius hatte sich bislang noch nicht getraut, sich zurückzumelden. Doch anstatt seinen Vater zu umarmen, was der erwartet hatte, rief der Knabe: »Die Prinzessin wünscht Euch zu sprechen - und ebenfalls Jalal al-Sufi!«
    Wir folgten Baitschu in das Zelt, Yeza stand inmitten des Raumes und hatte wohl die Ankunft des Kelims mitbekommen.
    »Setzt Euch bitte«, forderte sie uns auf, und folgsam kamen wir der Einladung nach, keiner wollte die Prinzessin reizen, im Gegenteil Hoffnung kam auf, es könne sich doch noch alles zum Guten wenden.
    »Nach Rang und Würde«, sprach sie Kitbogha an, »bin ich als Prinzessin der Mongolen den Gliedern des Herrscherhauses gleichgestellt?«, lautete ihre erste Frage, die ihr der Feldherr eifrig bestätigte.
    »Für unser Volk seid Ihr im Besitz der gleichen Rechte wie die erhabene Familie der Dschingiden!«
    Yeza quittierte diese Feststellung mit befriedigtem Lächeln -was mich wunderlich ankam! »Es gilt für alle Dschingiden das unantastbare Gesetz«, fragte sie zügig fort, »dass keines Menschen Hand sie zu Tode bringen darf, nicht einmal bei Hochverrat oder anderen schlimmen Verbrechen?«
    »Gewiss!«, entfuhr es Kitbogha voreilig, denn er ahnte immer noch nicht, wohin Yeza ihn führen wollte, mir
    schwante es bereits, und er erfuhr es jetzt. »Deswegen wird ihnen im Falle eines Schuldspruchs das Leben mittels eines Teppichs genommen, die Hufe der über ihn hinweg Reitenden bringen dem - oder der Verurteilten den Tod!«
    Der Alte war vor Entsetzen sprachlos, auch Yves war zur Salzsäule erstarrt. Einzig der Derwisch hatte noch nicht begriffen, dass es um Yeza selbst ging.
    »Wohin ich gehen soll, ich weiß es nicht, noch was zu tun? Still an Deiner Seite zu sitzen, gibt mir keinen Trost -
    Hin Lehen ohne
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    Dich, scheint mir unmöglich!« Jalal sprach sehr leise und mehr zu sich selbst, zumal ihm auch kaum jemand Beachtung zu schenken gewillt war. »Ich schreie und ich verbrenne in diesem Schrei - ich schweige und ich verbrenne in diesem Schweigen - «
    Yeza bedachte den Vortragenden der Verszeilen mit einem flüchtigen Lächeln, das ihrer Verehrung für den von ihr glühend verehrten Sufi-Dichter Ausdruck geben sollte, mehr aber jetzt nicht.
    »Wir haben uns verstanden?!«, wandte sie sich mit der gleichen lächelnden Verbindlichkeit an ihren alten Freund Kitbogha. Der konnte nicht anders, als ihr sein Einverständnis zuzunicken. »Ich will mich heute schon von Euch verabschieden«, sagte sie dann zu Yves, dessen Gesicht seit der gefällten Entscheidung zusehends maskengleicher geworden war, dennoch raffte er sich zu einer Erwiderung auf.
    »Ich danke
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