Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs
Autoren: Sara Douglass
Vom Netzwerk:
überwältigt, die Köpfe gesenkt, doch sonst waren alle Augen auf den Manteceros gerichtet.
    »Die Frau war froh, als sie den Hund an der Tür kratzen hörte, und eilte sofort hinaus, um ihn zu streicheln und zu umarmen. Doch als sie sich über ihn beugte, knurrte er und biß sie in die Hand. Mit einem Aufschrei riß sie sich los. Die Brüder, ihre Frauen und die zahlreichen Kinder kamen angelaufen, zerrten sie ins Haus, ohrfeigten sie für ihre Torheit und traten den Hund tot.
    Doch es war schon zu spät. Sie bekam Fieber, qualvolle Krämpfe schüttelten ihren Körper. Von ihren Schwägerinnen bekam sie gerade soviel Pflege, daß sie am Leben blieb, doch als sie sich endlich wieder vom Krankenlager erhob, wünschten die Frauen, sie hätten nichts getan. Das Fieber hatte ihr den Rücken krummgebogen, und ein Bein war verkrüppelt und kürzer als das andere. Jetzt war sie nicht einmal mehr als Magd zu gebrauchen.«
    Maximilian war auf die Knie gesunken und hielt sich nur an seinem Schwert noch aufrecht. Cavor hatte sich dem Manteceros zugewandt.
    »Die Geschichte ist fast zu Ende«, sagte das Wesen, und ein seltsames Leuchten trat in seine Augen. »Ihre Verwandten jagten sie aus dem Haus, fortan erbettelte sie sich ihr Essen auf den Straßen und schlief in den Hauseingängen, wenn man es ihr erlaubte. Sie wurde von all jenen gequält, die sich an den Schwachen und Hilflosen schadlos halten, aber sie nahm es hin, denn sie wußte, daß das Ende nahe war. Der Winter stand bevor, und wer obdachlos und ohne Freunde ist, der hat von ihm keine Gnade zu erwarten.«
    Der Manteceros richtete sich zu voller Größe auf. »Also legte sie sich mit ihren Lumpen in einen Winkel und suchte nach einem Ausweg aus ihrer Not. Es gab nur einen einzigen Ausweg, und ich frage euch jetzt« – seine Stimme dröhnte gebieterisch durch den Stollen –, »wie lautete er? Was konnte sie noch tun in ihrem Leid?«
    Cavor vermochte sich kaum noch auf den Beinen zu halten.
    »Die Antwort ist der Tod«, flüsterte er. »Welch anderen Ausweg gäbe es sonst aus diesem Elend?«
    Der Manteceros sah ihn durchdringend an. »Du irrst dich, Cavor. Die Antwort ist falsch.« Seine Stimme war von richterlicher Strenge. Er faßte den zweiten Gegner ins Auge.
    »Maximilian?«
    Maximilian hob langsam den Kopf, und als Ravenna den Schmerz in seinen Augen sah, hätte sie fast aufgeschrien. Sah er sein eigenes Leben gespiegelt im jammervollen Dasein dieser armen, zu ewigem Unglück verfluchten Frau?
    Doch dann, es war unglaublich, ließ Maximilian sein wundersames Lächeln erstrahlen, und der Schein der Hoffnung erhellte seine Züge. »Sie lachte«, sagte er, und dann lachte er selbst, ein herzliches, wohlklingendes Lachen, das durch den Stollen schallte. »Sie lachte. Es war das einzige, was ihr noch übrigblieb.«
    »Richtig!« sagte der Manteceros, und Ravenna spürte, wie seine Haut unter ihren Fingern zuckte. Sie runzelte die Stirn.
    Er fühlte sich heiß an, fast so, als hätte er selbst Fieber.
    »Genau!«
    Er wandte sich wieder an Cavor. »Deine Antwort war falsch, Cavor, denn du hast zugegeben, keine Hoffnung mehr zu haben. Das täte ein wahrer König niemals. Du bist ein Mann ohne Hoffnung, und deshalb stoße ich dich hiermit von Escators Thron.«
    »Nein!« schrie Cavor und hob das Schwert hoch über den Kopf, um den knienden Maximilian mit einem gewaltigen Strich zu fällen.

    Doch sein Zorn schlug jäh um in Verwirrung. Jemand hielt die Waffe mit starker Hand fest.
    Die Klinge war über ihn in das Glomm gefahren und hing nun im Hangenden fest. Cavor zerrte mit aller Kraft daran, seine Muskeln schwollen an, aber sie bewegte sich nicht von der Stelle.
    Alle starrten ihn an, doch gerade als Egalion vortreten wollte, um ihn vollends zu entwaffnen, stieß der Manteceros einen lauten Schrei aus.
    Ravenna wurde wie von einer mächtigen Welle aus Kraft und Hitze an die Stollenwand geschleudert und schrie ebenfalls auf. Maximilian kroch auf Händen und Knien zu ihr und zerrte sie zurück vor der flimmernden Lichtkugel, die den Manteceros umgab.
    Auch Garth hatte schon zum Sprung angesetzt, doch ehe er Maximilian und Ravenna erreichen konnte, trat aus dem blauen Schein ein hochgewachsener, gutgebauter Mann mit kobaltblauem Haar und feurigen blauen Augen. Er wirkte fast durchsichtig, und seine edlen Züge waren von großer Schönheit.
    Er sah Maximilian lange an und sagte leise, aber mit einer Eindringlichkeit, der niemand sich entziehen konnte:
    »Wer fordert den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher