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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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Brotkrümelchen, kein Wursthauterl!«
    Und der Hund hatte seinen Schwur gehalten. Ratzekahl hatte er den Eisschrank geräumt. Sogar die Eiswürfel hatte er aus dem Tiefkühlfach genommen und zu Wasser tauen lassen.
    Der Hund aß sein kunterbuntes Menü, dann rülpste er, wickelte die Abfälle ins Geschirrtuch und stopfte sie in die Wanderniere. Dann sagte er zu sich: »Zeit für den Mittagsschlaf, meine ich!«
    Er legte sich zum Stamm vom Kastanienbaum, machte die Augen zu, klappte die Flatterohren über die geschlossenen Augen und versuchte einzuschlafen. Doch da war eine umheimlich lästige Fliege! Die setzte sich auf seine Schnauze. Der Hund zuckte mit den Flatterohren, die Fliege flog hoch und setzte sich auf den Bauch und krabbelte dort herum. Und der Hund war am Bauch besonders kitzlig. Der Hund wedelte mit dem Schwanz. Die Fliege flog vom Bauch weg und setzte sich auf die Schnauze. Der Hund zuckte mit den Ohren. Die Fliege setzte sich wieder auf den Bauch. Dem Hund ging das unheimlich auf die Nerven! Und richtig schläfrig war er ohnehin nicht.
    »Ein Mittagsschlaf ist eigentlich eine saudumme Sache«, murmelte er und sprang auf. »Seit Jahren halte ich einen Mittagsschlaf, obwohl ich zu Mittag überhaupt nicht müde bin! Das wird abgeschafft! Alle saudummen Sachen werden abgeschafft!«
    Der Hund band sich die Wanderniere um, nahm den Koffer in die rechte Vorderpfote und die Reisetasche in die linke und wanderte weiter, querfeldein drauflos.
    Als die Sonne schon recht tief am Himmel stand, kam er zu einem Wirtshaus. Ganz einsam, mitten auf einer Wiese, stand das Wirtshaus. Es hatte ein rotes Ziegeldach und weiße Mauern und grüne Fensterläden. Über der Eingangstür hing ein Schild. Zum wilden Heinrich stand darauf.
    Auf die Eingangstür war eine Speisekarte genagelt. Der Hund besah sich die Speisekarte genau.
    »Vernünftige Speisen, vernünftige Preise«, murmelte er und öffnete die Tür. Hinter der Tür war eine große Stube mit Tischen und einem Ausschank.
    An einem Tisch saßen zwei Hennen und ein Hahn, an einem saß ein junger Hund, an einem eine Katze. Am Ausschank lehnte ein Mensch, einer mit Glatze und buschigem Schnurrbart. Der sagte und verneigte sich dabei: »Schönen guten Nachmittag, der Hund!«
    »Schönen guten Nachmittag, wilder Heinrich«, sagte der Hund und verneigte sich auch. Dann setzte er sich zu einem freien Tisch bei einem Fenster.
    »Wollen der Hund speisen?«
    »Dreimal Wurzelfleisch ohne Kren und ein großes Helles!«, bestellte der Hund.
    »Dreimal Wurzelfleisch ohne Kren auf einem Teller!«, rief der Mensch mit Glatze und Schnurrbart zur Küchentür hin, dann nahm er ein Bierkrügel und zapfte das große Helle ab. »Wohl bekomm’s«, sagte er und stellte das Bierkrügel auf den Tisch.
    Der Hund hob das Krügel und trank es in einem Zug leer. Vom langen Wandern war er durstig geworden.
    »Wenn ich noch um eins bitten darf, wilder Heinrich«, sagte er dann und rülpste dreimal.
    »Der wilde Heinrich war mein Vater«, sagte der Wirt. »Ich bin der sanfte Heinrich! Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, das Schild umzumalen!«
    Der sanfte Heinrich lief mit dem leeren Bierkrügel zum Ausschank. Aus der Küche kam eine kleine Frau mit einem riesigen Teller voll Fleisch und gelben und weißen und roten Rübenraspeln drauf. Sie schaute sich um, ging auf den Hund zu und meinte: »Wird wohl Ihnen gehören?«
    Der Hund nickte, nahm ihr den Teller ab und fing zu mampfen an.
    »Sind der Hund auf Durchreise?«, fragte die Frau.
    »In die weite Welt geht’s«, sprach der Hund mit vollen Backen. »Ich will sehen, ob mich wer brauchen kann!«
    Die Frau holte eine Brille aus der Schürzentasche, setzte sie auf und schaute den Hund genau an, von den Flatterohrspitzen bis zu den Hinterpfotenklauen musterte sie ihn, dann rief sie: »Sanfter Heinrich, schau dir den Hund einmal an! Den könnten wir doch brauchen, oder?«
    Der sanfte Heinrich kam mit dem Bierkrügel, stellte es auf den Tisch, murmelte: »Prost, der Hund«, holte auch eine Brille aus der Schürzentasche, setzte sie auf und schaute den Hund genau an. Von den Flatterohrspitzen bis zu den Hinterpfotenklauen musterte er ihn, dann sagte er: »Jawohl, den Hund könnten wir gut brauchen!«
    »Tut mir Leid!« Der Hund trank das zweite Krügel leer. »Aber ich will in die weite Welt. Und ich bin erst ein paar Stunden gewandert. Die weite Welt ist weiter weg.«
    »Die Welt ist kugelrund, werter Hund«, sagte der sanfte Heinrich. »Überall ist
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