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Der Heiratsspezialist

Der Heiratsspezialist

Titel: Der Heiratsspezialist
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schlechte Kopie von Gary Cooper?«
    »Er ist Jennys Vetter.«
    »Ob das unbedingt eine Empfehlung ist? Was soll er hier?«
    »Auf Jenny aufpassen!« Bob lächelte die beiden an. »In Las Vegas laufen so viele tolle Hunde herum.«
    Je mehr sich Bob in seinem Flugzeugsessel mit Jenny beschäftigte, um so unruhiger wurde er. Harry hatte sich – wenn man das jetzt im nachhinein betrachtete – sehr merkwürdig benommen. Er hatte Jenny abgeküßt, ihr auf den runden Hintern geklopft, mit seiner rechten Pranke ihre Brust umfaßt und, als sie aufkreischte, wohlgefällig Hoho gerufen. Bob konnte sich nicht erinnern, von solchen Sitten unter Vettern und Cousinen jemals etwas gehört zu haben, aber Jenny beteuerte noch beim Abschied auf dem Flugplatz, Harry sei eben ein fröhliches Haus, rauh-herzlich, wie so ein Cowboy nun mal sein müsse. Sheriff Brass aber hatte Bob noch schnell ins Ohr geflüstert: »Wir werden auf ihn aufpassen! Nur Ruhe bewahren, mein Junge!«
    Bobs Zweifel bekamen Zähne und nagten an seiner Seele. Mit ihm war etwas geschehen, was er nie für möglich gehalten hätte: Er hatte akzeptiert, daß Jenny zu seinem Leben gehörte! Man sage jetzt nicht: Kunststück! Bei der Figur, bei diesem Temperament! Bei dieser Treue zum Geschäft! Jenny war umwerfend – warum sollte ausgerechnet Bob nicht stürzen? – Nein, das allein war es nicht; Las Vegas wimmelte von Frauen, die im wahrsten Sinne des Wortes Jennys Typ verkörperten. Man brauchte nur in eine Spielhalle zu gehen, und schon war man umringt von einem ganzen Puppentheater. Wenn Bob sich an Jenny gewöhnt hatte, so waren dafür andere Gründe maßgebend.
    Zunächst hatte er sich dagegen gewehrt, auch diesen Teil Onkel Steves Erbe anzunehmen. Im Erbschein war zwar von ›Liegenschaften‹ die Rede, aber so wörtlich wollte das Bob nicht auffassen. Dann kam die erste Nacht mit Jenny, diese fatale Überrumpelung mit warmer Zärtlichkeit und samtener Haut und der nächste Morgen mit Gewissensbissen, einer trällernden Jenny und der ihm fremden Erkenntnis, daß eine Frau von Jennys Kaliber noch dem tristesten Leben einen Schimmer Sternenglanz verleiht.
    Von da an war Bob zufrieden. Nur die Tageskasse des Ice-Saloons stimmte nicht. Jenny verkaufte wieder illegal in den Spielhallen Eis aus dem Bauchladen, und wenn Bob jetzt nach Deutschland flog, um das Heiraten zu einem Beruf aufzubauen, so änderte das nichts daran, daß er Harry Sandler, dem Cowboy und Vetter, nicht eine Sekunde lang traute.
    Irgendwann schlief er ein, vielleicht mitgerissen von den Schnarchtönen seines dicken Hintermannes aus New Jersey. Er wachte auf, als die Durchsage erfolgte, man solle sich anschnallen und die Rückenlehnen senkrecht stellen.
    Landeanflug auf Frankfurt.
    Bob blickte aus dem Fenster. Es regnete. Die Stadt unter ihm glitzerte in der Nässe. Sie überquerten eine Autobahn und donnerten auf die Landebahn zu.
    Zum erstenmal betrat Bob Brook ein fremdes Land, und dazu ausgerechnet Deutschland. Was er als junger Amerikaner von den Germans gehört und gelesen hatte, sei es in den Comic-Serien oder im Fernsehen, war wenig erhebend. Danach waren alle Deutsche permanente Spitzbuben, verkappte Nazis, waffenrasselnde Militärs, alle Offiziere und reichen Leute trugen Monokel, sprachen mit knarrender Stimme und hatten ihre helle Freude daran, andere Menschen zu quälen. Ihre Hauptnahrung waren Eisbein mit Sauerkraut, dazu tranken sie aus riesigen Steinkrügen Bier, setzten grüne, spitzzulaufende Hüte mit Tierhaarbüscheln auf, sangen laut, schlugen sich auf halblange Lederhosen und stießen dabei Laute aus, die nach einer defekten Sirene klangen. Vor allem aber verherrlichten sie das Töten und sangen sadistische Lieder wie ›Es zittern die morschen Knochen …‹ Es war für Bob als Musiker unfaßbar, daß ein solches Volk einen Bach oder Beethoven, einen Schubert oder Schumann, einen Händel oder Strauß hervorgebracht hatte.
    Er irrte, wie alle Flugreisenden in Frankfurt, durch das riesige, unübersichtliche, verbaute, verschachtelte Flughafengebäude, rannte lange Gänge entlang, fuhr auf endlosen Transportbändern, kletterte Treppen hinauf und Treppen hinunter und erreichte endlich den Ausgang zur Zentralhalle.
    In einem Restaurant fand er einen Platz an einem Tisch, an dem ein Mann in einem Jeansanzug saß und Zeitung las. Bob fand den Jeansanzug sehr sympathisch und ein wenig heimatlich. Er setzte sich an den Tisch und bestellte eine Tasse Tee und ein Glas Whisky. Der Mann
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