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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann
Autoren: Åke Edwardson
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oder im Land, soviel ich weiß.«
    »Wo hat er denn gewohnt?«
    »Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht mehr.«
    »Ist er im Ausland?«
    »Es scheint so.«
    »In welchem Land?«
    »Ich hab keine Ahnung.«
    »Wie heißen Sie?«, fragte Johnny.
    »Kers…tin. Kerstin Johansson.« Die Frage schien sie zu überrumpeln.
    »Darf ich Sie wieder anrufen? Falls mir noch eine Frage einfällt.«
    »Das ist sinnlos«, sagte sie wieder, »ich weiß nicht mehr.«
    »Ich geb Ihnen meine Telefonnummer.«
    »Es ist sinnlos. Ich weiß nicht mehr. Das ist die Wahrheit.«
    »Ich gebe sie Ihnen für alle Fälle«, sagte er und nannte sie ihr, eins, zwei, drei, vier, fünf Ziffern, aber während er das tat, wusste er, dass er nicht da sein würde, wenn sie anriefe.
     
    Er fuhr durch die langen Straßen der Stadt. Die Adresse stand auf einem Zettel, der neben ihm lag. Wer eine Telefonnummer hatte, hatte auch eine Adresse.
    Unterwegs war er nah daran gewesen umzukehren, auf halbem Wege. Er war zwei Stunden gefahren, und hinter seinen Schläfen hämmerte es genau wie im Motor des Duett. Er hatte auf einem Rastplatz angehalten, der sich golden nannte, Die goldene Rast. Im Café hatte er eine Flasche Vichy-Wasser getrunken. Ganz hinten im Lokal hatte eine stumme Jukebox gestanden, eine abgenutzte AMI. Sie gehörte nicht ihm. An der Vorderfront klebte ein Zettel. Er war hingegangen und hatte gelesen, dass die Jukebox kaputt war, und er hatte Lust bekommen, sie zu reparieren, so lange wie möglich hier zu bleiben.
    In diesem nördlichen Teil der Hauptstadt waren alle Straßen lang. In der richtigen Straße musste er mehrmals hin und her fahren, bis er eine Parklücke fand.
    Im Treppenhaus roch es nach Staub und Steinen, den Steinen der großen Stadt. Der Fahrstuhl war unten, aber er ging die Treppen zu Fuß hinauf. Es war kühl. Die hohen, schmalen Fenster ließen gelbes Licht herein.
    An der Tür stand ein Name, aber er las ihn nicht. Wieder hämmerte es in seinem Kopf. Plötzlich fühlte er sich wie in einem Traum. Da war seine Hand, die sich ausstreckte, sein Finger, der auf den Klingelknopf drückte. Drinnen klingelte es, ein dumpfer widerhallender Ton, es klang, als würden die Klingelsignale in der Wohnung umkehren und zur geschlossenen Tür wieder herauskommen. Er drückte wieder auf den Knopf, lauschte wieder den Signalen, wartete, bis sie verschwanden, nahm den Schraubenzieher aus der Innentasche seines Jacketts und steckte ihn ins Schlüsselloch. Er hörte, wie der eine Niet zerbrach, und innerhalb von fünfzehn Sekunden gab der Schlosskolben nach. Er drehte sich um. Das Geräusch war wie ein Pistolenschuss gewesen. Er öffnete die schwere Tür, ging hinein und schloss sie hinter sich. Das Schloss hatte er nicht zerstört. Er stand im Halbdunkel und lauschte, hörte sein eigenes Atmen und ein fernes Brausen der Stadt vier Stockwerke tiefer. Schwaches Tageslicht vom hintersten Zimmer erhellte die Diele halbwegs. Er sah Fenster mit zugezogenen Vorhängen. Sie hatten dieselbe blasse Farbe wie das Morgendämmern. Er ging ein paar Schritte und sah das Telefon auf einer schweren Kommode linker Hand. Als er daran vorbeiging, war er sicher, dass es in der Stille anfangen würde zu klingeln. Er würde den Hörer abheben und seine eigene Stimme hören.
    Er ging von Zimmer zu Zimmer, es waren drei. Die Küche war der hellste Raum der Wohnung. Plötzlich hörte er Geräusche wie Schläge und sah auf den Hof hinunter. Eine Frau klopfte einen Teppich auf einer Klopfstange. Ein kleiner Junge saß still auf einer Schaukel und sah ihr zu. Ein Mädchen, einige Jahre älter als der Junge, fuhr auf einem Fahrrad um die Frau und den Jungen herum. Johnny hörte keine Stimmen.
    Im Schlafzimmer öffnete er die Tür zu einer Garderobe. Dort drinnen war es dunkel. Er tastete nach einem Lichtschalter. Er tastete nach Spuren. Er wusste, dass es in dieser Wohnung Spuren gab. Es war ein Sinn darin, dass er in die Hauptstadt gefahren und hier eingebrochen war. Hier hatte Seved gewohnt. Er musste etwas hinterlassen haben. Es gab keine Beleuchtung in der Garderobe, aber seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. In der hintersten Ecke erkannte er die Umrisse von etwas. Er trat näher zwischen Kartons und Kleidung, die an Kleiderbügeln hing. Es war ein hoher, schmaler und besonders geformter Schrank, den er kannte. Der Schrank gehörte Seved. Er hatte in dem Haus gestanden, in dem sie als kleine Kinder gewohnt hatten.
    Johnny ging näher. Der Schrank war
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