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Der Kater läßt das Mausen nicht

Der Kater läßt das Mausen nicht

Titel: Der Kater läßt das Mausen nicht
Autoren: Charlotte MacLeod
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normalerweise erste Aufgabe des Detektivs ist: die »Clues« zu
entdecken und zusammenzutragen, die sich einer vorschnellen Deutung
widersetzen. Erst durch Mrs. Lomax’ scharfsichtige Beobachtungsgabe und deren
nicht minder scharfzüngige Wiedergabe entsteht überhaupt ein Geheimnis um
Ungleys Ableben und damit ein »Fall«.
    Daß sie ihre Beobachtungen nicht Fred
Ottermole mitteilt, sondern Professor Peter Shandy, für den sie seit dessen
Junggesellentagen als Zugehfrau arbeitet, versteht sich von selbst. Schließlich
hat sich der Fachmann für Pflanzenzucht am angesehenen Landwirtschaftlichen
College von Balaclava County in drei vorhergehenden Fällen den Ruf erworben,
der Philo Vance von Balaclava zu sein und damit die Nachfolge von S. S. van
Dines legendärem Superdetektiv, dem ersten literarischen Amateurdetektiv der
USA, angetreten zu haben.
    Hatten die ersten beiden
Balaclava-Romane Charlotte MacLeods im wesentlichen das College zum Schauplatz,
so geht nun die in »Über Stock und Runenstein« begonnene Erkundung des
Countys weiter.
    Liegen College wie County nach der
Versicherung der Autorin im Vorspann zum vorliegenden Roman auch nur in einer
»Raumtasche irgendwo zwischen der Phantasie der Autorin und ihrer
Schreibmaschine«, so hat diese »Parallelwelt« doch durchaus Anteil an der aktuellen
Entwicklung Massachusetts’ und der USA. Schon im vorangehenden Roman war der
Kampf der traditionellen bäuerlichen Kleinbetriebe des Staates gegen die
Großbetriebe und gegen die Baulöwen geschildert worden, die nach
»Entwicklungsland« suchen, auf dem sie nach amerikanischem Brauch ganze
Kleinstädte mitsamt kommerzieller Infrastruktur binnen weniger Monate aus dem
Boden stampfen und schlüsselfertig verkaufen können. Shandys Detektionsarbeit
in »Über Stock und Runenstein« hatte ganz konkret der Rettung eines
bäuerlichen Familienbetriebs vor dieser »Entwicklung« gedient.
    Und nun steht ein Großangriff aus
dieser Richtung bevor. Während Peter Shandy schon alle Mühe hat, seine gerade
aufgenommene Detektionsarbeit mit seinen Lehrverpflichtungen in Einklang zu bringen,
erhält er einen Spezialauftrag von Präsident Svenson persönlich: Der
gigantische Choleriker, von dem man weiß, daß sein Großvater ein Walfänger war,
und von dem man vermutet, die dazugehörige Großmutter sei ein Mörderwal
gewesen, steckt in Schwierigkeiten, aus denen ihn und das College kein
Wutausbruch herausbringen wird.
    Um das zu erklären, muß man etwas
ausholen: Wie viele amerikanische Colleges ist auch Balaclavas
Landwirtschaftsschule ein unabhängiger Wirtschaftsbetrieb, der sich selbst,
wenn auch durchaus mit Unterstützung freiwilliger Spender, tragen muß. Und wie
ähnliche Institutionen in der Wirklichkeit hat es die Hauptfunktion, der Region
zu dienen, in der es liegt. Aus ihr kommen seine Studenten, in sie werden sie,
hoffentlich optimal für den Überlebenskampf des Farmers in der heutigen Zeit
ausgerüstet, eines Tages zurückkehren. So hat das College auch eminent
politische Funktionen und bezieht unter anderem dezidiert Stellung in den
Wahlkämpfen des Countys und des Staates.
    Genau hier liegt Präsident Svensons
Dilemma: Wie für jeden amerikanischen Leser beim Erscheinen des Originals 1983
klar war, handelt es sich bei den unmittelbar bevorstehenden Wahlen um die
ersten »Midterm Elections« der Ära Reagan im Herbst 1982, bei denen außer den
lokalen Wahlen und den Wahlen für den Staat auch die Wahlen eines Teils der
Abgeordneten für den Kongreß in Washington stattfinden. Und offensichtlich
wollen die wirtschaftsliberalen »konservativen« Republikaner die politische
Großwetterlage ausnutzen, um mit viel Geld einen der ihren anstelle des
bisherigen sozial-liberalen demokratischen Repräsentanten Peters, der sich der
ungebrochenen Unterstützung des College und seiner Klientel sicher sein kann,
im traditionell demokratisch wählenden Massachusetts durchzusetzen.
    Ausgerechnet die jetzige
Wahlkampfleiterin des Republikaners ist es gewesen, die vor wenigen Jahren
erfolgreich eine Kampagne zur Finanzierung einer neuen Siloanlage für das
Landwirtschafts-College durchgeführt hat, als es dem College durch Überbrückungskredite
an Kleinlandwirte während einer Rezession an Liquidität mangelte. Ihre
unbestreitbaren Verdienste sollen jetzt das Eintrittsbillett zum Wahlkampf
ihres Kandidaten auf dem Campus sein und so Peters’ Hochburg wenn nicht gleich
stürmen, so doch zumindest schweren Schaden zufügen, indem
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