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Der Jakobsweg

Der Jakobsweg

Titel: Der Jakobsweg
Autoren: Inka Ehrbar
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Reise in Paris beginnen und über die Via Turonensis zum Ziel pilgern, gehen die Deutschen und die Schweizer meistens auf der Via Podensis. Wer aus Italien und dem östlichen Europa kommt, benutzt die Via Tolosana ab Arles. Andere wiederum brechen in Vèzelay in Burgund auf und wallfahren über die Via Lemovicensis.
    Über Puente la Reina, meinem Tagesziel, strahlt die Sonne. Vielleicht leuchtet sie so intensiv, weil sich hier die vier Wege zu einem Jakobsweg vereinigen, der auch ,Königsweg´ genannt wird.
     
    Am Abend werde ich Walti anrufen. Ich habe viel an ihn gedacht und es waren schöne Gedanken. Ich bin glücklich, ihn zu kennen und zu lieben.
    Gut, dass ich das Handy mitgenommen habe! Jawohl, ein Handy! Walti hatte darauf bestanden. Nicht, damit ich überall und jederzeit erreichbar bin, sondern mehr für den Notfall.
    „Stell dir vor, du brichst dir den Fuß hatte er unter anderem gewarnt. Einleuchtend. Deshalb hatte ich seine Argumente gelten lassen.
    Ich stehe zwar nicht vor einer gefahrvollen Situation, aber ich möchte ihm so gern erzählen, wie es mir bislang ergangen ist. Vor allem möchte ich seine Stimme hören.
    In der Pilgerherberge geht es international zu. Außer einem Niederländer und einem Franzosen, der mit seinen beiden Söhnen unterwegs ist, lerne ich zwei Australierinnen kennen, Wendy und Christobal.
    Alle stellen die gleiche Frage:
    „Warum gehst du?“
    So leicht wie den anderen fließt mir die Antwort nicht von den Lippen. Ihre Motive sind Heiligenverehrung und Gebet, Kunst und Kirchengeschichte.
    Warum gehe ich? Ich weiß es nicht. Oder besser: Ich kann es noch nicht richtig formulieren.
    Wer bin ich? Was will ich? Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf. Ich werde darüber nachdenken.
     

2. Wandertag: Puente la Reina – Estella – 21 km
     
    Ach, habe ich gut geschlafen. Ich recke und strecke mich und bin froh, dass wir in aller Herrgottsfrühe aufbrechen. Von den anderen Herbergsgästen ist nichts zu sehen; sie scheinen wohl nicht aus den Betten zu kommen. Ich habe zwar nichts gegen moderne Pilger, aber ich finde es gut, wenn wir allein laufen. Schließlich sind wir keine Pauschaltouristen.
    Der Weg führt uns über eine mittelalterliche Brücke hinaus in die Weinfelder. Der würzige Duft, der in der Luft liegt, erinnert mich an einen herrlichen Lammbraten mit... Na, wie heißt dieses Kraut? Richtig: Rosmarin. Oh, da läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
    Mai sehen, ob Inka nicht bald eine Pause einlegen will. Immerhin hat sie heute früh irgendetwas beim Fleischer eingekauft. Ich hocke mich mitten auf den Weg und warte auf sie. Ais Inka in meinem Blickwinkel erscheint, setze ich meinen treuesten Hundeblick auf, mit dem ich nicht nur Herzen, sondern auch die Kühlschranktür öffnen kann. Zu Hause kenne ich den Inhalt des Kühlschranks ganz genau, obschon ich ihn leider nicht selbst öffnen kann.
    „Müde?“, fragt Inka. „Wenn du ja nicht so viel hin und her rennen würdest, ginge es dir bestimmt besser“, lacht sie.
    Manchmal könnte ich sie in ihren... - na, ihr wisst schon - beißen. Da hetzt man sich ab, guckt hinter jeden Baum und Strauch, wühlt sogar Riesenlöcher in Hügel, um auch nach unten alles abzusichern... Und für wen? Natürlich für Inka. Schließlich muss ich sie vor feindlichen Übergriffen schützen.
    Und was macht sie? Sie lacht mich aus! Aber so ist das. Als Hund hat man es nicht leicht. Also weiter!
    Inka ist ganz entzückt, a/s wir über eine alte Römerbrücke laufen. Mir dagegen macht es mehr Spaß, durch die Olivenhaine zu tollen.
    Kurz vor dem Ziel wird Inka ziemlich langsam. Sie bleibt immer öfter am Wegrand stehen und faselt dann etwas in die Richtung von herrlich und wunderschön. Ich weiß beim besten Willen nicht, was sie an den borstigen Mohngewächsen und dem dornenreichen Ginster findet.
    Ich mache jetzt Druck, denn der Himmel hängt voll dicker, schwerer Wolken. Falls wir uns nicht beeilen, geraten wir in einen heftigen Regenschauer. Und wenn ich etwas hasse, dann ist es ein nasses Fell.
    Mit den ersten Tropfen erreichen wir die Pilgerherberge. Geschafft! Oder auch nicht! Wieder tönt es unfreundlich: „No perro!“ Widerwärtig der Mann, der uns vor die Tür setzt. Obwohl sich die anderen Pilger für mich einsetzen, dürfen wir nicht bleiben. Also müssen wir im strömenden Regen wieder raus. Inka kullern ein paar Tränen über die Wangen. Sie scheint ebenso wütend auf diesen Typen zu sein wie ich.
    Nach mehreren Absagen
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