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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser
Autoren: Richard Dübell
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Luft.
    »Erschlag ihn!«
    Liutfried tat plötzlich einen Schritt nach vorn – tu es nicht , dachte der Bauer – und faßte nach dem Wams des Büttels; nein, faßte nach dem kurzen Schwert, das vom Gürtel des Büttels hing, oder bekam versehentlich dessen Griff in die Hände. Der Büttel stieß Liutfried heftig zurück; dieser stolperte nach hinten über den auf dem Boden liegenden Fulcher. Wonach immer er gegriffen hatte, er hielt sich daran fest und zog das Schwert halb aus der Scheide.
    »Paß auf!« rief der zweite Büttel.
    Der Büttel wirbelte den kurzen Spieß einmal herum; die schwarze Spitze zeigte plötzlich nach vorn. Liutfried riß das Schwert ganz aus der Scheide und setzte sich schwer auf seinen Hosenboden, die Waffe nach vorn gestreckt.
    Der Spieß durchdrang die Tunika direkt unter dem Brustbein. Liutfried gab keinen Laut von sich; nur aus der Menge ertönte ein schriller Schrei, der ebenso von Schreck wie von Entzücken künden konnte. Der Büttel riß den Spieß wieder heraus und rief. »Um Gottes willen!«
    Liutfried neigte sich langsam zur Seite. Der Bauer unter dem Wagen starrte ihn mit weitaufgerissenen Augen an; ohne es zu bemerken, biß er sich auf die Knöchel einer Faust. Liutfried verlor das Schwert, das er noch immer in der ausgestreckten Hand hielt. Es fiel scheppernd zu Boden. Er hustete schwach und sank endgültig auf die Erde. Der Büttel beobachtete es wie erstarrt.
    Der zweite Büttel bückte sich nach dem Schwert. Er schlug es seinem Kameraden grob vor den Leib, der daraufhin zusammenzuckte und ihn wild anblickte.
    »Los, nimm es und lauf zum Magistrat!« herrschte er ihn an. »Wir müssen die Sauerei melden.« Der erste Büttel schüttelte sich, als würde er aus einer Lähmung erwachen, schob das Schwert zurück in die Scheide und verschwand eilig zwischen den Marktständen; sein zurückgebliebener Kamerad nahm seinen Spieß quer und stellte sich zwischen die Menge und die Verletzten auf dem Boden. Er blickte sich nicht zu ihnen um. Sein Gesicht war bleicher als zuvor. Rasso sank neben seinen Gefährten auf die Knie. Liutfried machte eine schwache Armbewegung, und Rasso umfaßte seine Schultern und legte sich seinen Kopf auf die Knie. Liutfried hustete stärker und sprühte ein paar Blutstropfen auf die dunkle Stelle, die sich langsam auf der Vorderseite seines Wamses bildete. Die Menge begann plötzlich, sich zu bewegen. Sie zerstreute sich, unter ihnen die päpstlichen Reisenden, ganz still, ganz blaß und bemüht, kein weiteres Aufsehen mehr zu erregen. Einige blieben zurück, um zu sehen, was mit den beiden Verletzten weiter geschehen würde, und einer trat sogar auf Fulcher zu und versuchte ihn aufzurichten. Fulcher schüttelte seine Hand barsch ab und krümmte sich wieder auf dem Boden zusammen; Blut tropfte zwischen seinen Fingern hervor. Von der Seite, auf der das Rathaus lag, näherten sich Schritte von mehreren Paaren Stiefel; weitere Büttel, die der Bericht des Vorfalls alarmiert hatte. Sie drängten sich um die Gruppe am Boden und entzogen sie den Blicken der letzten Neugierigen. Nach kurzer Zeit führten sie Rasso und Fulcher weg; der sterbende Liutfried wurde rasch auf zwei über Kreuz gelegte Spieße gelegt und ebenfalls abtransportiert.
    Der Bauer kroch unter dem Karren seines Nachbarn hervor und versuchte, nicht auf die Blutspritzer auf dem festgetrampelten Erdboden zu sehen. Der Prophet stand noch immer neben seinem Karren und starrte ins Leere. Plötzlich nahm er eine der Rüben und biß hinein, ohne die Erde von ihr abzuwischen. Erschüttert ließ es der Bauer geschehen. Der Prophet steckte die Rübe unter seine Lumpen und verschwand mit geistesabwesendem Blick in der Menge und aus unserer Geschichte.

Ein Kardinalsproblem
    D as Gut Raimunds von Siebeneich lag in dem flachen Tal der Erft, eine halbe Tagesreise westlich von Köln: eine von hölzernen Palisaden umfriedete Ansammlung von Häusern und Schuppen, die sich um Wiesen, Kräuter- und Obstgarten gruppierten und zwischen denen das praesidium principale und der donjon trotzig und steinern herausragten. Um dieses Zentrum herum lagen Ländereien in einem Umfang, wie ihn sich ein Graf nicht besser hätte wünschen können; Ländereien, die kluges Wirtschaften vermehrt hatte und die ihren Ausgangspunkt in einem Geschenk Kaiser Friedrich Rotbarts an Raimunds Urgroßvater besaßen, da dieser während des Rotbarts Gefangennahme im Krieg gegen die Stadt Susa mit ihm die Kleider getauscht hatte, damit der Kaiser
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