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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman
Autoren: Hans Fallada
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also … nein: ich sage nichts. Ich drehe mich so durch, aber seltsam bleibt es doch, denn …«
    »Wieso seltsam? Eine Kriegslist …! Wir gehen zusammen hin?«
    »Ja, jetzt gehen wir beide zusammen …«
    »Und wir werden ja sehen, wie es wird …«
    Sprechen … sprechen … sprechen …
    Reden polierte Hoffnung noch einmal neu.

72
    »Höflich, Arne, verrate dich nicht! Höflich. Höflich. Höflich! Nicht stolz wie sonst!«
    »Verraten … mich …?«
    So das Flüstern auf der Treppe, in das Klingelgequäks hinein. War aber höflich nicht: schon, da er missmutig sich niederließ, ekelnden Blick zu Schaffner schoss, vor Empörung Flammen der Augen, – und nur leicht erhellt war sein Gesicht, als Irene mit Ilse eintrat, Freundinnen, Arm in Arm, suchäugige, zagäugige dann. Zweifelnde, beide an beiden …
    (›Was wird kommen …?‹)
    Und da die ersten Worte hinrollten – eifernd üble Ahnungslosigkeit –, fühlte Kai angstvoll das Zittern in diesem, hörte kaum gebändigten Stimmklang in herb geworfenem Zwischenruf: »Weiß ich!«
    »Nun ja!«
    »Und? He? Und?«
    Wuchs da auf in Kai –: duckerig kam Lust, Kopf an Kopf es zu flüstern in horchendes Ohr: ›Mein Leben reden sie. Kein Wort, das nicht mein Leben meint …‹
    Und gelang doch nicht einmal, den Blick Arnes zu fangen, zu mahnen, so dass Kai die Hände vorschlug, das Haupt neigte und über sich hinströmen fühlte, immer neu eisig, Fortgang der Worte. Zweifelhaft blieb das Ende doch … ›Doch muss Rettung sein, nicht? Es ist unmöglich: jetzt ist noch Hoffnung und eigentlich Gewissheit des Lebens, sicher dem Atemzug … Zeitliches noch nicht begrenzt. Und nun, plötzlich!, rascher Satz, flackerndes Gefühl, Augenblitz, und abgeschnitten ist alles, dann heißt Leben nur noch Sterbengehen, und die sitzen, stehen, hocken, sind Beichtempfänger geworden? Mir?! Ich auf den Knien? Hier? Schande? Gespei? Nur noch das? Ich kann es nicht glauben, mein Leib glaubt’s nicht, auch nicht mein Herz. Atmet schon Abgesang? Hoffnung! Freude! Hoffnung! …
    Lässt nicht zuschanden werden, also!‹
    »Sehr verbunden!« Schütt grinste zurück. »Unwissend jedoch, warum mir die Ehre dieses Berichts.«
    »Hoffnung – mein lieber Schaffner, jetzt ich! –, dass Sie wüssten, etwa den Schreiber …?«
    Und so harmlos hühnergegackrig, lämmermild, so taubenfromm umhängte der fragende Mutterblick die Stirn Arne Schütts.
    »Das ehrt ungemein! Zutrauen, gewiss. Doch habe ich, gewohnheitsmäßig wenigstens nicht, Beziehungen zu solcher Anonymität.«
    »Aber … vielleicht …?« Sie fuchtelte Schaffner zur Ruhe. »Ausnahmsweise? Ein Zufall vielleicht?«
    »›Süße Flöte hinterm Berge‹, singt so nicht Li Taipe?«
    »Ich sage: nein, gnädige Frau, und …«
    »Vielleicht erlauscht …?«
    »… und lausche auch nicht an Wänden, worin ich mich,wie einst Goedeschal mir erzählte, einig mit gnädiger Frau weiß …«
    »Wie …? Ach so! Gewiss …«
    Und das Gespräch stand, da nun Arne mit kriegerischer Maske steilstumm dasaß, auf Frau Lorenz’ Gesicht eben noch blühendes Lächeln von saurer Lauge übergossen hinschwand, Schaffner voll Empörung über schlechte Diplomatie rastlos Verantwortung von den Schultern zum Winkel hinabwarf und die jungen Mädchen betreten, doch unbeteiligt blickten.
    Stand das Gespräch, ging nur noch Pendelschlag der Uhr, rastloser Wanderer, unwahrscheinlichem Tode zu. Knackte leise ein Stuhl oder knirschend rieb ein Schuh. Bis Kai entdeckte, dass das Muttergesicht sich umschuf, sonnengleich durchbrach bekannte Härte eine nie gewusste Weichheit; sie, die Gefestigte, ward hilflos, und gefahrvoller nun ist der schwimmende Blick, der Arne trifft, da Stimme, auch unbekannt, spricht: »Verzeihen Sie, Herr Schütt, einer Mutter, die jeden Ausweg such …«
    »O ja, gewiss …«
    »Sie wissen nicht, was das ist, diese Briefe … an sein Kind, die eigene Tochter …«
    »Aber ich verstehe …«
    »Nein, nein, das können Sie nicht. Diese Qual. Nacht um Nacht. Der Briefträger dann. Und Sie kennen die Briefe nicht, haben nur davon gehört …«
    »Freilich …«
    (›Lass dich nicht fangen, Arne! Pass auf! Sei wach!‹)
    »Wäre ein Ende zu sehen, ich würde schweigen, trüge das Letzte, weil es das Letzte eben ist. Doch so, jeden Tag mehr, schlimmere …«
    (›Aber nein …!‹ Und Kai sah, dass auch jener dessen dachte,dass sie nun log. Briefe beschwor, die nie geschrieben, Spiel bemäntelte …)
    So trocken klang es: »So … ja …«
    »Aber
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