Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen
Autoren: Sam Bowring
Vom Netzwerk:
habe nicht …«
    »Komm schon, du brauchst mich nicht zu belügen! Ich bin froh, dass du es getan hast – wirke ich nicht froh? Lang lebe Loppolo!«
    Er spürte, dass jemand versuchte, den Zauber aufzuheben, mit dem er die Tür belegt hatte – ganz wie in alten Zeiten. Er stieß den Heiler zur Seite und schaute sich um. Es gefiel ihm nicht wirklich, es mit Rostigan, Yalenna und wem auch immer aufzunehmen, vor allem nicht, solange er in diesem engen Raum gefangen war.
    Er ging zum Fenster und streckte den Kopf hinaus. Nur wenige Splitter der Nacht waren noch verblieben, der Tag war nah daran zu gewinnen. Der Boden war einige Hundert Schritte unter ihm, aber da waren andere Fenster, die näher waren. Als er hinauskletterte, beschwor er die Laken von Brastons Bett und verlängerte sie, um ein Stoffseil zu formen. Dann befahl er einem Ende, sich um den Bettrahmen zu knoten, bevor er sich zu einem Fenster darunter hinabließ. Sobald er dort war, riss er das Glas und den Rahmen mit einer einzigen Handbewegung heraus und schwang sich in den unteren Raum.
    Er fand sich im Quartier eines Edelmanns wieder, verlassen und mit weit offener Tür. Er verschwendete keine Zeit und lief hinaus in Flure, die voller verängstigter, durcheinanderredender Menschen waren.
    Es würde nicht schwer sein, stellte er sich vor, in dem Aufruhr zu verschwinden.
    Salarkis legte die Hände auf das Geländer eines der hohen Balkone der Festung und beobachtete das Schauspiel am Himmel.
    »Despirrow hat uns alle in Gefahr gebracht«, stellte er fest.
    »Wir waren bereits in Gefahr«, erwiderte Forger.
    »Nun, dann hat er es eben schlimmer gemacht. Ich werde ihn sofort finden.«
    »Ich will nicht, dass du seine Mission störst.«
    »Ah. Also weißt du doch, was er tut!«
    »Ich gebe es zu, ja.«
    »Warum hast du es mir nicht erzählt?«
    Forger seufzte. »Komm schon, Salarkis. Es gibt da etwas, das ich dir zeigen will.«
    Er trat durch einen Bogengang und streckte ihm eine Hand entgegen. »Komm!«
    Salarkis zauderte für einen Moment, aber dann sagte er: »Also schön«, und ließ sich hindurchführen.
    Etwas Schweres krachte auf seinen Hinterkopf. Er wurde nach vorn geworfen, spürte die Prellung unter seinen Schuppen am Kopf, vor seinen Augen blitzten Lichter auf. Als er fiel, drehte er sich um, versuchte, seinen Schwanz zu benutzen, um sich aufzufangen, aber er schlidderte über den Boden und landete ohne viel Federlesens auf dem Hintern. Er blinzelte hektisch und versuchte, wieder klar zu sehen.
    Forger stand über ihm, ein abgebrochenes Stück Stein – ein Teil des Balkongeländers? – in Händen.
    »Ah«, sagte er nachdenklich.
    »Was heißt das, ›Ah‹?«, knurrte Salarkis. »Also sind wir doch Feinde? Ist es das, was du mir zeigen wolltest?«
    »Mehr oder weniger«, entgegnete Forger. »Viele denken, ich würde nichts mitbekommen, aber ich bin nicht dumm, weißt du. Noch bevor wir starben, haben wir uns voneinander entfremdet. Und ich habe diese Geschichte gehört – hast du das nicht vorhergesehen –, über dich und Yalenna. Darüber, wie sie dich gesegnet hat, bevor sie dich tötete. Bist du immer noch gesegnet, Salarkis?«
    »So könnte man es nennen.«
    »Außerdem«, fuhr Forger fort, »hast du solch wunderbare Gaben. Ich gestehe, ich bin ein wenig neidisch geworden, wollte sie für mich selbst.«
    »Was?«
    »Vergiss es.«
    »Du weißt doch, was jetzt geschieht, oder? Ich werde verschwinden.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wie konntest du auch nur denken, es hätte irgendeinen Sinn, mich so zu schlagen?«
    »Nun, ich habe keine Ahnung!«, sagte Forger entnervt. »Ich dachte nur, vielleicht, wenn ich dich für einen Moment bewusstlos schlagen könnte, wärest du nicht zum Fadengang imstande, und ich könnte dir in der Zwischenzeit den Garaus machen.«
    »Nun, es hat nicht funktioniert.«
    »Das weiß ich.« Forger verdrehte die Augen. »Ich kann es sehen, herzlichen Dank. Andererseits …«
    »Was?«
    Salarkis wartete, es juckte ihn in den Fingern zu verschwinden, aber er wollte auch das Letzte hören, was Forger zu sagen hatte.
    »WAS?«, schrie er.
    »Schon gut, schon gut. Nun, ich wollte nur sagen … diese wichtige Sache, bevor wir uns voneinander trennen …« Forger lächelte. »… mit dieser wichtigen Sache habe ich Despirrow zumindest etwas Zeit verschafft.«
    Salarkis runzelte finster die Stirn, während sich seine Gestalt auflöste.
    Yalenna stürmte in den Raum und wäre beinahe zurückgeprallt. Sie schwankte und schaffte es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher