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Der Ire

Der Ire

Titel: Der Ire
Autoren: Jack Higgins
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ein Jahr in
Ihrer Zelle gesessen? Er ist vor einem halben Jahr entlassen
worden.«
      »Ach, der!« sagte Rogan
verächtlich. »Ein schäbiger kleiner Gauner. Von der
schlimmsten Sorte. Er war früher Polyp und hat wegen Bestechung
gesessen. Pope würde seine eigene Schwester auf den Strich
schicken, wenn jemand ihm genug dafür böte.«
      »Er hat eine interessante
Geschichte erzählt, Mr. Rogan. Seiner Darstellung nach sind Sie
1960 eines Nachts außerhalb der Gefängnismauern aufgegriffen
worden. Angeblich hat niemand herausbekommen, wie Ihnen das gelungen
ist.«
      »Pope ist ein
Schwätzer«, wehrte Rogan ab. »Eines Tages wird ihm
jemand endgültig das Maul stopfen.«
      »Stimmt das?« fragte Soames drängend. »Können Sie wirklich hinaus?«
      »Und wenn ich das könnte?«
      »Dann wäre Colum O'More froh, Sie bei sich begrüßen zu dürfen.«
      »Wie ließe sich das arrangieren?« fragte Rogan.
      Soames beugte sich noch weiter vor.
»Sie kennen doch den Steinbruch und den Weiler Hexton, der ganz
in der Nähe am Fluß liegt?«
      »Natürlich. Ich habe lange genug im Steinbruch gearbeitet.«
      »Etwas weiter
flußabwärts finden Sie einen Eisensteg für
Fußgänger. Am anderen Ufer stoßen Sie auf ein kleines
Landhaus. Es ist nicht zu verfehlen, weil es völlig allein
liegt.«
      »Wartet Colum dort?«
      »Nein, Pope.«
      »Warum ausgerechnet er?«
      »Er hat sich als sehr
nützlich erwiesen. Er hat Kleidung, einen Wagen und sogar
Ausweispapiere für Sie. Damit können Sie das Moor in einer
halben Stunde verlassen.«
      »Und wohin soll ich fahren?«
      »Pope erklärt Ihnen den
Weg, auf dem Sie zu Colum O'More gelangen. Mehr kann ich Ihnen jetzt
nicht sagen.«
      Rogan runzelte nachdenklich die
Stirn. Die Sache mit Pope gefiel ihm nicht, und dieser Soames schien
ein Halunke zu sein. Aber konnte er es sich leisten, den Vorschlag
abzulehnen? Und wenn Colum O'More das Unternehmen organisierte ...
      »Nun?« fragte Soames.
      Rogan nickte. »Wann ist Pope bereit?«
      »Schon jetzt. Ich habe gehört, daß Sie ein Mann rascher
    Entschlüsse sind.«
      »Heute ist Donnerstag«, stellte Rogan fest. »Ich warte lieber bis Sonntag.«
      »Aus welchem Grund?«
      »Um sechs wird es dunkel, und
in meinem Block werden die Zellen am Sonntag um halb sieben
abgeschlossen. Von dann an hat nur noch ein Wärter in der
mittleren Halle Dienst. Falls niemand auf die unwahrscheinliche Idee
kommt, nach mir zu sehen, wird meine Flucht erst am Montagmorgen um
sieben bemerkt, wenn die Zellen wieder aufgeschlossen werden.«
      »Hm, das klingt
vernünftig«, gab Soames zu. Er zögerte. »Wissen
Sie bestimmt, daß Sie ausbrechen können?«
      »In diesem Leben
läßt sich nichts bestimmt sagen, Mr. Soames. Das
müßten Sie inzwischen selbst wissen.«
      »Sie haben natürlich
recht, Mr. Rogan.« Soames griff nach seiner Aktentasche und
seiner Melone. Er schob den Stuhl zurück. »Mehr gibt es wohl
nicht zu besprechen. Ich bin gespannt, was am Montag in den Zeitungen
stehen wird.«
      »Ich auch«, stimmte Rogan zu.
      Er sah Soames nach, der zur Tür
ging und dort wartete. Kurze Zeit später wurde er von dem
Oberwärter abgeholt.
      »Gute Nachrichten?« fragte dieser ihn, als sie über den Hof gingen.
      Rogan zuckte mit den Schultern.
»Sie wissen selbst, wie die Anwälte sind. Große
Versprechungen und Honorare, aber wenig Hoffnung. Ich mache mir
längst keine Illusionen mehr.«
      »Das ist am vernünftigsten, Rogan.«
      Als sie den obersten Treppenabsatz
erreichten, wurde zum Mittagessen geläutet. Martin hatte bereits
ihre Teller auf den kleinen Tisch gestellt. Er sah Rogan fragend
entgegen.
      »Na, was war los?«
      Rogan wollte ihm schon erzählen,
was er mit Soames besprochen hatte, aber dann fiel ihm die Warnung des
Alten ein. Martin hatte natürlich recht. Sean Rogan hatte in
dreizehn Jahren hinter Gittern gelernt, daß niemand völlig
zuverlässig war.
      Er zuckte mit den Schultern.
»Einige meiner Freunde haben sich zusammengetan und einen
Rechtsanwalt angeheuert. Er wollte selbst mit mir sprechen, bevor er
sich an den Innenminister wendet.«
      Auf Martins runzligem Gesicht erschien das ewig hoffnungsvolle Lächeln des alten Sträflings.
      »Hoffen kann man immer«, antwortete Sean Rogan und trat ans Fenster.
      Es regnete noch immer. Leichter Nebel
ließ die Umrisse des Hügels verschwimmen, hinter dem der
Steinbruch lag. Wenn man
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