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Der Hexer - NR26 - Die Gruft der weissen Götter

Der Hexer - NR26 - Die Gruft der weissen Götter

Titel: Der Hexer - NR26 - Die Gruft der weissen Götter
Autoren: Verschiedene
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den Boden hinaus. Die eigentliche Bergfestung mußte tief unter der Erde liegen.
    Und wahrscheinlich war ich der einzige, der eine ziemlich klare Vorstellung von dem hatte, was uns erwartete – genauer gesagt, wer.
    Wenn dies wirklich Necrons Drachenburg war – und nichts, was wir bisher erlebt hatten, sprach in irgendeiner Form dagegen –, dann war unser Kampf mit den Wächterindianern und dem tobsüchtig gewordenen Saurier nichts weiter als ein harmloses Vorgeplänkel gewesen.
    Der einzige Grund, aus dem ich meine Befürchtungen noch keinem der anderen mitgeteilt hätte, war ein Umstand, den ich schlichtweg nicht begriff:
    nämlich der, daß wir noch lebten.
    Wenn dies wirklich die legendäre Drachenburg Necrons war, wieso hatten uns seine gefürchteten Drachenkrieger dann nicht längst überwältigt?
    Ein überraschter Ausruf Buffalo Bill Codys riß mich abrupt in die Wirklichkeit zurück. Ein wenig erschrocken sah ich auf, bedeutete Postlethwaite und Annie mit einer Geste – die sie selbstverständlich ignorierten – zurückzubleiben und beeilte mich, Cody einzuholen.
    Er hatte das Ende des Ganges erreicht, und vor ihm verbreiterte sich der felsige Stollen zu einem gewaltigen Dom, in dem sich das Licht unserer Fackeln hoffnungslos verlor. Zahllose steinerne Säulen verbanden die Decke mit dem Boden, so daß ich für einen kurzen Moment den Eindruck hatte, einem gewaltigen versteinerten Wald gegenüberzustehen. Das leise, monotone Fallen von Wassertropfen drang aus der Tiefe der Höhle an unser Ohr; die Luft roch feucht und irgendwie scharf. Wieder hatte.ich das flüchtige Gefühl, dies alles hier kennen zu müssen, ohne es indes wirklich greifen zu können. Dann gesellte sich das Licht unserer Fackeln dem Codys und Sitting Bulls hinzu, und ich erkannte, was es wirklich war.
    Wir standen am Eingang einer riesigen Tropfsteinhöhle.
    Die Bäume waren nichts anderes als zusammengewachsene Stalagmiten und Stalaktiten, manche auch noch nicht ganz verbunden, so daß zwischen den spitz zulaufenden Enden der Kalksteinsäulen handbreite Spalten blieben. Es sah aus wie ein riesiges Raubtiergebiß, dessen Fänge sich noch nicht vollends geschlossen hatten. Es war ein unheimlicher Anblick.
    Und dann sah ich auch, was der Grund für Codys ungläubiges Keuchen gewesen war: etliche Schritte vor uns, dicht am Rande des Lichtscheines, so daß die flackernden Schatten der Erscheinung die boshafte Vision gräßlichen Lebens verliehen, stand eine Gestalt.
    Im allerersten Moment hielt ich sie für einen Stalagmiten, denn auch über ihr senkte sich der spitze Drachenzahn eines Stalaktiten von der Decke herab.
    Aber das war sie nicht.
    Ganz und gar nicht.
    Es war die Gestalt eines Menschen...
    Zögernd und von einem furchtbaren, an blankes Entsetzen grenzenden Schrecken erfüllt, näherten wir uns der fürchterlichen Erscheinung. Keiner von uns sprach auch nur ein Wort.
    Das Licht unserer Fackeln vertrieb die Schatten und die grauenhafte Illusion von Bewegung und Leben, aber was blieb, war schlimm genug.
    Es war ein Mann – ein alter Indianer –, der wie in einer skurrilen Momentaufnahme mitten in der Bewegung erstarrt war. Er stand da, die rechte Hand erhoben und das rechte Knie leicht angewinkelt, als hätte er gerade einen Schritt machen wollen, als ihn das Unfaßbare traf. Sein ganzer Körper war von einer glitzernden Schicht weißgrauen Kalkes überzogen, wie eine zweite Haut, die jede Einzelheit seines Körpers – aber auch seiner Kleider und selbst des prachtvollen Federschmuckes, den er trug – nachgezeichnet hatte! Von der Hüfte abwärts verschwamm diese Genauigkeit ein wenig; das heruntertropfende Wasser, von dem jeder Tropfen die Kalkschicht um einen Tausendstelmillimeter verstärkte, hatte sich dort zu dicken Tränen geballt, und wo seine Füße sein sollten, waren nur zwei dicke, knotige Gebilde, wo der Kalk direkt mit dem Boden verwachsen war. Aber sein Gesicht war so deutlich und klar zu erkennen, als trüge er eine Totenmaske.
    Buffalo Bill hob seine Fackel, um den von der Höhlendecke herunterwachsenden Stalaktiten zu beleuchten.
    Auch jetzt lief noch Wasser an dem glitzernden Kalksteingebilde herab, sehr sehr langsam, vielleicht nur ein Tropfen alle zehn Minuten, aber stetig. Ich beobachtete einen der Tropfen, wie er auf das Gesicht des versteinerten Indianers herunterfiel, in einem komplizierten Hin und Her über seine Stirn und Nasenwurzel lief und schließlich eine glitzernde Spur über Auge und die Wange
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