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Der Jakobsweg

Der Jakobsweg

Titel: Der Jakobsweg
Autoren: Inka Ehrbar
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finden wir dann eine sehr nette Dame, die uns ein Zimmer in ihrer kleinen Pension vermietet und mich streichelt. Ich bin ihr dankbar und denke: Wir Frauen sind doch die besseren Geschöpfe!
     
    Der Tag fängt wunderschön an. Wir laufen eine ganze Weile an einem plätschernden Bach entlang. Ständig geht es bergauf und ich atme tief den Duft von Rosmarin und Thymian ein.
    Kurz hinter Cirauqui treffen wir ein Ehepaar aus Köln und wandern gemeinsam über die alte Römerstraße. Da die beiden schon zum zweiten Mal auf dem camino sind, haben sie viel zu erzählen.
    Ich bin eigentlich ganz zufrieden, wenn da nicht der Rucksack wäre. Heute macht er mir schwer zu schaffen und ich muss mehrmals eine Pause einlegen. So bin ich wirklich froh, als wir das Refugium in Estella erreichen. Endlich kann ich ihn ablegen.
    Doch ich habe die Rechnung ohne den Herbergswirt gemacht. Er weist mich wegen Tila unwirsch ab. Vor lauter Wut auf diesen Mann wollen mir nicht einmal die wenigen spanischen Worte einfallen, die ich beherrsche. Sowohl das Ehepaar aus Köln als auch die drei Franzosen, mit denen ich mich in Puente la Reina unterhalten hatte, mischen sich ein. Doch dieser garstige Typ droht allen, die sich für Tila und mich einsetzen, ebenfalls hinauszuwerfen.
    Draußen regnet es inzwischen in Strömen. Gelähmt von dem Groll, der sich in mir breit macht, kommen mir fast die Tränen, als ich daran denke, bei diesem Wetter womöglich kein Zimmer zu finden. Plötzlich kann ich mir vorstellen, wie es sein muss, ohne Bett zu sein, bei Regen, bis auf die Haut durchnässt und durchfroren. Fürchterlich!
    Aber dann klappt es doch noch.
     

3. Wandertag: Estella – Los Arcos – 21 km
     
    Inka scheint heute Morgen besonders gut drauf zu sein und marschiert putzmunter aus der Stadt Ihre Stimmung hat aber nicht nur etwas mit dem strahlenden Sonnenschein zu tun, wie ich bald verstehe.
    Kaum sind wir eine halbe Stunde unterwegs, kommen wir zu einem Kloster. Hier gibt es nicht nur einen Brunnen mit Wasser, sondern einen weiteren mit purem Wein. Da Inka dieses rote Zeug sehr gern mag, ist klar, dass zuerst mal eine Pause angesagt ist.
    Gähnend langweilig. Bis auf dieses neue spanische Futter, das Inka auftischt. Es schmeckt köstlich.
    Später folgen wir den gelben Pfeilen, die uns während unserer Wanderung stets den Weg nach Santiago de Compostela zeigen werden, in einen Eichenwald.
    Und was sagt mir meine Nase? Ich rieche den Braten im Nu: Lammbraten, an den ich gestern unentwegt denken musste. Also, nichts wie hin.
    Der Jagdinstinkt treibt mich. Und was sehe ich? Nicht einen Lammbraten - nein, eine ganze Herde! Doch da höre ich plötzlich hinter mir ein sehr energisches: „Du kommst sofort hierher zurück!“
    Da ich den Tonfall kenne, ist es wohl besser, ich mache kehrt; dabei wäre unser Essen für die nächsten Tage gesichert gewesen.
    Wohin ich auch komme, überall werde ich mit Geheul empfangen. Nun ja, manchmal auch mit krausen Nasen. Aber jeder weiß, dass ich, Tila, mit meiner ganzen Persönlichkeit komme.
    Die Pilger, die mich bereits kennen, erkundigen sich mitfühlend, wo Inka und ich die letzte Nacht verbracht haben. Während Inka Einzelheiten berichtet, atmen sie erleichtert auf, geben mir Käse und andere Leckereien.
    Ich zeige mich daraufhin natürlich von meiner besten Seite und lasse mich fotografieren. Schließlich bin ich der einzige Pilgerhund weit und breit.
    Die Sonne wechselt sich mit dunklen Wolken ab. Ein prächtiges Naturschauspiel. Bloß der Wind beißt ganz schön kräftig in den Augen. Immerhin erreichen wir trockenen Fußes das Ziel, das Inka für heute gesteckt hat.
    Ich bin heilfroh, wieder ein warmes Plätzchen für die Nacht zu haben. Vor dem Einschlafen denke ich:
    Welche Abenteuer werden wohl morgen auf mich warten? Falls ich wiederum einer Lammherde begegnen sollte, werde ich es jedenfalls geschickter an fangen und Inka überlisten.
     
    Ich bin sehr gespannt auf das Kloster Irache und den Brunnen, der Wein spendet. Der Rebsaft schmeckt köstlich, wenn nicht gar göttlich. Schade, dass es so früh am Morgen ist und noch ein weiter Weg vor mir liegt.
    Wir wandern über Feldwege und durch einen Eichenwald. Die Sonne strahlt mal mehr und mal weniger, weicht dunklen Wolken, die ständig neue stimmungsvolle Bilder in den Himmel schreiben.
    Als wir Rast machen, stelle ich bestürzt fest, dass ich für Tila Katzenfutter eingekauft habe. Doch sie frisst es mit wachsender Begeisterung. Mit dem Käsebrot,
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