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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser
Autoren: Richard Dübell
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Rüben, die unter den Karren seines Nachbarn kollerten.
    Die Bewaffneten kamen mit hastigen Schritten auf ihn zu, packten ihn und stießen ihn beiseite, so daß er den Rüben unter den Karren hinein nachfolgte. Sie drängten den Ring der Zuhörer auseinander. Aus seiner neuen Warte unterhalb des Nachbarkarrens betrachtete der Bauer ungläubig die Geschehnisse.
    Die zwei Büttel stellten sich zwischen die Pilger und Fulchers Gruppe.
    »Was ist hier los?« knurrte der eine der Büttel und versuchte gleichzeitig die Sprecher beider Parteien mit Blicken aufzuspießen. »Geht auseinander und stört den Marktverlauf nicht.«
    »Wir müssen diesen kranken Menschen vom Marktplatz entfernen!« – »Sie wollen dem Propheten das Reden verbieten!« riefen die selbsternannten Sprecher gleichzeitig. Der Büttel griff die Bemerkung Fulchers heraus.
    »Auf dem Markt darf er sprechen, solange er will«, sagte der Büttel. Er schien Schwierigkeiten zu haben, aus beiden Parteien diejenige herauszufinden, der die Sympathie des Stadtherrn galt. Im Moment jedenfalls unterstützte er die falsche.
    »Ja, er muß uns noch von der Hure erzählen«, rief eine Stimme aus dem Zuhörerkreis. Mehr Menschen als zuvor standen jetzt um die kleine Gruppe herum; sie bildeten ein größeres Publikum, als der Prophet allein jemals hätte aufbieten können. Der zweite Büttel wandte sich um und knurrte die Menge an.
    »Jener dort verbreitet Lügen und verblendet die Herzen der Menschen«, erwiderte der Sprecher der Pilger mit Würde.
    »Von dir kann er jedenfalls noch was lernen«, rief Rasso. Der erste Büttel achtete nicht auf ihre Worte, sondernschritt auf den Propheten zu, um ihn aus dem Griff der beiden Pilger zu befreien. Er blieb sofort wieder stehen, als er in die Dunstglocke des Propheten geriet.
    »Laßt ihn los, habe ich gesagt«, rief er und gestikulierte mit seinem Spieß. Dann deutete er auf den Sprecher. »Du kommst mit uns«, sagte er. »Du wirst dich vor dem Rat verantworten.«
    Der Sprecher der Pilger kniff die Augen zusammen und schien wütend zu werden, sagte dann aber hoheitsvoll: »Wir sind im Auftrag des Heiligen Vaters unterwegs. Wir verantworten uns nur vor ihm oder vor Gott.«
    Der Büttel zuckte zurück und musterte ihn unentschlossen. Der zweite Büttel kaute auf seiner Unterlippe und wartete darauf, was sein Kamerad tun würde. Dieser schien endlich zu begreifen, wie er seine Sympathien zu verteilen hatte. Er wandte sich an Fulcher. »Verschwindet von hier«, sagte er. Fulchers Miene verfinsterte sich noch mehr.
    »Was soll das auf einmal?« rief er. »Hast du nicht gerade selbst gesagt, daß jeder hier sprechen darf?«
    »Diese Herren reisen im Auftrag des Heiligen Vaters. Sie wissen schon, was sie tun. Verschwindet jetzt von hier, oder muß ich euch Beine machen?«
    Fulcher und seine Kameraden wechselten einen Blick. Dann traten sie dichter zusammen und stellten sich drohend vor dem ersten Büttel auf. Die Menge seufzte unbestimmt auf, sie hatte erwartet, daß die drei nachgeben würden. Daß sie es nicht taten, war unerwartet. Es war ungewöhnlich. Es roch nach Ärger. Die Menge drängte ein wenig näher heran.
    Der Büttel versuchte Fulcher beiseite zu stoßen, doch es gelang ihm nicht, und er schrie zornig: »Aus dem Weg, oder wir sperren euch ins Loch!«
    Die drei Kaiserlichen sahen sich ein zweites Mal an, dann trat Fulcher noch näher heran. Er brachte sein Gesicht dicht vor das Gesicht des Büttels, fletschte die Zähne und sagte leise: »Versuch’s, und ich brech’ dich in der Mitte entzwei.«
    Der Büttel hob seinen Spieß und stieß Fulcher das eisenbeschuhte untere Ende ins Gesicht; Fulcher fiel zu Boden, preßte beide Hände auf seinen Mund und krümmte sich stöhnend. Rasso und Liutfried starrten ihn überrascht an. Der Büttel hob den Spieß zum zweiten Mal.
    Das Bild erstarrte; zwei Gruppen, die einander gegenüberstanden: Fulchers Gruppe auf der einen Seite, deren Anführer bereits auf dem Boden lag, und die zahlenmäßig überlegenen Pilger, auf deren Seite sich die Büttel geschlagen hatten, auf der anderen. Der Prophet, einen Schritt abseits, gehörte bereits nicht mehr dazu, obwohl das Ganze seinetwegen entstanden war. Die Dinge hatten sich verselbständigt. Es hatte sich etwas entwickelt, womit keiner von ihnen gerechnet hatte.
    »Erschlag ihn«, rief plötzlich eine heisere Stimme aus der Menge.
    Der Büttel drehte den Kopf und spähte zu den Zurufern hin; der Spieß schwebte noch immer in der
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