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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen
Autoren: Sam Bowring
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widerstandslosen Fingern des Heilers und hob es an die Lippen. Oh, er hatte Durst, und während er den Trunk gierig schluckte, war er erstaunt darüber, wie süß er war. Er kribbelte in seinem Mund und tanzte seine Kehle hinunter, so köstlich, dass es ihn für einen Moment alles andere vergessen ließ. Dann senkte er langsam den Kelch.
    »Was war das?«, fragte er.
    »Ähm …«
    »Was für eine Art von Stärkungsmittel? Antworte mir, Mann!«
    »Nur Lilienwasser, Herr … obwohl auf Anordnung Loppolos etwas Lockenzahn hinzugefügt wurde.«
    »Lockenzahn!« Braston schmatzte. »Nun, das erklärt es. Eine seltsame Geste, aber vielleicht sucht er Frieden mit mir – ich werde mich dafür bedanken, wenn ich ihn sehe.«
    Ein Schmerz engte ihm die Brust ein.
    »Was …«, keuchte er und hielt sich die Brust, kam aber nicht weiter.
    Der Schmerz breitete sich aus, fuhr ihm ins Mark, grub sich ihm ins Herz. Er schrie auf und erkannte kaum seine eigene Stimme. So klinge ich gar nicht, dachte er vage und voller Furcht und Grauen. Er hatte seine Schmerzen immer gut verborgen, hatte die Zähne zusammengebissen, hatte weitergemacht.
    Er ging in die Knie, fiel auf den Rücken, sodass er die Tür jetzt über Kopf sah. Die Wachen fielen, aus ihren Kehlen spritzte Blut … und hinter ihnen trat Despirrow ein und schlug die Tür hinter sich zu. Der Heiler, ebenfalls gefangen, wich in eine Ecke zurück.
    »Nun«, sagte Despirrow mit einem boshaften Grinsen, »wie fühlt sich das Gift an, Braston?«
    »Du …«
    Selbst wenn er sie hätte hervorstoßen können, gab es keine Worte, um das Ausmaß seines Hasses zu übermitteln. Die Hitze dieses Hasses vermischte sich mit der Hitze, die ihn durchlief, und er versuchte, sich zu erheben, versuchte, das tiefe Brennen in seinem Inneren zu ignorieren.
    Despirrow gackerte und trat ihm mit dem Stiefel in die Seite.
    »Ich wünschte mir von ganzem Herzen«, erklärte er, »dass ich hier stehen und mich am Glück dieser Umstände weiden könnte. Bedauerlicherweise«, er hob das Schwert, das er einer der Wachen abgenommen hatte, »sind deine Freunde zweifellos auf dem Weg hierher, um dich zu retten.«
    Das Licht des Mahlstroms draußen blitzte über die Klinge, als sie herabsauste. Braston versuchte, eine Hand zu heben, aber seine Stärke entsprach nicht länger seinem Willen.
    Auf dem Dach beobachteten Rostigan und Yalenna die Risse, die über der Welt aufbrachen, während der Tag um Oberherrschaft über die Nacht kämpfte.
    »Das«, flüsterte Yalenna, »ist wirklich ungeheuer übel.«
    »Es wird sich legen«, erwiderte Rostigan und versuchte, sicher zu klingen.
    »Braston!«, rief Yalenna aus.
    Sie drehten sich um und rannten zu der Treppe, die vom Dach hinunterführte. In den Fluren unten wurden Türen geöffnet, verunsicherte Bewohner erschienen in ihrem Bettzeug.
    »Habt ihr den Himmel gesehen?«
    »Das Ende ist gekommen!«
    »Die Große Magie ist gebrochen!«
    »Priesterin! Sag uns, was geschehen ist!«
    »Nicht jetzt!«, rief Yalenna und drängte sich durch.
    Vor Brastons Tür fanden sie die Leichen seiner ermordeten Wachen.
    Despirrow trieb Braston das blutverschmierte Schwert durch die Brust.
    »Sieh mich nicht so an«, sagte er zu dem abgetrennten Kopf des Mannes. »Ich versuche, dir einen Gefallen zu tun – dein Herz daran zu hindern, weiter Gift durch deine Adern zu pumpen.«
    Er versetzte dem Kopf einen Tritt, sodass er ihn nicht länger ansah.
    Ungeduldig wartete er auf ein Zeichen dafür, dass sich die Enthauptung, das Erstechen und das Gift als ausreichend erwiesen hatten. Braston war ein halsstarriger Bastard …
    Da! Brastons Struktur begann sich aufzulösen, seine Fäden erhoben sich, um in der Luft zu verblassen – bis auf ein zuckendes Bündel, das über ihm schwebte, als könne es sich nicht entschließen.
    »Hier bin ich«, erklärte Despirrow und streckte in einer Geste des Umarmens die Hände aus.
    Das Bündel flog auf ihn zu, zielte auf seinen Arm. Es rollte sich wie Rauch um das Glied, und Despirrow spürte, wie die fremden Fäden sich plötzlich eingruben und seine Struktur aufbrachen, während sie sich einen Platz suchten. Für einen Moment fühlte es sich unangenehm und sehr falsch an. Seine Sicht flackerte … und dann floss neue Stärke durch seine Adern.
    Lachend streckte er die Hand aus, um den sich windenden Heiler am Hals zu packen und ihn auf die Füße zu zerren.
    »Das ist wunderbar! Du hast deine Sache gut gemacht, den König zu vergiften!«
    »Ich … ich
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