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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann
Autoren: Åke Edwardson
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Wärme des Tages dampften, und der Dunst, der im Sonnenuntergang aufstieg, ließ den Horizont im Norden wie einen Waldbrand flammen.
    Johnny Bergman fuhr mit heruntergelassenen Seitenfenstern. Der Abend duftete. Er sah einen Hasen am Straßenrand innehalten. Die Scheinwerfer seines Duetts waren ungefähr genauso schwach wie das Licht der Dämmerung, aber der Hase war im Licht gefangen und blieb sitzen, während Johnny vorbeifuhr, ein Zuschauer. Und er war ja auch ein Anblick: Der Duett mit offener Kofferraumklappe wegen der Jensen J-80, Ersatz für die Wurlitzer, die Morén in seinem Strandcafé draußen hatte stehen lassen. Die Platten hatten sich verzogen. Herr im Himmel.
    Er musste Morén zeigen, was er davon hielt. Johnny hatte die mieseste Kiste, die er besaß, aus der Werkstatt schleppen lassen, vier Männer hatten das dänische Monster in den Duett bugsiert und über die Idee gegrinst. Aber er würde Morén bestrafen, ihn hart bestrafen. Die Wurlitzer 2304 war sein persönlicher Favorit. Nur ein Idiot ließ so eine Schönheit in der Sonne stehen.
    Er beugte sich vor und schaltete das erste Programm ein. Das Auto füllte sich mit Wörtern:
    »… ist nun klar, dass der konservative Senator aus Arizona, Barry Goldwater, zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gewählt wurde …«
    Er schaltete wieder ab. Er wollte nichts von irgendeinem Verrückten hören, der sich ins Weiße Haus bluffen wollte.
    Das Weiße Haus. Im letzten Jahr hatten die Leute darüber geredet, als ob es Wand an Wand mit Sigges Grill läge. Als ob nicht etwas … Besonderes am Weißen Haus wäre. Als würde Kennedy dort ungefähr so wohnen, wie er selber bei Sjögrens in einem Vertreterzimmer wohnte.
    Er klappte die Sonnenblende hoch. Der Waldbrand war erloschen. Über den Wiesen hing Rauch ohne Feuer.
    Wo war Kennedy noch erschossen worden? Das war eine der am häufigsten gestellten Frage des Winters gewesen. Die am häufigsten erzählte Geschichte. Ich erinnere mich genau, wo ich war, als ich das von Kennedy gehört habe. So redeten die Leute. Er hatte nichts gesagt, wenn er nicht gefragt wurde, aber er war sehr häufig gefragt worden, nicht jetzt, aber im vergangenen Winter und im Frühling.
    Viele hatten an dem Abend in einem Lokal gesessen. In Dallas war es Nachmittag gewesen und hier auf dem Hochland Abend. In den Lokalen hatte Licht gebrannt in diesem dunklen November. Die Sonne war woanders gewesen, sie hatte über Dallas geschienen, aber was hatte das genützt.
    Er hörte die Box hinten im Kofferraum schurren, hörte die Seile knirschen. Das war vermutlich die letzte Reise der Jensen. Sie lebte noch, aber nur gerade so noch, und insofern war dies ein Leichenzug, sein grauschwarzer Duett war ein Leichenwagen und die Jukebox hinten drin ein Sarg. Dies war ein Transport, der mehr bedeutete, der ihm etwas über sein eigenes Leben und die Arbeit sagte, die er in den letzten sieben Jahren gemacht hatte, aber er wollte nicht verstehen, was es war, er wollte es nicht wissen.
    An einer Steigung grollte der Duett. Der lag auch im Sterben. Die Box rutschte nach hinten und drückte gegen die Seile. Es war kein angenehmes Geräusch. Der Kofferraumdeckel schlug mit einem ekelhaften Geräusch gegen das gerillte Plexiglas der Jukebox. Johnny schauderte es beim bloßen Gedanken an Plexiglas. Das war nicht sein Ding. Diese Jensen war für Morén bestimmt.
    Die Box rutschte wieder, und er versuchte bis auf die Hügelkuppe den Atem anzuhalten. Ihm kam kein anderes Auto entgegen.
    Oben angelangt fuhr er in eine Ausweichbucht, stieg aus und kontrollierte die Seile.
    Er lehnte sich gegen das Auto und zündete eine Zigarette an. Ihm schien, als höre er eine Heuwendemaschine auf der anderen Seite, hinter den Bäumen, oder irgendein anderes Blechungeheuer, das in den beginnenden Abend röhrte. Und einen Traktor, ein mauliges Geräusch. Er war kein Bauer, aber er wusste, dass es jetzt höchste Zeit war, das Heu einzuholen. Für Menschen, die vom Ertrag der Felder und Äcker lebten, war dies die wichtigste Zeit im Jahr.
    Das Motorengeräusch irgendwo hinter den Bäumen lärmte weiter, lauter als der Duett, wie zitternd im Leerlauf. Er nahm einen Zug und sah zum Himmel hinauf, der von durchsichtiger Bläue war. Sie setzte sich fort zu Planeten, die man niemals zu sehen bekommen würde, jedenfalls nicht von diesem Hügel aus, obwohl der hoch über dem Meeresspiegel lag. Er hörte ein Auto, das sich von der anderen Seite der Anhöhe näherte, ein Rekord
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