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Der junge Goedeschal - Roman

Der junge Goedeschal - Roman

Titel: Der junge Goedeschal - Roman
Autoren: Hans Fallada
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Augen wie Welt …
    »Liebe wohl, die nicht trifft, die vorbeischießt: Liebe doch …«
    Schien da unmöglich zu gehen ohne ein Wort diesem Liebenden, setzte es nieder wieder, das Rad, tastete wie träumend sich aufwärts, und stumm murmelnd formten die Lippen schon den Brief, der erklärte.
    Saß, grübelte, setzte an, schrieb …
    Hand sank ihm doch wieder fort: »Nein, keine Erklärung. Nur von der Liebe zu sprechen, von Leiden, von Abschied …«
    Nun schrieb er hastend, und der Geruch der Weite war’s, diese sommers gerochenen Nadelholzdüfte, Wandeln der Straße ins Horizont, das doch über all dies erhöht stand. Nichts zu erklären, kein Mittel zu bessern, keine Einkehr zur Ruhe als dies.
    Und da er den Brief verschloss, sprach Pflicht auch von jener Gekränkten, Ilse, und wieder schrieb er und schrieb …
    Schrieb … schrieb …, bis die Tür aufging … und der Umfahrende ihn sah: Arne!
    Schrie: »Geh! Geh! Lass mich in Ruhe nur jetzt …!«
    Stand am Fenster, hastig atmend, und das Gesicht bedrängt von Angst; doch, Arne, weich, beschwörend, tratnäher, sprach vieles, Worte nur, Kai haschte kaum Sinn: »Sterben unmöglich, unnütz … alles verzeihlich … meine Mutter weiß nun … sie sitzt unten bei deinen Eltern … bereitet vor …«
    Da schrie Kai!
    Und sein Schrei war’s, der die Glieder ihm weckte. Brach an jenem vorbei, riss die obere Tür, die nie benützte, sich auf, stand an der Treppe, hörte hinter sich Ruf: »Herr Staatsrat! Herr Staatsrat!«
    Sprang abwärts: Freiheit! Straße nur! – bog ums Geländer –.
    Da stand der Vater, breitend die Arme, hob das Gesicht zu ihm auf und wortlos die Augen auf ihn – stand, Arme gebreitet, wortlos die Augen auf ihn –.
    »Vorbei!«, schrie es. »Kraft …«
    Aber er konnte nicht, stürzte hin, Weinen brach aus ihm, ein endloser Fluss; lag verkrümmt; Menschen; ward gehoben; hörte den Mutterschrei: »Nehmt ihm doch nur den Revolver! Den Revolver!«
    Da fraß ihn Bitterkeit vom Scheitel zur Zehe: Hass. Lachen. Gemeinheit. Fremdtum dieser. (»Revolver! Revolver!«)
    Und fühlte in diesem Schrei: nichts sei zu Ende, alles wie je: Liebe, Hass, Einsamkeit, Qual; alles neu zu beginnen …
    Und weinte. Und weinte.

Informationen zum Buch
    Zwischen 1917 und 1919 schrieb Rudolf Ditzen in Berlin diesen ersten Roman, der 1920 unter dem Pseudonym »Hans Fallada« veröffentlicht
     wurde und die Grundlage für sein literarisches Werk bildet. Die frühe Prosa überrascht durch ihre expressive und eigenwillige Diktion. Das ausgezeichnete
     Gespür des Autors für Dialoge und sein Talent, glaubwürdige Charaktere zu erschaffen, treten bereits deutlich zutage. Besonders auffällig ist die stark
     ausgeprägte autobiographische Dimension: Sowohl Handlungen als auch Figuren gehen auf Eindrücke des jungen Fallada zurück.

Informationen zum Autor
    R UDOLF D ITZEN alias H ANS F ALLADA (1893 –1947), Sohn eines hohen Justizbeamten, zwischen 1915 und 1925 Kassenverwalter auf Rittergütern, Hofinspektor, Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler, Verlagsangestellter. Der vielfach übersetzte Roman »Kleiner Mann – was nun?« (1932) machte Fallada weltberühmt. Sein letztes Buch »Jeder stirbt für sich allein« (1947) avancierte rund sechzig Jahren nach Erscheinen zum internationalen Bestseller. Weitere Werke sind u. a.: »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Geschichten aus der Murkelei« (1938).
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