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Der Ire

Der Ire

Titel: Der Ire
Autoren: Jack Higgins
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dreimal, bis er den Stahlträger vor Block B
erreicht hatte.
      Als eine Tür ins Schloß
fiel, sah Rogan nach unten und erkannte den Wachhabenden und den
Oberwärter, die durch den Lichtkreis der Lampe zu einem
Schreibtisch gingen, wo der Wachhabende eine Eintragung im Wachbuch
machte. Die beiden Männer sprachen halblaut miteinander. Dann
lachten sie, schlössen die Tür zum Wachraum auf und
verschwanden darin.
      Rogan legte die Seilschlinge um den
Stahlträger und um seine Brust, ließ den Karabinerhaken
einschnappen und begann zu klettern.
      Die größte Schwierigkeit
lag darin, daß der Träger sich der Krümmung der Wand
anpaßte, so daß dahinter nur vier oder fünf Zentimeter
Platz für die Schlinge waren. Jetzt erwiesen sich Rogans Kraft und
Körperbeherrschung als wertvoll. Er biß die Zähne
zusammen, schob sich Zentimeter für Zentimeter in die Dunkelheit
hinauf und ließ den Lichtkreis der Lampe weit unter sich. Dann
hatte er sein Ziel vor sich: die Austrittsöffnung eines
großen Luftschachts mit etwa achtzig Zentimeter Durchmesser.
      Der Luftschacht war unten mit einem
Eisengitter abgeschlossen, das mit zwei großen Schrauben
befestigt war. Rogan stemmte sich von der Wand ab, um besser arbeiten
zu können, und griff nach dem Schraubenzieher.
      Die Messingschrauben ließen
sich leicht lösen, aber er schraubte eine nur halb heraus, so
daß das Gitter noch daran hing.
      Jetzt mußte er alle Kräfte
zusammennehmen. Er hakte die Schlinge aus, ließ sie in den
Luftschacht gleiten, griff mit den Fingern hinter den Stahlträger
und schob sich an der Wand entlang höher, um dann mit den
Füßen voraus in den Zinkblechschacht zu schlüpfen.
Trockener Staub reizte seine Schleimhäute. Er unterdrückte
ein Husten, griff nach draußen und zog das Gitter zu sich heran.
Dann tastete er nach dem Loch für die Schraube und setzte sie
wieder ein, so daß seine Spur völlig verwischt war.
      Bei seinem letzten Versuch hatte er
eine Taschenlampe gehabt, aber diesmal besaß er keine. Von jetzt
an mußte er in völliger Dunkelheit arbeiten und sich auf
sein Gedächtnis verlassen.
      Er hatte sich diesen Fluchtweg
innerhalb von zehn Minuten eingeprägt, als ein Heizungsingenieur
einen Plan der Lüftungsanlage des Gebäudes
nachlässigerweise auf einer Werkbank im Fabriksaal des
Gefängnisses liegengelassen hatte. Aber das war vor drei Jahren
gewesen, und die Anlage war seitdem umgebaut worden. Er konnte nur
hoffen, daß dieser Teil unverändert geblieben war.
      Rogan bewegte sich
rückwärts durch die Dunkelheit. Feiner Staub drang ihm in
Mund und Nase. Sein Gesicht war schweißnaß. Nach einiger
Zeit erreichte er eine Abzweigung. Er glitt mit dem Kopf voran
schräg nach unten und bremste seine Bewegung mit den Händen
ab.
      Dann ging es waagrecht weiter an
mehreren Abzweigungen vorbei. Sechs oder sieben? Nein, nach der
sechsten mußte er sich am Seil in die Tiefe lassen. Er schob sich
an Abzweigungen vorbei, bis er den richtigen Schacht links von sich
hatte. Dort tastete er den Rand ab und fand sofort die Halteklammer,
die er bei seinem ersten Versuch aufgebogen hatte, um das Seil
darüber ablaufen zu lassen. Er glitt rückwärts in den
Schacht hinein und hielt sich an seinem Seil fest. Zehn Meter tiefer
krümmte sich der Luftschacht rechtwinklig und führte dann
waagrecht weiter. Rogan holte das Seil ein, rollte es sorgfältig
zusammen und kroch rückwärts davon.
      An einigen Stellen fiel Licht in den
Schacht. Er sah durch eine Öffnung in die Hauptküche
hinunter. Dort brannten einige Neonröhren, aber der große
Raum war menschenleer. Rogan kroch weiter und erreichte einen etwas
größeren Schacht, in dem er sich umdrehen konnte.
      Er befand sich jetzt am
äußersten Ende des mittleren Blocks und war etwa vierzig
Minuten unterwegs. Er bewegte sich rasch weiter und kam zu einem
senkrechten Schacht, in dem verschiedene Lichtstreifen zeigten,
daß dort Austrittsöffnungen in beleuchtete Räume
führten.
      Das Zinkblech war in diesem Schacht
mit stählernen Halteklammern befestigt, an denen Rogan rasch in
die Höhe kletterte. Sein Ziel war ein oben abzweigender Schacht,
der durch das Dach und über den Hof zum Krankenhaus führte.
      Dann spürte er einen starken
Luftzug und hörte gleichzeitig ein Summen. Er runzelte besorgt die
Stirn. Das war neu! Sekunden später erreichte er die Abzweigung
und fand seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Wo vorher
eine Schachtöffnung gewesen
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