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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Das mache ich jetzt nun ein halbes Jahr, ich habe Zettel verteilt, ich habe Kinderstunden eingeführt, ich habe die Jugendclubs eingeladen, sogar McDollands Idee, die verschiedenen Kirchen zu einer Eisschlemmerstunde mit Bibellesung und Vortrag über die Eiszeit zu veranlassen, ist fehlgeschlagen. Was soll ich noch mehr tun? Dressierte Löwen, die Eiswaffeln beißen? Ein Elefant, der Hörnchen verteilt?«
    »Nicht übel!« warf Allen Brass ein.
    »Mit mir nicht mehr! Onkel Steves Vermächtnis in Ehren, aber ich habe mir mein Leben anders vorgestellt. Ich gebe zu – ich bin kein Virtuose, weder auf der Trompete, noch auf dem Klavier oder der Orgel. Wenn es nur Genies gäbe, wäre der Idiot König! Ich habe mich deshalb nach langer Überlegung entschlossen … aber was soll das, ich lese euch einen Artikel vor, der vor zwei Wochen in den ›Nevada News‹ stand:
    Ungarische Liebe.
    Die aus dem kommunistischen Ungarn geflüchtete und damit ausgebürgerte Tänzerin und Sängerin Zora Varaszyn, 26 Jahre alt, verliebte sich in den 82jährigen amerikanischen Finanzmakler Herald J. Pickett. Vor sieben Wochen heirateten sie in Bonn-Bad Godesberg vor dem konsularischen Notar der US-Botschaft.
    Nach ihren Flitterwochen auf Hawaii traf das junge Paar vor vier Wochen in Miami ein. Dort reichte Mrs. Pickett mit der Begründung, sie wäre gegen ihren Mann allergisch, die Scheidung ein. Jedesmal, wenn Pickett in ihre Nähe komme, bildeten sich auf ihrer Haut rote Pusteln. Alle konsultierten Ärzte hätten zur Scheidung geraten, da sonst dieses Leiden nicht zu behandeln sei.
    Mr. Herald J. Pickett bestritt diese Erklärung. ›Am ersten Tag in unserem Haus in Miami‹, erzählte er, ›sagt Zora zu mir: Ich lasse mich scheiden! Durch die Heirat mit dir bin ich Amerikanerin geworden, mehr wollte ich nicht. Ich danke dir für alles, aber mit dir zu leben, ist unmöglich.‹ Mr. Pickett, der in seinem hohen Alter noch an das große Glück glaubte, ist seelisch gebrochen und in ärztlicher Behandlung. Mrs. Zora aber hat schon ein Angebot der Fernsehgesellschaft ABC. Ihren amerikanischen Paß kann ihr niemand mehr nehmen.«
    »Ein schönes Aas!« sagte Allen Brass laut. »Hätte Pickett sie abgeknallt, würde ich auf mildernde Umstände plädieren.«
    »Liebe ist ein Geschenk Gottes!« verkündete Pfarrer McDolland. Er stierte dabei Jenny nach, die mit schwingenden Hüften Bier ausschenkte. »Diese Zora wird nicht glücklich werden!«
    »Begreift ihr nicht, was dieser Artikel bedeutet?« fragte Bob. Er klopfte auf die Zeitung und blickte jeden Teilnehmer der Runde an, einen nach dem anderen. Er sah nur fragende Gesichter. »Onkel Steve hat von mir behauptet, ich hätte eine sprühende Phantasie. Nun beweise ich es – und keinem von euch fällt das auf.«
    »Was?« fragte Richter de Trajano.
    »Diese Idee kann man kommerzialisieren und verfeinern. Daraus kann ein blühendes Geschäft werden. Viele Ausländerinnen, Deutsche zum Beispiel, möchten in die USA, um hier voll ins Geschäft einzusteigen. Aber sie können das nur, wenn sie Amerikanerinnen sind. Also werden sie bestimmt nicht schlecht zahlen, wenn sich ein Amerikaner findet, der sie drüben heiratet und sich hier wieder scheiden läßt! Völlig unverbindlich, ohne Herz, ohne Bett, ohne eheliche Pflichten – ein reines Geschäft! Trauung, Dollars auf ein Schweizer Konto steuerfrei, Flug nach Las Vegas, Scheidung, Händedruck. Kehrt marsch zurück nach Deutschland. Die nächste Lady! Ein faires Unternehmen, und vor allem völlig legal! Das beruhigt mich am meisten.«
    »Warum Las Vegas?« fragte McDolland schwerfällig.
    »Er will den Schlepper machen!« rief Jenny dazwischen. »Seit Tagen redet er davon. Mir juckt schon die Haut! Der schöne Bob will Amerikanerinnen produzieren.«
    »Du bist verrückt!« sagte Allen Brass. »Heiraten kann keiner verbieten, aber mit dem Vorsatz, daß dann – nein! Das ist gegen das Gesetz.«
    »Wo steht das?«
    »Nirgends!« Richter de Trajano kühlte seine Kehle mit einem Schluck Bier. »Man kann dir das aber als Heiratsschwindel auslegen, Bob.«
    »Wer redet von Schwindel? Hier werden Verträge gemacht. Vor der Heirat ist alles genau festgelegt. In beiderseitigem Einverständnis wird geheiratet, in beiderseitigem Einverständnis geschieden. Wie soll es da zu Komplikationen kommen?«
    »Zum Beispiel Jenny!« sagte McDolland.
    »Die Ehe wird doch nie vollzogen! Das habe ich ihr versprochen.«
    »Und das glaubt sie?«
    »Nein!« rief Jenny aus der
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