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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann
Autoren: Åke Edwardson
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tauchte auf und fuhr vorbei. Auf dem Rücksitz drehte sich ein Kind um und starrte ihn an. Das Gesicht des Kindes war wie eine weiße Wolke in der dunklen Fensterscheibe. Es floss davon mit dem Rekord.
    Er trat die Kippe aus, setzte sich wieder hinter das Steuer und fuhr zurück auf die Straße. Der Duett rollte den Hügel hinunter und Johnny spürte, wie das Gewicht der Box im Kofferraum drückte. Unten in der Ebene verteilte es sich wieder gleichmäßiger.
    Er begegnete einer Frau auf einem Fahrrad, die einen Schal trug und wie eine Melkerin aussah. Sie hob grüßend die Hand. Er kannte keine Melkerinnen. Er hatte Frauen gekannt, die seinen Schwanz gestreichelt und daran gezogen hatten, als ob es sich um eine anständige Arbeit handelte, aber keine von ihnen hatte in der Landwirtschaft gearbeitet, soweit er sich erinnerte.
    Was er im Rückspiegel sah, war auch ein Teil jener Welt, die im Begriff war zu verschwinden, genau wie die Frau in ihrem hellen Baumwollkleid jetzt im Rückspiegel immer kleiner wurde. Schließlich verschwand sie im Blau. Er war älter geworden, und die Welt hatte sich verändert, Frauen bedeuteten ihm nicht mehr dasselbe. Er hat es satt, sich in blank gewetzten, verschwitzten Laken zu wälzen, gewunden in einen anderen Körper, im kalten Licht eines Badezimmers gemolken zu werden von einer fremden Frau, die darauf bestand, seinen Blick festzuhalten.
    Er war der schmuddligen Abschiede in der Dämmerung müde und verabscheute den schalen Nachgeschmack am Morgen wie nach einem Besäufnis, und die tiefe und sehr reale Müdigkeit, die an langen Nachmittagen einsetzte, wenn die Jukebox mit Eisstielen sabotiert worden war, die jemand in den Münzschlitz gesteckt hatte. Dann musste er sich auch noch die Witze von den Idioten anhören, die das vermutlich verbrochen hatten. Er hatte die Münzrückgabe neu justiert, gereinigt und sich taub gestellt.
    Er schob eine Platte in den Philips. Das Auto war alt, aber der Plattenspieler war neu. Er hatte schon früh Plattenspieler in seinen Autos gehabt, das war nicht nötig, aber er fand, es gehöre irgendwie zu seinem Job. Sein Job bestand aus viel Elektromechanik, aber auch aus Musik. Bei jeder Wartung wechselte er mindestens sieben Platten in den Boxen, manchmal mehr, Monat für Monat, er musste sich an die Listen halten, aber nicht sklavisch, in seinen Boxen gab es auch seine eigene Musik aus den fünfziger Jahren und seine eigene Musik der Gegenwart, die er mochte und die nicht auf den Listen auftauchte. Die anderen Aufsteller machten sich über ihn lustig, doch er wusste, dass seine Boxen im Lauf der Jahre besser gegangen waren als die meisten der anderen, und er wusste, das verdankte er seinem eigenen Geschmack. Einige Jungs überließen die Plattenauswahl und Lieferung ganz den Musikläden, aber das war nichts für Johnny Bergman. Die Männer, die an anderen Orten in der Gegend Jukeboxen stehen hatten, ließen sie nicht zum Mittelpunkt werden, doch genau darauf kam es an. Einen solchen Aufstellplatz in einem Café zu haben war, als ob man die Jukebox selbst besäße, man trug die Verantwortung für sie. Betrunken oder nüchtern.
    Der Duett fuhr weiter durch Wiesen. Bald war wieder ein Julitag zu Ende, aber es war noch fast genauso hell wie vorher. Er stellte die Musik lauter, und Elvis sang über die Felder I’d rather give everything that I own in this world, than to be all alone, and unloved, er ließ The Thrill Of Your Love ausklingen und spielte das Lied von vorn, stellte es noch lauter und sang mit. So fuhr er in den Ort ein und hielt eine Minute vor Ladenschluss vor Lisas Café.
     
    Die Tür zur Straße stand offen. Durch das große Fenster sah er, dass es ihr gelungen war, alle Gäste aus dem Lokal zu werfen. Alle zwei oder drei.
    »Ich hab dich gehört«, sagte sie.
    »Das war Elvis.«
    »Deine Stimme hab ich aber auch gehört.« Sie lächelte.
    »Du hast noch lauter gesungen als Elvis. Oder wie man das nun nennen soll.«
    Er antwortete nicht. Er stand immer noch in der Tür.
    »Möchtest du etwas haben?«, fragte sie.
    Er sah auf die Uhr.
    »Wohin musst du danach, Johnny?«
    »Runter zum See.« Er zeigte hinter sich. »Ich muss eine Box austauschen, die Morén kaputtgemacht hat.«
    »Das ist ja nicht das erste Mal, oder?«
    »Jetzt war es jedenfalls das letzte Mal«, sagte er.
    »Inwiefern?«
    Er machte wieder eine Handbewegung zur Jensen, die unter dem Kofferraumdeckel des Duetts herausragte. Auto und Box sahen düster aus in dem künstlichen
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