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Der höchste Preis (German Edition)

Der höchste Preis (German Edition)

Titel: Der höchste Preis (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schweiger
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Was es dann auch tat. Aber die Kugel zupfte nur an Grubers linkem Ohr, und weckte ihn aus seiner Apathie. Noch geblendet vom Mündungsblitz, drückte er ab und schoss Borsche unter halb des Rippenbogens zweimal in die Brust. Der Mann stöhnte kurz auf, spuckte etwas Blut aus, und lag dann mit erschlafften Gliedmaßen still da.
    Gleich darauf kniete Bischoff neben Gruber.
    „Großer Gott, das war knapp ...“, sagte sie, ihren Arm um Grubers Schultern gelegt.
    Gruber wandte sich ab, um nicht auf die Leiche zu kotzen. Er zitterte am ganzen Leib und merkte erst jetzt, dass er sich in die Hose gepisst hatte.
    „So, findest du?“, keuchte er mit tränenden Augen.
    „Ja, du verdammter Idiot“, schimpfte Bischoff los. „Wolltest du Selbstmord begehen oder was? Wo hast du das denn gelernt, dass man den Bösewicht immer zuerst schießen lassen soll, in einem bescheuerten Western?“
    „Selbstmord ist gut“, sagte Gruber.
    „Wie bitte?“ Bischoff blickte ihn entgeistert an.
    „Nur ein Witz, habe ich mal im Playboy gelesen“, sagte Gruber wie in Trance. „Da wird irgendwo in Alabama die Leiche von einem Schwarzen gefunden, von unzähligen Einschüssen regelrecht zerfetzt. Kommt der Sheriff, natürlich ein Weißer, und schaut sich den Toten genauestens an. Sagt dann: Also, einen so schrecklichen Selbstmord habe ich noch nie gesehen.“
    Bischoff rüttelte ihn. „Hey, es ist vorbei. Komm wieder zu dir ...“ Sie packte Gruber unter den Achseln und hievte ihn hoch.

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    „Mein Gott“, entfuhr es Bischoff dann plötzlich, „wir stehen hier rum und ...“
    Gruber straffte sich und blickte auf sein durchnässtes rechtes Hosenbein hinab. „Okay, gehen wir nachschauen.“
    „Moment noch.“
    Während Bischoff ihr Handy hervorholte und Verstärkung anforderte, schleppte sich Gruber ins Bad und spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht. Er hatte mit einem Mal rasende Kopfschmerzen und seine Ohren klingelten noch vom Krach der Schüsse her. Dann folgte er Bischoff die enge Steintreppe in den Keller hinab, in einen kleinen, kahlen Vorraum, von dem drei Metalltüren abgingen. Bischoff probierte nacheinander die Klinken. Die erste Tür führte in den Heizungsraum, die zweite in eine Art Vorratsraum. Die dritte war verschlossen. Sie klopfen dagegen, erhielten aber keine Antwort. Kein Laut drang an sie heran.
    Bischoff eilte hoch, war gleich wieder zur Stelle. Mit Borsches Schlüsselbund. Sie probierte hastig zwei, drei Schüssel aus, der vierte passte endlich. Sie drückte vorsichtig die Klinke nieder, und sie traten ins Dunkle. Aber bereits der Geruch verriet ihnen, dass hier unten jemand untergebracht war.
    Ein menschliches Wesen. Gruber tastete nach einem Lichtschalter, in der nächsten Sekunde lag eine Art Jugendzimmer für Mädchen vor ihnen. Mit Postern von „Tokio Hotel“ und anderen Musikern an den Wänden und etlichen Plüschtieren auf der Schlafcouch. Zu sehen war niemand. Aber in einer Ecke, hinter einer nicht ganz geschlossenen Falttür, war ein Schatten, dann auch eine flüchtige Bewegung erkennbar. Gruber hielt den Atem an.
    „Keine Angst, wir sind von der Polizei“, sagte er.
    Die Falttür wurde ein Stück weit aufgezogen, eine Hand wurde sichtbar, dann ein Arm, und schließlich das verängstigte Gesicht des Mädchens, das in den letzten Monaten Tag und Nacht in Grubers Kopf herumgespukt war: Alexandra Huber.
    Gruber hätte die Kleine am liebsten gepackt und an sich gedrückt, erkannte aber, dass dies vermutlich das Allerletzte war, was das Mädchen jetzt wollte, einen alten, nach Schweiß, Urin und Angst riechenden Mann an sich zu spüren. Er zog sich mit feuchten Augen zurück und überließ es Bischoff, das Mädchen in den Arm zu schließen und ihm mit sanften Worten zu versichern, dass nun alles vorbei sei.

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    Der Tag wird kommen!
    Wieso ihm gerade dieser Satz eingefallen war; Gruber hatte keine Ahnung. Es war ihm auch egal. Er rauchte die Zigarette, die er sich von einem Streifenpolizisten geschnorrt hatte, mit tiefen Zügen zu Ende und starrte ins Leere. Dass keine zweihundert Meter weiter der Teufel los war, kümmerte ihn nicht. Alles, was er verspürte, war eine schreckliche Müdigkeit. Verbunden mit der herrlichen Aussicht, endlich wieder ruhig schlafen zu können. Den Schlaf der Gerechten nachzuholen. Er hörte das Knacken eines Zweigs auf dem Waldboden hinter sich und drehte den Kopf.
    Doktor Siegfried Ehrengard, der Psychologe, trippelte zwischen den Fichten heran.
    Gruber
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