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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein
Autoren: Andreas Gruber
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Kaibacherklinik.«
    Körner bekam große Augen. »In Graz?«
    »Wo sonst!« Sie deutete auf den Teller. »Probieren Sie Ihre Mahlzeit, damit Sie wieder zu Kräften kommen. Ich weiß, es ist unsensibel, das zu sagen, aber Sie sehen schrecklich aus. Falls Sie etwas brauchen, läuten Sie. Die Notfallklingel ist auf dem Nachtschrank.« Die Schwester wandte sich zur Tür. »Wie spät ist es?«
    Demonstrativ wandte sie den Kopf, um einen Blick auf die Anzeige des Fernsehgeräts zu werfen. »Dreiundzwanzig Uhr dreißig«, las sie vor. »Wollen Sie fernsehen?«
    Körner sank stumm ins Kissen zurück und starrte zur Decke, worauf die Schwester das Gerät einschaltete und aus dem Zimmer verschwand. Als er ihr nachblickte, bemerkte er einen vor der Tür postierten Kripobeamten. Der Mann drehte ihm den Rücken zu. Körner sah nur das ausrasierte Nackenhaar unter der Mütze, dann fiel die Tür ins Schloss.
    Fernsehen konnte er später. Er schob sich die Decke vom Körper, um abermals die Beine aus dem Bett zu drehen. Er musste unbedingt mit dem Kollegen von der Kripo sprechen. Verena brauchte Polizeischutz, wohingegen Weißmann, Gehrer, Apfler, Stoißer, Pfarrer Sahms und eine Hand voll weiterer Dorfbewohner in Untersuchungshaft überstellt werden mussten, bevor sie sich untereinander absprechen konnten. Er brauchte dringend ein Telefon mit einer Leitung zu Jutta Koren, um sie über die Zusammenhänge des Falls aufzuklären. Seit Mittwoch war die Verbindung aus Grein unterbrochen gewesen - seit dieser Zeit war unglaublich viel passiert. Menschen schwebten in Gefahr!
    Als Körner mit wackeligen Beinen auf dem Fliesenboden stand und die Klingel bereits in den Händen hielt, bohrten sich drei Wörter in sein Gehör: Grein am Gebirge! Er zuckte zusammen. Soeben liefen die Spätnachrichten im Fernsehprogramm. Am unteren Bildschirmrand wurde eine Infozeile eingeblendet: Eine Sondersendung aus dem Katastrophengebiet an der niederösterreichischburgenländischen Grenze.
    Körner glitt die Klingel aus der Hand. Ungläubig starrte er auf den Monitor. Während eine Helikopteraufnahme von Grein und der Trier gezeigt wurde, erklang die Stimme des Nachrichtensprechers.
    »… eskalierten die Vorfälle zu einem tragischen Höhepunkt Innerhalb einer Woche verlor das Landesgendarmeriekommando Wien im Greiner Katastrophengebiet vier Ermittler. Einsatzleiter des Teams war der einundvierzigjährige Chefinspektor Alexander Körner. Er gilt als der mutmaßliche Urheber des Dramas. Laut Zeugenaussagen hielt er der psychischen Belastung der jüngsten Ermittlungen nicht stand …« Pause.
    »Ungewöhnlich kooperativ zeigte sich das Landesgendarmeriekommando gegenüber der Presse bei der Aufklärung der Tragödie von Grein. Der Tathergang konnte nach bisherigen Untersuchungen wie folgt rekonstruiert werden: Bereits vor drei Tagen erstach Körner den Kripofotografen Elmar Kralicz, einen zweifachen Familienvater. Anschließend erschoss er die Psychologin Doktor Sonja Berger mit seiner Dienstwaffe. Bei seiner Flucht aus Grein überfuhr Körner den Spurensicherer Rolf Philipp, der noch an Ort und Stelle verstarb. Während der ortsweiten Suche nach dem Täter zog Körner seine blutige Spur fort. Sie hinterlässt folgende Schreckensbilanz: Körner tötete seine Exfrau, sowie den ortsansässigen Hermann Goisser, der ihn davon abhalten wollte, den Greiner Friedhof zu schänden. Was Körner zu diesem Akt des Vandalismus getrieben hatte, ist bisher ungeklärt. Der Tod des Feuerwehrkommandanten Wolfgang Heck und des Greiner Arztes Doktor Konrad Weber geht ebenfalls auf das Konto des ehemaligen Kripobeamten. Auslöser des dreitägigen Amoklaufs dürfte die Suspendierung Körners gewesen sein.«
    Körners Herz raste. Hitze wallte in ihm auf. Diese Idioten! Er musste dringend ein Gespräch mit Jutta Koren führen. Die Bilder von Grein verschwanden, stattdessen wurde ein Archivfoto eingeblendet, von einer Frau Ende dreißig, mit langen, braunen Haaren und einem augenzwinkernden Lächeln.
    »Jana!«, hauchte Körner. Kraftlos sank er auf das Bett, den Blick ungläubig auf den Monitor gerichtet.
    Der Nachrichtensprecher raschelte mit den Papieren. Danach sprach er weiter: »Die Gerichtsmedizinerin Doktor Jana Sabriski gilt zur Zeit als wichtigste Belastungszeugin in der Tragödie von Grein. Schwer angeschlagen überlebte sie als Einzige aus Körners Ermittlerteam die Mordversuche, die sich auch gegen ihre Person gerichtet hatten.«
    »Himmel, Jana!« Körners Mund klappte
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