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Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Titel: Der Hexer - NR48 - Geistersturm
Autoren: Verschiedene
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doch sie entzog sich ihm und stieß ihn energisch zurück.
    »Glauben Sie immer noch, daß ich nicht gesund bin?« fragte sie.
    »Nein, natürlich sind Sie gesund«, keuchte er. Die Worte kamen fast von allein aus seinem Mund, als würde jemand anders an seiner Stelle sprechen.
    Aber er war überzeugt davon, daß sie recht hatte.
    Priscylla fehlte nichts, es wäre nicht richtig, sie länger hier festzuhalten. Er erschauderte bei dem Gedanken, bedeutete eine Entlassung doch, daß er sie nicht mehr jeden Tag sehen konnte, doch das war jetzt bedeutungslos.
    »Dann werden Sie dafür sorgen, daß man mich entläßt? Ich muß zu Robert zurück.«
    Der Name ihres Verlobten versetzte ihm einen schmerzhaften Stich.
    »Das... habe ich nicht allein zu entscheiden«, antwortete Denham stockend. Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn. Was tat er?!
    »Diese Entscheidung muß gemeinsam von allen Ärzten getragen werden, und...«
    »Sie werden die anderen schon davon überzeugen können, da bin ich mir ganz sicher«, unterbrach sie ihn. »Und wenn Sie etwas erreicht haben, dann kommen Sie am besten direkt zu mir.« Wieder öffnete sich ihr Mund ein wenig, wie zu einem verheißungsvollen Versprechen, und ihre Zungenspitze glitt sanft über die Lippen.
    Denham schluckte. Widerstrebend riß er sich von ihrem Anblick los und stand auf. Er würde alles tun, was Priscylla von ihm verlangte.
    Alles.

    * * *

    Vor den Fenstern meines Arbeitszimmers lastete tiefschwarze Dunkelheit wie eine massive Wand.
    Schneeregen klatschte gegen die Scheiben, unregelmäßig und im willkürlichen Takt, den ihm der böige Wind aufzwang, so daß es sich anhörte wie Trommeln und fernes Murmeln.
    Eisige Luft fauchte durch den geöffneten Fensterflügel herein, aber ich nahm die Kälte nicht wahr.
    Genausowenig nahm ich wahr, wie aus den Decken und Winkeln des Zimmers gestaltlose Schatten hervorkrochen und mit rauchigen Fingern in das blasse Licht der Petroleumlampe auf meinem Schreibtisch griffen; düstere Boten der Alpträume, die wieder auf mich warteten, falls ich einschlafen sollte.
    Aber ich wußte, daß ich keinen Schlaf finden würde. Heute so wenig wie in der Nacht zuvor.
    Und es lag nicht nur an dem Traum, den ich an Bord der NAUTILUS gehabt und immer noch nicht ganz verwunden hatte. Die Sache mit der seltsamen Verletzung beunruhigte mich gelegentlich noch ein wenig, aber im Augenblick beschäftigten sich meine Gedanken mit etwas ganz anderem.
    Immer wieder sah ich Priscyllas Gesicht vor mir.
    Schon vor fast zwei Monaten hatte ich sie aus dem Summers-Sanatorium nach Hause holen wollen. Ich hatte sie ein paarmal besucht, und sie war geistig gesund gewesen.
    Jedenfalls hatte ich das geglaubt. Vielleicht hatte ich es auch nicht wirklich geglaubt, sondern mich einfach nur wider besseres Wissen an den Gedanken geklammert. Die immer noch undurchsichtigen Experimente Dr. Jacksons hatten sie in eine neue Krise gestürzt, doch auch diese schien nun behoben.
    Als ich nach London zurückgekehrt war, hatte ich die Nachricht erhalten, daß man sie zwei Tage lang einer gründlichen abschließenden Untersuchung unterziehen würde. Wenn diese positiv ausfiel, galt Pri als endgültig geheilt und konnte entlassen werden.
    Morgen sollte die Entscheidung fallen.
    Ich wußte nicht, wie lange ich bereits reglos am Fenster stand und in die Nacht hinausstarrte, als die Tür hinter mir geöffnet wurde.
    Jede Bewegung fiel mir schwer, als ich die Gardine fahren ließ, das Fenster schloß und mich umwandte. Einen Herzschlag lang sah ich mein Spiegelbild in der Scheibe. Ich erschrak vor mir selbst. Meine Wangen waren eingefallen; sie verliehen meinem ohnehin hageren Gesicht einen asketischen, hungrigen Ausdruck. Schwere dunkle Ringe lagen unter meinen geröteten Augen. Meine Haut sah so aus, wie ich mich fühlte – krank und übermüdet.
    Mir war, als würde ich nach langem, tiefen Schlaf wieder in die Welt zurückkehren. Zuvor hatte ich gar nicht wahrgenommen, wie stark sich die Luft nach dem für Februar relativ milden Tag durch den Schneeregen abgekühlt hatte, doch nun spürte ich, wie ich trotz des im Kamin glimmenden Feuers fror.
    Kein Wunder, da ich meinen Gehrock abgelegt hatte und nur eine Weste und darunter ein dünnes Hemd trug. Ich kreuzte die Arme vor der Brust und massierte sie ein wenig, um mich aufzuwärmen. Meine Finger waren steif und taub vor Kälte.
    »Wollen Sie sich mit Gewalt eine Lungenentzündung holen?« fragte Miss Winden, meine Haushälterin,
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