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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer
Autoren: Jobst Mahrenholz
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euch als Mittel zum Zweck! Nutzvieh, mehr nicht!«
    Antonios Hand sah ich ebensowenig kommen, wie die pfeilschnelle Abwehrbewegung von Jack, aber das Bild, das sich bot, erstarrte für einen Sekundenbruchteil in der Luft: Der Arm meines Vaters, wie er zum wutentbrannten Schlag gegen mich ausgeholt hatte, sowie Jacks Hand, die ebendieses Vorhaben fast beiläufig zu verhindern wusste.
    »Schutzengel - Sie erinnern sich?«, sagte er ruhig, bevor er seinen Griff lockerte und meinen Vater freigab.
    Für einen Moment herrschte Schweigen. Antonio rieb sich sein Handgelenk, Valentina sendete mit flatternden Lidern innere Stoßgebete gen Himmel, und ich starrte fassungslos zu Jack, der mich mit einem kleinen Lächeln bedachte.
    Dann, endlich, erhob ich mich, sah auf die beiden herab und wusste instinktiv, dass dies das letzte Bild bleiben würde, dass ich von meinen Eltern bekam. »Ich werde Matteo empfehlen, das D’Agosta zu verkaufen...«, sagte ich noch, und ich bemerkte, wie mein Vater bei diesen Worten zusammenzuckte. »...In diesem Restaurant kann man einfach nicht glücklich werden...« Dann wandte ich mich ab, um ins Haus zu gehen und meine Sachen zu packen.

23.

    Ich saß auf dem Beifahrersitz, die Arme verschränkt und starrte auf mein Handschuhfach. Jack fuhr. Es schien ihm sicherer so.
    »Wieso bist du eigentlich mit dem Zug gekommen?«, fragte ich matt, froh darüber, in diesem Moment nicht alleine sein zu müssen.
    »Und mir diese Rückfahrt entgehen lassen?«
    Dazu schwieg ich. Hätte ich mir ja auch denken können...
    »Sind sie nicht grässlich?«, fragte ich weiter.
    »Sie sind völlig normal, Luca...«
    Ich sah ihn groß an.
    »Sie sind normal...!«, wiederholte Jack und nickte dabei. Sein Blick schwenke kurz zu mir, suchte aber auch gleich wieder den Kontakt zur Straße. »...Stinknormal, wenn du mich fragst. Uninspiriert, engmaschig, konditioniert, öde...«»Sie sind egoistisch, durch und durch...«
    »... Egoistisch , konventionell, homophob, denkfrei... such dir was aus!«
    »Antonio hat versucht mich zu schlagen!«, sagte ich und holte so dieses Bild zurück.
    »Das hätten Millionen andere Väter nicht anders gehandhabt, in dieser Situation...«
    Ich dachte kurz nach. »Das macht es nicht besser...«, gab ich zu denken. »...Danke übrigens!«
    »Gern doch, mein Hase«
    »Das war... unglaublich...«
    »Nun ja...«
    »Doch, doch! Wie schnell... deine Reaktion... einfach unglaublich...«
    »Wenn du es sagst...« Er lächelte, während er auf eine der Mautstationen zusteuerte um sich zeitgleich eine Zigarette zwischen die Zähne zu klemmen.
    »Im Auto wird nicht geraucht!«
    Irrtum...
    ·
    Eineinhalb Stunden waren vergangen...
    Wir hatten die Plätze getauscht, seitdem aber kaum miteinander gesprochen. Der Wagen tat mir gut...
    »Jack?«
    »Hmhm...?«
    »Oh, ich hab dich geweckt...«
    »Egal...« Die Armani-Augen blickten unergründlich, aber seine Körperhaltung sprach dafür, dass er kurz weggetreten war.
    »Du hattest es die ganze Zeit gewusst, stimmt’s?«
    »Wusste was?«, fragte er schläfrig.
    »Das es so kommen würde...«
    Er zog sich etwas hoch, schob die Brille auf die Stirn und streckte sich.
    »Dies ist kein bequemer Wagen...«, beschwerte er sich.
    »Dafür wurde er nicht gebaut!«
    »Das wusste ich nicht...«
    »Was nicht?« Dieser Mann irritierte mich.
    »Na, dass es so kommen würde, deine Frage... ich wusste es nicht!«
    Ich lächelte in sein verschlafenes Gesicht. »Aber du weißt, dass du unsere Freundschaft riskiert hast?«
    »Nicht eine Sekunde...«, versicherte er mir glaubwürdig, während seine Brille wieder auf die Nasenwurzel wanderte. »Luca-Schatz, ich lese in dir wie in einem offenen Buch...«
    ...und weg war er wieder...
    ·
    Zweieinhalb Stunden waren vergangen...
    Die Landschaft hatte sich verändert. Nun lockte die Emillia-Romagna mit ihren sanft geschwungenen Hügeln. Sie ließ meinen geliebten Apennin erahnen. Das machte mich glücklich und ich spürte, wie die Anspannung von mir wich. Tatsächlich war es so! Je mehr wir gen Westen kamen, um so lockerer wurde ich. Fano mochte ja mal mein Zuhause gewesen sein, doch Genova war mittlerweile so etwas wie meine Heimat für mich geworden. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich es einmal so sehen würde.
    »Schinken, stimmt’s?«
    Ein Blick zur Seite präsentierte mir ein breites, fast kindliches Grinsen.
    »Was soll dass jetzt...?«
    Er wies auf das Abfahrtsschild vor uns. »Na, Parma! An was denkt man wohl,
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