Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
Lagerschuppen eingesperrt. Auch sie waren nur leicht verletzt, den beiden brummten allerdings ordentlich der Schädel. Sie befahl Ivar, der sie bewachte, die Gefangenen nicht aus den Augen zu lassen. Vielleicht würde einer von ihnen reden und Ivar sagen, wer ihr Anführer war.
    Gunleik schickte eine Abordnung seiner Leute nach draußen, um die Schar der Feinde zu bewachen, die frierend und stumm in ihre Bärenfelle gehüllt im strömenden Regen unten am Strand standen. Ob sie wußten, daß ihr Anführer gefangen war?
    Es war beinahe Mitternacht. Sie erhob sich und streckte die Glieder. Auf den Bänken entlang der Wände des Langhauses schnarchten die Männer, in Wolldecken oder Bärenfelle gewickelt. Gunleik stand an der Feuerstelle in der Mitte des großen Raumes und starrte in die rötliche Glut des sterbenden Feuers. Sein zerfurchtes Gesicht war streng, seine hellgrauen Augen blickten ruhig und undurchdringlich. Seine nackten Beine waren knorrig und von Narben durchzogen wie alte Baumstämme.
    Leise sprach sie ihn an: »Wann erwartest du meinen Bruder zurück?«
    »Deinen Halbbruder, Mirana. In zwei Tagen.«
    Sie lächelte über die Strenge in Gunleiks Stimme. Dann fuhr sie fort: »Ich dachte gerade an das Vorhaben des Fremden. Eroberung war nicht sein Plan. Er kam mit nur zwei Kriegsschiffen und nicht mehr als dreißig Männern. Er kam nur, um Einar zu töten.«
    »Ja. Ich bewundere seinen Kampfgeist und seine List. Er wußte von dem Einlaß, und er wartete, bis es dunkel wurde und der Sturm einsetzte, um in die Festung einzudringen. Seine Verhöhnungen und Beschimpfungen waren Ablenkungsmanöver. Er kam mit nur zwei Männern. Sie wollten in die Festung eindringen, Einar finden und ihn umbringen. Die anderen Männer sollten ihre Spottreden vom Strand her weiterführen, um unsere Leute abzulenken. Ja, er ist tapfer und hat ein großes Risiko auf sich genommen. Doch sein Plan ist gescheitert, und nun muß er sterben.«
    »Seine Leute stehen immer noch am Strand. Glaubst du, sie wissen, daß er verwundet und gefangen ist? Werden sie ohne ihn fortsegeln? Sie werden wohl kaum versuchen, die Festung zu stürmen.«
    »Wäre ich einer seiner Männer, ich würde auf ihn warten, bis der Teufel der Christen mich holt.«
    »Das würde ich auch«, sagte sie und lächelte traurig in die Glut. »Du weißt, daß wir einen Spion auf Clontarf haben, einen Mann, der diesem Krieger treu ergeben ist.«
    »Ja, ich weiß. Ich finde ihn. Ich muß ihn bald finden, sonst ist Einar nicht sehr beglückt.«
    Einer wird Gunleik bestrafen, dachte sie. Mirana gab ein paar Löffel Haferbrei in eine Holzschale und reichte sie Gunleik. »Du hast nicht gegessen. Hier, nimm etwas Honig und iß. Wir finden den Spion, mach dir keine Sorgen.«
    Sie sah ihm liebevoll zu, diesem Mann, der ihr so nahe stand wie einst ihr Vater, der starb, als sie zwölf war. Damals war sie nach Clontarf in die Obhut ihres Bruders geschickt worden — ihres Halbbruders. Gunleik behandelte sie gut, ohne sie zu verhätscheln, und sie hatte sich ihm angeschlossen. Er hatte sie im Umgang mit Waffen unterwiesen, weil er ihr nichts anderes beizubringen wußte. Und Einar war damit einverstanden. Es gefiel ihm, daß sie nähen, kochen und den Haushalt führen, aber auch kämpfen konnte wie ein Mann. Das war typisch für Einar.
    Der alte Halak stand neben ihr, tätschelte ihren Arm und wünschte ihr gute Nacht. Sie nickte ihm zu, dankte ihm — nicht für etwas Bestimmtes, nur weil er ein guter Mann und ein treuer Diener war. Er hatte eine Schutzumrandung um das Loch im Dach angebracht, damit keine Nässe ins Langhaus drang. Es war warm im Raum, bläulicher Rauch hing in der Luft, der das Atmen schwer machte.
    Sie sah zu, wie Gunleik seinen Haferbrei aß, anfangs langsam, dann mit steigendem Appetit, als er feststellte, wie hungrig er war.
    Es waren erst wenige Stunden vergangen, seit der Krieger mit zwei Schiffen vor Anker gegangen war. Sie hatte in ihm sogleich den Anführer erkannt. Etwa zwanzig Meter unterhalb der Festung Clontarf stand er breitbeinig, den Kopf in den Nacken gelegt und verhöhnte die Bewohner, verspottete Einar als Feigling, sich hinter den Röcken der Hexe zu verstecken. Es war ihre Pflicht zu reden. Als sie zu ihm hinunterrief, Einar sei nicht in der Festung, lachte er hohl und bitter. Einars Männer, die sich im Hof versammelten, wurden unruhig. Sie spürte ihre Spannung. Wieder rief sie nach unten: »Ich bin Mirana, die Schwester von Einar. Er hält sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher