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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Cornelia Read
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nehme ich an«, sagte ich. »Was gibt es Neues bei dir?«
    »Darling, stell dir vor, ich habe geheiratet!«
    »Halleluja.«
    Sie blies eine Rauchwolke in die Sprechmuschel. »Letzten Samstag, um genau zu sein. Ich fand, es war überfällig.«
    »Und wer ist der Glückliche?«
    »Antonini war nicht in der Stadt, also habe ich den Finger in mein Adressbuch gesteckt und bin bei Christoph gelandet.«
    »War das der Polospieler oder der mit dem Bugatti?«
    »Christoph ist der Schweizer.«
    »Es gab einen Schweizer?«
    »Ich habe ihn mal auf einen Drink mitgebracht, in dem Sommer, als du in diesem winzigen Loch Ecke Park Avenue und Eighty-ninth Street gewohnt hast. Der Kerl, der sagte, er hätte noch nie so ein dreckiges Bad gesehen.«
    »Ich dachte, damals warst du hinter Prentice her.«
    »Hilfe! Dann hätte ich nach Boston ziehen müssen, oh Graus.«
    »Die Schweiz gefällt mir«, sagte ich. »Käsefondue. Dreisprachige Untertitel. Kaum Vorspiel, soweit ich mich erinnere, aber ausgezeichnete Ergebnisse. Herzlichen Glückwunsch an ihn, und dir alles Gute.«
    »Es war lustig. Wir haben ein Flugzeug nach Southampton gechartert.«
    »Der letzte Ort, an den es mich zieht, aber was soll’s.«
    »Und wie macht sich Dean?«, fragte sie.
    »Gut, danke. Er sucht Arbeit.«
    »Ist er nicht Erfinder oder so was?«
    »Oder so was.«
    »Ich habe Mummy erzählt, du hast einen Möbeltischler geheiratet.«
    Ich lachte. »Wie hat sie es aufgenommen?«
    »Oh, sie sagte: ›Wunderbar, wie David Linley, der Neffe der Queen.‹«
    Ich prustete los.
    »Lach nicht, Madeline«, sagte Astrid. »Solche Dinge muss ich Mummy schonend beibringen. Sie ist der Realität nicht gewachsen.«
    »Trotzdem. Die Vorstellung, ich könnte jemanden geheiratet haben, der einem von Princess Margarets Sprösslingen auch nur entfernt ähnlich ist, ist verdammt komisch, gib’s zu.«
    Ich hörte Astrids Feuerzeug klicken, als sie sich eine neue Marlboro anzündete.
    »Ach, und Camilla hat natürlich nach dir gefragt«, fuhr sie fort.
    Im Sarah Lawrence College hatte sich das Miststück Cammy genannt, und ich hatte den Fehler gemacht, sie Astrid vorzustellen.
    »Und, wie geht es unserer lieben Chlamydia?«, fragte ich ohne einen Funken von Interesse.
    »Blond«, antwortete Astrid. »Sehr, sehr blond.«
    »Das habe ich gesehen. Irgendein Schnappschuss in Town and Country , wenn ich mich recht erinnere – was zeigt, was für eine miese neureiche Schlampe aus ihr geworden ist. Abgesehen davon, dass sie mir die Nase geklaut hat.«
    »Sei gnädig. Der Zinken, den die Natur ihr mitgegeben hat, war wirklich grässlich.«
    » Meine Nasenflügel auf irgendwelchen B-Listen-Eurotrash-Galas an dieser widerlichen Nescafé-Society-Kuh? Sie sollte sich wenigstens eine Plakette an die Oberlippe nieten lassen, auf der steht, wem das Original gehört.«
    »Und Camilla redet immer so gut von dir«, sagte Astrid und lachte mit leichtem Raucherhusten.
    Ich schnaubte ins Telefon.
    Unverdrossen fuhr sie fort: »Camilla vergöttert dich. Neulich erst hat sie zu mir gesagt: ›Ist es nicht schrecklich tragisch, das mit Madeline? Sie hätte so witzig sein können, wenn sie bloß nicht so arm wäre.‹«
    Ich seufzte. »Diese Eiterbeule. Für die Nase schuldet sie mir Lizenzgebühren.«
    »Ich sage Christoph, er soll deinem Mann einen Job geben – wie wäre das? Christoph hat eine kleine Firma. Draußen in New Jersey.«
    »Du kannst mich mal, Astrid.«
    Sie lachte. »Ach, komm schon, die beiden sollen sich wenigstens mal kennenlernen. Ich meine, wer hätte gedacht, dass du und ich mal verheiratet sein würden, und dann auch noch gleichzeitig? Wir müssen unbedingt was trinken gehen – am besten schnell, bevor es eine von uns verbockt.«
    »Ich verlange Absinth.«
    »Perfekt. Mittwochabend.«
    »Du erfreust mein kleines schwarzes Herz«, sagte ich.
    »Kling-klong, kling-klong.«
    »Genau.«
    »Ciao, bellissima«, schnurrte sie und legte auf.

4
    Der Mittwoch fing an wie ein Film von Capra und endete wie einer von Polanski.
    Durch unser stuckverziertes Portal verließ ich das Haus und schlug den Weg zum Union Square ein, meiner U-Bahn-Station – wie üblich zehn Minuten zu spät.
    Meine Mitbewohner hatten mich beim Aufbruch überholt, obwohl sie alle morgens duschten, was ich im Halbschlaf – die Wasserleitungen verliefen in der Wand hinter meinem Kopf – als passiv-aggressive Demonstration moralischer Überlegenheit interpretierte.
    Ich hieb immer wieder auf die Schlummern-Taste und
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