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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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seinem Geldbeutel.
    »Ich habe leider kein Kleingeld«, sagte das Schwein.
    »Sie haben Ihre Knöpfe mit mir geteilt«, sagte der Hund. »Da werde ich wohl meine Münzen mit Ihnen teilen dürfen!« Er schob dem Schwein zehn Schillingmünzen hin.
    Sie spielten wieder schwarzer Peter, aber jetzt gewann das Schwein. Als alle Münzen beim Schwein waren, holte der Hund noch acht Münzen aus seinem Geldbeutel. Mehr hatte er nicht! Nach vier Spielen waren auch die beim Schwein! »Ich könnte Ihnen ja jetzt wechseln, wenn Sie nur noch Geldscheine haben«, schlug das Schwein vor.
    Der Hund holte sich einen 10-Schilling-Schein aus seinem Sparschwein und gab ihn dem Schwein und bekam dafür zehn Schillingmünzen. Dann spielte er noch fünf Spiele schwarzer Peter und hatte wieder alles Geld und auch alle Lust aufs Weiterspielen verloren. »Hören wir auf«, sagte er. »Ich hab kein Glück mehr!«
    »Was heißt da Glück?« Der sanfte Heinrich wieselte auf das Schwein zu und riss ihm die Spielkarten aus der Pfote. Er blätterte alle Karten auf den Tisch – so, dass sie mit der Hinterseite nach oben lagen. Rot-blau kariert war die Hinterseite.
    Als die Karten alle auf dem Tisch lagen, nahm der sanfte Heinrich die Brille aus der Schürzentasche, setzte sie auf und starrte auf die Karten. Ziemlich lang starrte er, dann rief er: »Ha! Da ist der schwarze Peter!« Er griff nach einer Karte, die hatte in jeder Ecke, in einem roten Karo, einen kleinen blauen Punkt.
    Der sanfte Heinrich drehte die Karte um: Es war wirklich die Schwarzer-Peter-Karte.
    Das Schwein sprang auf, rannte zum Garderobenständer, riss Helm und Nierenschutz herunter und war auch schon draußen bei der Tür. Das Geld, das es dem Hund abgewonnen hatte, lag noch auf dem Tisch.
    »Na, machen Sie schon«, rief der sanfte Heinrich dem Hund zu. »Dalli, dalli, nix wie dem Schwein nach! Das übergeben wir der Polizei!«
    Der Hund sammelte sein Geld ein. »Ich hab ja keinen Schaden«, brummte er.
    »Na und!« Der sanfte Heinrich bekam ganz wilde Augen. »Das Schwein ist ein Falschspieler, und auf Falschspielen steht Gefängnis bis zu drei Jahren! Wenn das Schwein endlich im Arrest schmachtet, ist das mein schönster Tag!«
    Und die Gäste riefen: »Genau! Ins Loch mit der Sau!«
    Und der Esel, der am Ausschank lehnte und sein sechstes Bier süffelte, brüllte: »Was heißt drei Jahre Gefängnis? Lebenslänglich gehört so einer Sau!«
    Und der Hahn, der neben dem Esel hockte, krähte: »Wieso lebenslänglich? Wenn Sie mich fragen, gehört das Schwein notgeschlachtet, jawohl!«
    Und die anderen Gäste trommelten auf die Tische. Das hieß so viel wie: Recht hat er, der Hahn!
    Der Hund erhob sich und sprach: »Irgendwie, Herrschaften, seid ihr zum Kotzen! Ich mag euch nicht!«
    Er holte seinen Koffer und seine Reisetasche, setzte den Borsalino auf, wickelte den Schal dreimal um den Hals, band sich die Wanderniere um den Bauch, sagte zum sanften Heinrich: »Hiermit kündige ich!«, und verließ das Wirtshaus.
    Stockdunkle Nacht war draußen. Der Hund marschierte über die Wiese, der Straße zu und sagte dabei zu sich: »Dieses Wirtshaus war doch nicht die weite Welt! In der weiten Welt ist man großzügiger und nicht so affengeil auf Rache aus!«
    Als der Hund Straßenasphalt unter den Pfoten fühlte, überlegte er, ob es zur weiten Welt nach rechts oder nach links gehe. Er entschied sich dafür, nach links zu gehen, weil er da Rückenwind hatte. Wenn er irgendetwas im Leben nicht ausstehen konnte, dann war es frischer Wind um die Schnauze!
    Er trottete nach links und pfiff seine neun Lieder. Ein wenig heiß war ihm, denn die Nacht war lind und lau, und der Schal war aus Angorahasen-Wolle gestrickt. Aber der Hund trug den Schal bei jedem Wetter. Weil ihn seine Frau gestrickt hatte und weil sie vier Jahre dazu gebraucht hatte. Sie war keine flinke Strickerin gewesen.
    »Wenn ich den Schal nur bei Bärenkälte nehme«, hatte sich der Hund gesagt, »dann ehre ich die Arbeit meiner Frau zu wenig!«
    Es dämmerte schon, da kam er durch ein Waldstück und sah am Straßenrand ein Moped stehen. Und im Straßengraben, hinter dem Moped, lag das Schwein und schnarchte.
    Der Hund sprang in den Straßengraben und packte das Schwein am Ringelschwanz. »He, Schwein«, rief er.
    Das Schwein fuhr hoch, blinzelte, gähnte, rieb sich die Augen, erkannte den Hund und fing an zu zittern. Es wollte aufspringen und weglaufen, aber das ging nicht, denn der Hund ließ den Ringelschwanz nicht
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