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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Möglichkeiten...
    Ich war flexibler als Antonio und Valentina, was das Geschäftliche anging. Aber vor allem - ich war kreativer, offener... Eigentlich glaube ich nicht an Zufälle, bin einfach zu rational dafür, doch als just in diesem Moment meiner Gedanken ein silberner Lancia im Schritttempo durch die Toreinfahrt gerollt kam, um im Schatten des Innenhofes zu parken, war ich kurz davor, meine Meinung zu ändern.
    Warum nur das jetzt? Es war der Wagen meiner Eltern...
    ·
    In der letzten Zeit schien meine Familie es zu schätzen, mir unerwartet 'entgegenzurollen'. War es bei Rebecca und Tomaso jedoch einfach nur ablehnende Verwunderung gewesen, die mich bei ihrer Ankunft gepackt hatte, so traf mich diesmal fast der Schlag.
    Immerhin saß ich hier mit den Unterlagen des Restaurants vor mir auf dem Tisch. Welchen, als den einzig richtigen Schluss, sollten sie daraus ziehen? Das gäbe Ärger, und irgendwie erinnerte die Situation fatal an jene, in der die beiden Shiro und mich in der Küche des D’Agostas gestellt hatten. Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss, während schlagartig meine Kehle eintrocknete.
    Sie stiegen aus dem Wagen, verharrten für einen grässlichen Moment, so als müssten sie sich ihr folgendes Vorgehen ganz genau überlegen, bewegten sich dann aber schließlich langsamen Schrittes in meine Richtung. Ich war geliefert.
    »Luca... sieh an!«
    Irritiert registrierte ich ein verstecktes Lächeln in Antonios Gesicht, als er erkannte, was mich da gerade beschäftigte.
    »Du verlierst keine Zeit, wie ich sehe...«
    Zu meiner Überraschung sagte er das nicht unfreundlich.
    Meine Mutter war ebenfalls vor mir stehengeblieben, schwieg jedoch, sah mich nur an, lange und durchdringend. Es schien mir, als habe sie seit unserer letzten Begegnung nochmals abgenommen und dabei nicht nur Gewicht, sondern auch jegliche Mimik verloren. Maskenhaft wirkte ihr Auftritt, die Augen dabei seltsam glanzlos und müde.
    »Könntest du uns eine Caffè bereiten, Liebes?«, fragte Antonio, was von ihr mit einem ruhigen, fast mechanischen Nicken quittiert wurde. Dabei ließ sie mich jedoch keinen Augenblick aus den Augen.
    »Was ist mit ihr...?«, fragte ich irritiert, während ich beobachtete, wie sie im Restaurant verschwand. Mein Vater hatte mir gegenüber Platz genommen, die Hände gefaltet und abwartend in mein völlig überrumpeltes Gesicht gesehen.
    »Die Medikamente!«, erklärte er leise, so als befürchte er, sie könne uns hören. »Zum Nachmittag wird es besser...« Und dann fragte er: »Na, mein Junge, wie geht es dir?« »...Gut...«, antwortete ich vorsichtig.
    Antonio lächelte über den Tisch, versenkte seinen Blick in mein falsches Auge, deutete auf die Unterlagen vor mir und verkündete stolz: »Es war meine Idee, das hier, weißt du?« Da war ich nun aber doch etwas platt. Ausgerechnet Antonio? Ich verstand es nicht. Und das sagte ich ihm auch.
    »Haben sie dir nicht erzählt, dass deine Mutter und ich jetzt in Ancona leben?«
    »Doch, haben sie«.
    »Na, dann weißt du ja auch, dass geklärt werden muss, wie es jetzt mit dem D’Agosta weitergehen soll... Darum bist du ja sicher hier...?« Wieder wies er auf die Papiere. Ein Nicken meinerseits.
    »Weißt du, Fano zu verlassen war die richtige Entscheidung!« Er lächelte leutselig, lehnte sich weit zurück und schien die Sonne zu genießen, die auf unseren Platz fiel.
    »...Aber dass wir diesen Schritt gewagt haben, ist ja auch zu einem großen Teil dir zu verdanken....«
    Ich sah ratlos in das blasse Gesicht meines Vaters. Etwas Sonne konnte es wirklich vertragen.
    »Na, Anna!«, erklärte dieser. »Wir wären doch nie auf die Idee gekommen, Anna in ein Internat zu geben. Aber so entlastet das ja nicht nur deine kleine Schwester, auch uns ist eine enorme Bürde genommen worden... Ah, Valentina...! «
    Antonio sprang auf, um meiner Mutter dabei zu helfen, das Tablett mit dem Caffè abzusetzen. Eine umständliche, etwas hilflose Geste, die das ganze Unterfangen eher verkomplizierte, als dass es irgendwie weiterhalf. Es zeigte mir aber auch, dass all die überraschende Selbstsicherheit nicht ganz so stabil war wie vorgetragen. Eine eigenartige Situation, eine beklemmende...
    »Und Tomaso?«, fragte ich irgendwann geradeheraus. Wir saßen uns zu dritt gegenüber, rührten in unseren Tassen und hatten bis zu diesem Moment nicht gesprochen. Meine Mutter erschuf solch verkrampfte Situationen mittlerweile. »Es war doch völlig klar, dass es Tomaso
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