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Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Der Hexer - NR48 - Geistersturm

Titel: Der Hexer - NR48 - Geistersturm
Autoren: Verschiedene
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zurückzudrängen. Da war etwas, was ich wußte, und was wichtig war. Ich hatte es vergessen (vergessen? verdrängt!), aber es war wichtig...
    Ungeheuer wichtig.
    Mit klopfendem Herzen sah ich mich um. Der Stockdegen lag mehr als drei Schritte von mir entfernt auf dem Tisch, die Klinge in der hölzernen Hülle verborgen. Aber es war doch unmöglich!
    »Also, was war los?« fragte Howard noch einmal. Hinter ihm erschienen weitere Leute auf der Türschwelle, Matrosen der NAUTILUS, die ich mit meinem Schrei ebenfalls aus dem Schlaf gerissen hatte. Einige hielten Waffen in den Händen und erforschten meine Kabine mit lauernden Blicken. Angst stand in ihren Gesichtern geschrieben.
    Großer Gott – was geschah hier?!
    »Ich sagte doch schon, ein Alptraum«, wiederholte ich hastig. »Ich habe schlecht geträumt und dabei wohl geschrien. So etwas kommt vor«, fügte ich etwas schärfer hinzu.
    Die Erklärung beruhigte die Matrosen. Leise murmelnd wandten sie sich wieder ab und kehrten nach einem letzten forschenden Blick in ihre Kabinen zurück. Nach all dem, was sie in den vergangenen Tagen durchgemacht hatten, waren auch ihre Nerven stark mitgenommen. Unter dem Kommando Nemos hatten sie zwar schon allerhand Sonderbares erlebt, aber für die meisten von ihnen war es die erste direkte Begegnung mit dem Übernatürlichen gewesen. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie den Schock überwunden hatten. Bis dahin würden sie auf alles Ungewöhnliche übertrieben furchtsam und heftig reagieren.
    Nur Howard blieb zurück. Wie gesagt – den Matrosen genügte diese Erklärung vollauf. Ihm nicht.
    Er trat an die Pritsche, ergriff meinen Arm und betrachtete die Wunde.
    »Nichts von Bedeutung«, sagte ich rasch. »Wahrscheinlich habe ich mir im Schlaf mit einem Fingernagel die Haut geritzt.« Mir fiel nichts Besseres ein, obwohl ich wußte, wie dürftig die Erklärung war. Auch Howard wußte es, aber er schwieg und sah mich nur an.
    Auf eine Art, die mir ganz und gar nicht gefiel.
    »Also gut, sprechen wir morgen darüber«, sagte er nach ein paar Sekunden.
    »Da gibt es nichts zu besprechen. Ich hatte einen Alptraum, das ist alles«, entgegnete ich wider besseres Wissen.
    »Das ist alles«, echote er spöttisch, mit einer Stimme, die das genaue Gegenteil ausdrückte.
    Wenn er nur endlich gehen würde!
    Etwas hielt mich davon ab, ihm von meinem Traume zu erzählen. Ich war immer noch verwirrt, und auch meine Seekrankheit machte sich jetzt wieder bemerkbar. Ich verspürte im Augenblick keinerlei Lust, mich ausgiebig mit Howard zu unterhalten, und machte ihm dies durch ein übertrieben heftiges Gähnen deutlich.
    Er musterte mich noch einige Sekunden lang, dann wandte er sich ab und ging schulterzuckend zur Tür zurück.
    Kaum hatte er die Kabine verlassen, stand ich auf und eilte zum Tisch. Ich griff nach dem Stockdegen und löste die Arretierung. Mit einem leisen, quietschenden Laut glitt die Klinge aus ihrer hölzernen Umhüllung heraus.
    Und obwohl ich geahnt hatte, was mich erwartete, erschreckte der Anblick mich zutiefst.
    Auf der Klinge glänzte ein Tropfen frischen, noch nicht einmal geronnenen Blutes.
    Mein Blut!
    Ich wußte, daß es mein Blut war, obwohl ich den Gedanken gleichzeitig verdrängte, um nicht den Verstand zu verlieren.
    Ein Zufall, versuchte ich mir einzureden, nichts als ein dummer Zufall, den ich nicht ernst nehmen konnte, nicht weiter beachten durfte. Großer Gott, was geschah hier?!
    Ich blickte an mir herab. Mein Herz raste.
    Weder entdeckte ich Schlamm noch sonst irgend etwas, das darauf hindeutete, daß auch nur das Geringste an dem Traum Realität gewesen sein könnte. Selbst wenn das Blut an der Klinge meines war, gab es noch eine ganz harmlose Erklärung dafür. Ich konnte im Schlaf unbewußt aufgestanden sein und nach der Waffe gegriffen haben, auch wenn ich bisher noch nie geschlafwandelt hatte.
    Natürlich, das war es!
    Ich ärgerte mich, daß ich nicht gleich auf den naheliegenden Gedanken gekommen war. Halbwegs beruhigt kehrte ich in mein Bett zurück, lag aber noch lange wach, bevor ich endlich wieder in einen leichten Schlummer fiel. Irgend etwas war da, eine dünne, böse Stimme, die mich selbst noch bis in den Schlaf verfolgte und meine Träume vergiftete und die darauf bestand, daß diese Erklärung vielleicht wirklich die naheliegendste, aber auch die falscheste von allen denkbaren sei.

    * * *

    Früh am nächsten Morgen erreichte die NAUTILUS die englische Küste, wo wir in der Nähe
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