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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen
Autoren: Sam Bowring
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Gefängnis nach Gefängnis nach Gefängnis?
    Er schüttelte den Kopf. Er würde sich diesmal nicht ergeben. Despirrow würde ihn irgendwann freilassen müssen. In der Zwischenzeit wusste er, was er zu tun hatte.
    Wenn er etwas wusste, dann das.
    Fünfundzwanzig Stühle …
    Forger langweilte sich. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich noch länger dafür zu tadeln, dass er Despirrow erlaubt hatte, sich auf seine lächerliche Mission zu begeben. Was war schon dabei, wenn Yalenna Brastons Macht erbte? Sie stand hoch oben auf der Liste der Personen, die Forger ohnehin töten wollte.
    Er saß auf einer Schaukel in irgendjemandes Garten und beobachtete eine Mutter und einen Vater, die mit ihrer kleinen Tochter spielten. Liebe zeichnete sich deutlich auf ihren Gesichtern ab, das Mädchen gefangen in einer Umarmung zwischen beiden Eltern, die sie gemeinsam hochwarfen. Sie lachte, und ihre kleinen Hände griffen gen Himmel.
    Ah, wie leicht es wäre, sie alle zum Weinen zu bringen.
    »Wenn ich könnte«, murmelte er.
    Er war wieder kleiner geworden, was zusätzlich zu seiner üblen Stimmung beitrug. Er konnte den Erstarrten keinen Schmerz zufügen. Daher hatte seine Kraft nachgelassen.
    Nichts, was er nicht schnell korrigieren konnte, wenn die Zeit erst weiterging.
    Während er Tagträumen über Dinge nachhing, die er der kleinen Familie antun konnte – einfallsreicher, als einfach nur einen von ihnen zu töten, obwohl das immer effektiv war –, dachte er, er habe etwas gehört. Er legte den Kopf schräg, argwöhnisch, dass sein Verstand ihm vielleicht Streiche spielte – aber da war es wieder! Irgendwo in Tallaho rief jemand.
    Aufgeregt ließ er sich von der Schaukel auf den kleinen Gartenpfad gleiten. Darauf bedacht, das Gras zu meiden, ging er zum Tor und kletterte hinüber. Auf der Straße war alles still in dem seltsamen Licht des verblassten Mondes und der leuchtenden Risse im Himmel. Er lauschte, versuchte, die Stimme auszumachen und aus welcher Richtung sie kam.
    »Hallo?«, rief er. »Wer ist da?«
    Er begann zu laufen, und seine Schritte hatten kein Echo. Zur Burg hinauf, das war die Stelle, wo die Stimme erklang!
    »Hallo!«, brüllte er. »Hallo, hallo, hallo!«
    »Ist das Forger?«
    Diesmal hörte er die Worte, erkannte die Stimme. So schnell er konnte, sprang er durch die in Terrassen angelegte Stadt bis zum Burgfelsen und zur Burg hinauf. Dort, auf dem Vorplatz, wartete Salarkis.
    »Der Großen Magie sei Dank!«, sagte Forger und blieb vor dem gepanzerten Wächter stehen. Er klopfte sich auf die Brust, als müsse er erst zu Atem kommen. »Ich dachte schon, ich wäre für alle Ewigkeit allein.«
    »Hallo Forger.«
    »Wie bist du hierhergekommen?«
    »Ich befand mich etwas weiter im Westen, als dies«, er wedelte mit der Hand, »geschah. Musste mir durch Grasland einen Weg zur nächsten Straße bahnen.«
    »Ach herrje.« Forger wirkte aufrichtig besorgt. »Das muss schmerzhaft gewesen sein.«
    »Ich habe einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn. Ich konnte mich größtenteils auf den flachen Grashalmen halten.«
    »Nun, ich bin sehr froh, dich zu sehen.«
    »Ganz meinerseits. Vorausgesetzt natürlich, du kannst mir erklären, was bei Blut und Pisse eigentlich los ist.«
    Forger blinzelte, verblüfft über Salarkis’ Zorn. Er wusste noch immer nicht, wessen Seite der Wächter zuneigte, aber er hoffte auf das Beste.
    Du darfst nicht zu vorschnell sein, beschloss er. Du wirst noch zum Opfer deiner eigenen Gutmütigkeit werden.
    Es war sogar möglich, dass Salarkis, sobald die Zeit wieder einsetzte, davoneilen und versuchen würde, Despirrow aufzuhalten, vielleicht sogar Braston zu retten … das hieß, wenn er herausfand, was genau der Plan war.
    »Despirrow hat etwas zu erledigen«, sagte Forger vage. »Ich bin mir nicht sicher, was.«
    »Woher weißt du dann, dass er etwas zu erledigen hat?«
    »Ist das nicht offensichtlich? Schau dich doch um.«
    »Also, du hast ihn nicht gesehen?«
    »Niemand hat mich besucht.« Forger setzte eine bekümmerte Miene auf. »Weder du noch er noch Karrak noch die Diebin.«
    »Die Diebin ist tot«, entgegnete Salarkis entschieden.
    »Ich habe die Gerüchte gehört und befürchtet, sie könnten wahr sein.« Er seufzte. »Komm, wir haben viel zu besprechen und nichts als Zeit, es zu tun. Lass uns«, er deutete auf die Burg, die über ihm aufragte, »mein bescheidenes Heim betreten.«
    Despirrow schaute unbehaglich zum Himmel auf. Er wusste, dass er nicht ewig so weitermachen
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